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Nebel ueber Oxford

Nebel ueber Oxford

Titel: Nebel ueber Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
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Windhauch. Die Demonstranten trugen T-Shirts und hatten ihre Jacken aufgeknöpft. Oben auf dem Dach blies eine leichte Brise Gregs lange, blonde Strähnen über seine Augen und behinderte so seine Sicht.
    »Du denkst wirklich immer nur an Geld«, murrte Conor. »Was gehen uns die verdammten Investoren an?«
    »Sie zahlen unser verdammtes Gehalt«, fuhr Greg ihn an.
    »Nun übertreib mal nicht«, wandte Lucy ein. »Wir sind ein Teil der Universität und damit unabhängig.«
    Greg lachte laut auf. Die Sonne spiegelte sich in seinen schmalen Brillengläsern. »Wer’s glaubt!«, höhnte er.
    »Willst du etwa behaupten, dass Blake uns verkauft hat?«, forschte Conor nach. »Glaubst du, wir sind nur ein Rädchen im Getriebe einer kapitalistischen Verschwörung?«
    »Stoppt die Folter!« Irgendeine akustische Besonderheit führte dazu, dass die Worte plötzlich so deutlich zu hören waren, als stünde der Rufer unmittelbar neben ihnen.
    Es war der Anführer des Zuges, ein schlanker Mann mit hagerem Gesicht. Sam erkannte, dass er den Kopf hob, als wende er sich unmittelbar an das Grüppchen auf dem Dach, obwohl Sam nicht ganz sicher war, ob der Demonstrant sie überhaupt sehen konnte. Rechts und links des eher schmalen Anführers standen zwei Männer, deren Gesichter unter Wollmasken verborgen waren und die wie Preisboxer gebaut waren. Der Wortführer drehte sich zu einem seiner Begleiter um und sagte etwas, ehe er erneut schrie: »Was wollen wir?«
    »Stoppt die Folter!«, johlte die Menge.
    Zumindest sorgt der Lärm dafür, das Gerede von Conor und Greg zu beenden, dachte Sam.
    »Mein Gott, wie langweilig«, nölte Lucy. »Das kennen wir doch alles schon!« Und sie trank den Rest ihres Saftes, als wolle sie beweisen, wie wenig sie sich aus alledem machte.
    »Vielleicht sollten wir zusehen, dass wir allmählich von diesem Dach runterkommen«, schlug Conor vor. Er fühlte sich sichtlich unwohl. »Dieser Pöbel gefällt mir nicht.«
    »Ach was«, wandte Sam ein. »Wir sind hier sicher. Und außerdem ist das da unten kein Pöbel, sondern eine Menschenmenge. Vielleicht hat der Typ etwas Neues zu sagen. Seht mal!«
    Der Anführer hatte jetzt ein Megafon in der Hand und hob es an die Lippen.
    »Jetzt hören wir ihn jedenfalls besser«, meinte Sam.
    »Na toll! Willst du dir diesen Mist tatsächlich anhören? Oder sympathisierst du sogar mit den Kerlen?«, schimpfte Greg.
    »Mörder!«, kam von unten eine verstärkte, blechern klingende Stimme. Kerri fuhr zusammen.
    »Und so etwas unterstützt du?«, fragte Greg mit wütendem Gesicht. Sam stellte fest, dass Greg gern den kleinen Tyrannen gab, wenn er glaubte, dass er damit durchkam. Seine Sympathie für den Kollegen schrumpfte deutlich.
    »Warum sollte Sam nicht auf Seiten der Tiere stehen?«, mischte sich nun auch Lucy ein. Ihr gefiel, dass Sam sich nicht unterkriegen ließ. »Wir alle lieben doch Tiere, oder etwa nicht?«
    »Klar doch«, trumpfte Sam auf. Greg runzelte die Stirn. »Wir haben alle Biologie und Umwelttechnik studiert, weil wir uns für die Natur und ihre Abläufe interessieren. Es ist völlig logisch, dass uns die Tierwelt am Herzen liegt. Außerdem würde ich gern die Argumente des Typen da unten hören, ehe ich ihn in Grund und Boden verdamme.«
    »Genau«, pflichtete Kerri ihm bei. Sie wurde ein wenig mutiger. »In gewisser Weise haben sie sicher auch recht. Denk doch nur mal an die Art und Weise, wie man auf manchen Bauernhöfen mit den Tieren umgeht.«
    »Was hat denn das damit zu tun?«, knurrte Greg. »Schließlich werden wir hier nicht von machtbesessenen Veganern bedroht.« Er verlor sichtlich die Geduld. »Und wenn ihr beiden noch so viel Wert auf einen vernünftigen Dialog legt – die Spinner da unten warten sicher nicht darauf, mit euch zu reden oder eure Abschlusszeugnisse zu sehen. Und sie werden euch auch nicht glauben, wie innig ihr die Ratten da unten im Keller in ihren Käfigen liebt.«
    Kerri verzog das Gesicht wie ein weinerliches Kind. »Jetzt hack doch nicht immer auf ihr herum«, schimpfte Sam, doch seine Stimme ging in den durch das Megafon verstärkten Stimmen unter.
    Der Anführer unten hatte ihnen jetzt den Rücken zugewandt. Bis seine Worte von den Wänden der umliegenden Institute zurückgeworfen wurden, konnte man sie nicht mehr verstehen. Man erkannte nur noch die Wut, die in ihnen lag. Selbst Sam gab es auf, den Sinn herauszuhören.
    »Tötet sie!«, schrie eine einzelne Stimme, die sich erschreckend scharf von dem allgemeinen
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