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Nebeltod auf Norderney

Nebeltod auf Norderney

Titel: Nebeltod auf Norderney
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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half kein Schreien. Haake Gerdsen schrieb einen Abschiedsbrief an seine Eltern. Er deponierte ihn in eine Zigarrenkiste, einem Weihnachtsgeschenk für seinen Vater, und sah seinem Tod entgegen.«
    Okka Klien überreichte den Brief des Haake Gerdsen an JohannHeynen. Sie hatte ihn von ihrer Großmutter erhalten und wusste, dass Johann Heynen sich darüber freuen würde. Und so war es. Er hatte schon so manches Kleinod auf der Insel für sein Museum gesammelt.
    »Eine zu Herzen gehende Geschichte«, sagte Johann Heynen anschließend und steckte den Brief in die Schutzhülle.
    »Oma hat recht. Die Geschichte sollten wir vielen Menschen zugänglich machen«, meinte Okka Klien.
    Die beiden entdeckten an diesem Nachmittag noch viele Gemeinsamkeiten. Überwältigt von ihren Gefühlen küssten sie sich im Dünengelände am Inselzipfel gegenüber von Langeoog und wussten, dass sie füreinander bestimmt waren.
    Okka Klien zeigte Johann Heynen auf dem Rückweg das Grab von Haake Gerdsen auf dem Friedhof, der sich auf der Wattseite der Insel befand.
    Sie nahmen sich an die Hand und schauten sich in die Augen. Sie wussten, dass sie sich liebten. Sie küssten sich und hielten sich lange umschlungen, bevor sie aufgeräumt und glücklich den Rundweg fortsetzten.
     
    Das Weihnachtsfest verbrachte Okka Klien zu Hause. Sie half ihren Eltern bei der Bedienung der Cafégäste. Nebenbei fand sie Zeit, sich mit Johann Heynen zu treffen.
    Bereits zu Neujahr luden die Eltern von Okka Johann Heynen zum Essen ein. Der Lehrer galt als eine gute Partie. Doch auch Okka war für Baltrumer Verhältnisse sehr wohlhabend.
    Okka und Johann bildeten ein schönes Paar. Anfangs trafen sie sich nur an den Wochenenden, doch im Herbst des folgenden Jahres beendete Okka Klien ihre Tätigkeit in Esens und half ihren Eltern bei der Führung des Cafés. Sie hatte ihre Rückkehr schon länger geplant, da ihr Vater kränkelte.
    Bereits im Winter kauften sich die alten Leute eine Eigentumswohnung in Bad Zwischenahn und zogen nach der Saison in die Nähe des Kurparks. Okka Klien übernahm das Café Nordseeblick in eigener Regie, man muss sagen, mit überwältigendem Erfolg.
    Johann Heynen und Okka Klien heirateten standesamtlich und kirchlich in der kleinen, mit Reet gedeckten Inselkirche. Es war eine prachtvolle Hochzeit, die unter einem guten Stern stand. Das Café Nordseeblick stellte für die Eheleute nicht nur eine Goldgrube dar, sondern es erfüllte auch beide mit Stolz und Zufriedenheit. Johann Heynen ging völlig auf in seinem Lehrerberuf und hielt sich strikt aus dem Cafégeschäft raus. Seine exakten Wetterberichte und naturkundlichen Beobachtungen sind heute noch eine Fundgrube für Heimatforscher.
    Im Frühjahr nach ihrer Hochzeit brachte Okka Heynen ein Mädchen zur Welt und erfüllte sich und ihrem Mann den lang gehegten Wunsch nach einem Kind. Sie hatten bis zuletzt um das Leben der kleinen Heide gebangt, die per Kaiserschnitt zur Welt kam.
    Die kleine Heide war bereits als Baby schön und entwickelte sich hervorragend. Sie war lebhaft und ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Leider wuchs sie ohne Geschwister auf. Bei so viel Glück nahmen die Eheleute es schicksalhaft hin, dass Okka keine weiteren Kinder zur Welt brachte.
    Johann Heynen liebte seine Tochter über alles, war aber dennoch streng und konsequent. Er verwöhnte seine Tochter in keiner Weise. Eine Nachbarin ging Okka zur Hand, nahm ihr viel Arbeit ab, die Okka besonders während der Saison Zeit ließ, sich um das Café zu kümmern.
    Mit zwei Jahren besuchte Heide den Inselkindergarten und wurde in einer Zeit groß, die vom Wirtschaftswachstum geprägt war. Die Politiker diskutierten bei steigenden Einkommen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer, und Vertreter der Großindustrie warben in der Türkei Mitarbeiter an. Es muss nicht erwähnt werden, dass auch die ostfriesischen Inseln am Wohlstand partizipierten.
    Johann Heynen war nicht nur ein vorbildlicher Ehemann, sondern auch ein guter Vater, der sich auch um die schulischen Belange seiner Tochter kümmerte. Nennenswerte Schwierigkeiten traten nicht auf. Abgesehen von dem Personal, das auch bei steigenden Lohnkosten auf den Inseln knapp wurde. Doch auch mit diesem Problem kamen sie zu Rande, da es genügend freundliche jungeFrauen aus der Türkei gab, die während der Saison die deutsche Sprache lernten.
    Heide Heynen war eine gute Schülerin. Sie besaß eine schnelle Auffassungsgabe, war sowohl in Sprachen als auch in
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