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Nebeltod auf Norderney

Nebeltod auf Norderney

Titel: Nebeltod auf Norderney
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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ihn und war seine Therapeutin. Zu der Zeit verstarb in Spanien Herr Jesko Calvis bei einem Autounfall. Frau Heide Calvis lernte in Spanien einen Witwer kennen, der einen Sohn großzog. Er besuchte Frau Calvis auf der Insel. Es handelte sich um Albert Spatfeld. Dabei passierte Folgendes: Der alte Lehrer Heynen war gelähmt. Ihm fehlte allerdings nichts von seiner Geisteskraft. Er war gegen eine Verbindung seiner Tochter mit dem Mann. Ich schob ihn damals im Rollstuhl über die Uferpromenade. Es war Flut und stürmisches Wetter. Da mich eine Notdurft gequält hatte, stellte ich den Rollstuhl sicher ab, zog die Bremsen an und suchte die etwa hundert Meter entfernt liegende Wohnung einer Freundin auf. Als ich zurückkam, war Herr Heynen mit dem Rollstuhl in die Nordsee gestürzt. Herr Albert Spatfeld hatte angeblich versucht, ihn zu retten. Ich bin mir sicher, er hat die Bremsen des Rollstuhls gelöst und den alten Herrn ertränkt, weil er ihm im Wege war. Hinzufügen muss ich noch, dass Heide Calvis sehr reich war. Ich habe geschwiegen, weil ich Angst hatte und keine Untersuchung wünschte. Bei einer Paketsendung von zu Hause stieß ich auf alte Zeitungen. Ich las, dass meine Arbeitgeberin von ihrem Mann erdrosselt wurde. Er ist auch der Mörder ihres Vaters! Nie und nimmer hätte ich vergessen, die Bremsen am Rollstuhl anzuziehen! Das ist die Wahrheit!
    Fenna Beninga.«
    Meyers sah auf.
    »Donnerwetter, starker Tobak«, meinte er, erhob sich, reichte Ailts den Brief und trat ans Fenster.
    Es war kalt draußen. Die Leute betraten dicht vermummt den gegenüberliegenden Supermarkt. Es schneite leicht und der Wind trieb die tanzenden Flocken gegen die Scheibe.
    Meyers drehte sich um und betrachtete seinen Kollegen, der seine Lippen kraus zog.
    »Nigeria und Lagos, wo liegt das überhaupt? Ist das Westafrika?«, fragte Ailts.
    »Ja, ein riesiges Land am Golf von Guinea mit Lagos als Hauptstadt«, sagte Meyers. »Diese Frau Beninga besinnt sich ziemlich spät und macht rückwirkend eine Anzeige, die uns zwingt zu handeln.«
    »Zieh von dem Brief eine Kopie und faxe ihn an den Staatsanwalt«, ordnete Ailts an und reichte ihm den Brief zurück.
    Meyers verließ das Dienstzimmer und suchte das Postzimmer auf. Er trat an den Kopierer und machte eine Kopie. Danach bediente er das Faxgerät. Als er zurückkam, telefonierte Ailts schon mit dem Staatsanwalt. Meyers vernahm, wie er sagte: »Wir überprüfen die Personalien und melden uns wieder.«
    Ailts legte den Hörer auf die Gabel. »Fürs Erste müssen wir sichergehen, dass wir keinem Schabernack zum Opfer fallen. Ich frage auf Baltrum an, ob der alte Herr dort beerdigt wurde. Prüf bitte nach, ob Fenna Beninga in Rechtsupweg polizeilich gemeldet ist und ihren jetzigen Wohnort in Lagos hat.«
    Und schon waren sie wieder verstrickt in den Fall Heide Spatfeld, der erneut eine Menge Fragen aufwarf.
    Das Friedhofsamt von Baltrum bestätigte die Angaben der Frau Beninga. Herr Heynen, der Vater der Lehrerin, war damals unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt worden. Sein Schicksal hatte die Insulaner gerührt. Fenna Beninga hatte in der Tat auf Baltrum gewohnt und den alten Herrn betreut. Das Einwohnermeldeamt von Marienhafe bestätigte ihre Meldung im OrtsteilRechtsupweg. Frau Beninga hielt sich in der Tat in Nigeria auf und lebte bei ihrer Tochter.
    »Und nun? Wir haben unsere Schularbeiten gemacht«, sagte Meyers sarkastisch.
    Es war kurz vor 11 Uhr.
    Ailts nickte. »Der Täter sitzt hinter Gittern. Er läuft uns nicht weg«, sagte er. »Mich interessiert es schon, ob Plewnia den Brief zum Anlass nimmt, erneut Spatfeld anzuklagen.« Er griff zum Telefonhörer und wählte die Nummer des Staatsanwalts.
    Die Sekretärin meldete sich.
    »Herr Plewnia ist auf einen Sprung bei einem Kollegen. Er ruft zurück«, sagte sie und legte auf.
    »Ungeheuerlich, wenn man annimmt, dass Fenna Beninga die Wahrheit sagt«, meinte Meyers.
    »Das ist allerdings schwer nachzuweisen«, sagte Ailts.
    Kurz danach klingelte das Telefon. Es war Plewnia.
    »Die Angaben, die Frau Fenna Beninga zu ihrer Person machte, stimmen«, sagte Ailts. Er hörte Plewnia tief durchatmen.
    »Okay, ich habe mir überlegt, die Fähre um zwölf Uhr dreißig zu nehmen«, sagte der Staatsanwalt. »Holen Sie mich bitte am Schiff ab. Aus Kostengründen lasse ich meinen Wagen in Norddeich stehen.«
    »All up Stee«, sagte Ailts und legte auf. »Er macht uns einen Besuch! Das Schiff legt um dreizehn Uhr dreißig an.
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