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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold
Autoren: Paul Kohl
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gerade
noch aus dem Keller retten und rannte aus dem Lokal.
    »Jetzt ist ihre Bude ein Aschehaufen. Das hat sie nun davon«, sagt
Maier, und mit einem Blick auf Korbi in seinem Schaukelstuhl fügt er hinzu:
»Bin ganz froh drum, dass der Keller weg ist. Dann kann er nichts mehr
ranschleppen. Einmal wär doch die MP vor der Tür
gestanden, und dann hätten sie mich mit ihm ins Lager gesteckt.«
    Maier kocht zwei Eier, sieht auf der Küchenuhr, dass sie hart sind,
und nimmt sie vom Herd. Dann schmiert er ein Schinken- und ein Käsebrot und
wickelt alles zusammen mit zwei Fleischpflanzerln, die er gestern gebraten hat,
in knisterndes Butterbrotpapier.
    »Da, steck’s ein. Proviant für die Reise. Damit du durchhältst bis
Gauting.«
    Eine Stunde später überqueren Gropper, Korbi und Maier den
Bahnhofplatz. Wieder ist der Platz voller unschuldig dreinblickender Grüppchen.
Wieder wird verstohlen gehandelt.
    »Willst noch was einkaufen?«, fragt Maier verschmitzt. »Ein kleines
Mitbringsel aus Mittenwald?«
    Auf dem Bahnsteig warten sie auf den Zug. Zwei Wochen war Gropper in
Mittenwald. Seine Wunde am Oberschenkel schmerzt fast nicht mehr, dafür
schmerzt ihn Wilmas Brief umso mehr, nach dem er in seiner Brusttasche tastet.
Als die Ankunft des Zuges über Lautsprecher in unverständlichem Gedröhn
angekündigt wird, hopst Korbi vor Aufregung auf und ab. Dann drückt er Gropper
freudig eine Goldmünze in die Hand, zum Dank, dass er ihn aus Buchners Zelle
befreit hat.
    Gropper will sie ablehnen, aber Maier sagt: »Nimm sie nur. Er hat
doch genug davon.«
    Der Zug fährt ein.
    »Also bis zum nächsten Mal«, sagt Maier ein bisschen wehmütig. An
Groppers Miene kann er sehen, dass sein Gast nicht so scharf darauf ist, noch
mal nach Mittenwald zu kommen. »Dann komm wenigstens zu meiner Beerdigung. Ich
sag dir Bescheid. Den Friedhof kennst du ja.«
    Das verspricht ihm Gropper in die Hand. Sie umarmen sich herzlich.
Gropper umarmt auch Korbi und drückt ihn fest an sich: »Du Baazi, du.« Korbi
japst vor Freude.
    Dann klettert er über die Eisenstufen auf die Wagenplattform und
lässt das Scherengitter herab. Der Bahnhofsvorsteher in seiner alten
Reichsbahnuniform und mit seiner zerknautschten Mütze auf dem Kopf hebt die
rote Kelle und pfeift den Zug ab.
    Die Waggons setzen sich in Bewegung und rollen immer schneller.
Maier bleibt zurück und winkt. Korbi aber rennt stolpernd und mit den Armen
fuchtelnd noch eine Weile neben dem Zug her. Gropper hat Angst, er könnte
stolpern. Schließlich gibt Korbi seinen Wettlauf auf, lässt die Arme sinken und
wird mit zunehmender Entfernung immer kleiner, bis er ihn gar nicht mehr sehen
kann.
    Gropper möchte sich nicht im Waggon auf die Holzbank setzen, obwohl
noch einige Plätze frei sind. Am Samstagvormittag ist der Andrang Richtung
München nicht so groß. Er bleibt auf der Plattform stehen. Der kühle Fahrtwind
streift ihm über die Stirn. Aus dem Päckchen wickelt er das Schinkenbrot aus
und entdeckt, dass Maier ihm auch ein Fläschchen Enzian dazugegeben hat. Er
schraubt den Verschluss ab und nimmt einen kräftigen Schluck. Immer schneller
gleiten die letzten Häuser von Mittenwald vorbei. Nun breitet sich die
Landschaft vor ihm aus. Durch Baumgruppen hindurch kann er entfernt die weißen
Blöcke des Internierungslagers sehen.
    »Ach ja«, seufzt er. »Da war was.«
    Noch mal setzt er das Fläschchen an den Mund und lässt die
wohltuende Flüssigkeit durch seine Kehle rinnen. Dieses Mal brennt der Enzian
nicht mehr so scharf, sondern wärmt ihn behaglich. Er lehnt sich an das
Scherengitter, schaut zurück auf den Wetterstein und den Karwendel, die in der
Junisonne glänzen, und freut sich, wieder nach Hause zu fahren zu seiner Luise.

Katharina Berlinger
    CHIFFREN IM SCHNEE
    Kriminalroman
    ISBN 978-3-86358-113-8
     
     

Leseprobe zu Katharina Berlinger,
CHIFFREN IM SCHNEE
:
    Die ruinierte Suite
    «Anforderungen
an eine Hotel-Gouvernante: Sie soll von untadeliger Moral sein. Sie soll über
eine würdevolle und schickliche Erscheinung verfügen. Sie soll es verstehen,
andere zu leiten. Sie soll ein angenehmes Wesen haben und stets versuchen, mit
ihren Untergebenen auszukommen. Sie soll eine gute Zuhörerin und keine
Schwätzerin sein. Sie soll stets die Fassung bewahren und ihre Anordnungen in
festem, aber leisem Ton erteilen. Sie soll loyal gegenüber der Hotel-Leitung
und höflich gegenüber den Gästen sein. Sie soll die Hotel-Leitung nicht mit
Kleinigkeiten belästigen. Sie
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