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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold
Autoren: Paul Kohl
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ja,
eigentlich sollte ich nicht so denken, aber ich kann nicht behaupten, dass es
mir leidtäte, die Frau Baronin als Gast zu verlieren. Ich hoffe nur, der
nächste Bewohner der Kleinen Suite wird uns weniger Sorgen bereiten.»
    ***
    Es regnete, nichts Ungewöhnliches für London. Lieutenant
Christian Wyndham blickte aus dem Fenster. Er wusste – und es war schön,
wieder Dinge zu wissen –, er war in London, er war in einem Hospital, und
es war ein guter Tag gewesen. Ein Tag, der nicht gänzlich im Nebel des
Schmerzmittels versunken war. Solche Tage wurden jetzt häufiger. Und mit ihnen
kamen die Erinnerungen zurück und Namen zu den Gesichtern, die an seinem Bett
auftauchten.
    Er drehte den Kopf zur Wand, wo ein Bild hing – ein japanisches
Bild, das wusste er mit grosser Gewissheit, auch wenn er nicht sagen konnte,
woher er das wusste. Jemand hatte die Darstellung eines tief verschneiten
Dorfes in den Bergen dort aufgehängt. Nein, nicht irgendjemand, sondern
Hastings – sein Name war Hastings, und er wusste, dass Christian das Bild
liebte, weil er sein Freund war.
    Christian war dankbar; bei seinem langsamen Erwachen hatte sich sein
Geist an sonst nichts festhalten können, und das Bild war zu seinem Fluchtpunkt
geworden. Er hatte auf die schneebedeckten Dächer gestarrt und sich
vorgestellt, dort zu leben, weitab von dem unheimlichen Raum mit dem grellen
Licht, den lauten Stimmen und den Schmerzen. Nach einiger Zeit des Friedens
hatte er aber erkannt, dass er nun um sein Leben kämpfen musste. Dass es an der
Zeit war, Abschied zu nehmen von der samtigen Stille des Schnees und an den
unbekannten Ort mit den fremden Gesichtern zurückzukehren. Ein Versprechen, das
er sich zwischen den Welten gegeben hatte, half ihm auf dem beschwerlichen Weg:
Er würde irgendwann einen Winter in den Bergen verbringen.
    Nun war das Schlimmste vorbei; noch war es Sommer, noch war er im
Hospital. Doch die Ärzte sagten, im Herbst könnte er nach Hause, wo auch immer
das war. Und auf den Herbst folgte der Winter.
    Natürlich konnte er nicht nach Japan fahren. Aber es gab sehr viel näher
auch Berge und Schnee. Er schloss die Augen und schlief, dem Regen lauschend,
ein.
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