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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold
Autoren: Paul Kohl
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Arbeit bei
Nafziger angenommen. Es gefällt mir nicht, die deutschen und amerikanischen
Geschäftemacher zum Trinken zu bringen und mit ihnen ins Bett zu gehen, das
geschieht routinemäßig, ganz ohne Gefühl. Doch wenigstens verdiene ich dabei
sehr gut.
    Bei einem Wiedersehen wärst Du von mir
deshalb sicher ganz schrecklich enttäuscht gewesen. Das wollte ich Dir
ersparen. Außerdem hätte ich mich vor Dir ganz schlimm schämen müssen. Ich
hätte Dir nicht in die Augen sehen können.
    Ich hatte immer Angst, dass wir uns zufällig
auf der Straße begegnen. Vielleicht hättest Du mich aber auch nicht
wiedererkannt. Ich bin nämlich nicht mehr so schön wie damals.
    Mit Theres bin ich immer noch sehr gut
befreundet. Und so hatte ich sie ganz innig gebeten, Dir nicht meine Adresse zu
geben. Ich wollte unbedingt vermeiden, dass Du zu mir kommst.
    Als Du an jenem Abend in das Lokal kamst,
habe ich Dich gleich erkannt. Ich wollte auf keinen Fall, dass Du mich dort als
Flittchen siehst. Das wollte ich Dir nicht antun, und ich hätte mich vor Dir so
geschämt. Deshalb habe ich dafür gesorgt, dass Du aus dem Lokal hinausgewiesen
wurdest. Ja, das habe ich gemacht. Und im Nachhinein wirst Du das auch
verstehen.
    Von Theres habe ich erfahren, dass man Dich
im Lager gefangen hält. Da haben wir besprochen, wie wir Dich am schnellsten
herausholen können. Theres kennt ja als Dolmetscherin hohe Amis, und ich habe
durch meine Tätigkeit im »Crazy Horse« guten Kontakt mit dem Chef des CIC . So hoffe ich, dass
unsere Fürsprache schnell Erfolg hat.
    Jetzt habe ich große Angst, dass sich Feigl
und Kilian an mir rächen, wenn sie aus dem Zuchthaus kommen. Sie werden
bestimmt erfahren, wer sie verraten hat. Hier quatscht man ja sehr schnell und
viel. Ich werde also so bald wie möglich aus Mittenwald wegziehen, bevor sie
mir was antun können.
    Ich hoffe, Du bist glücklich mit Luise. So
sehr hatte ich damals gewünscht, dass Du Dich dazu entscheidest, dass wir
heiraten. Dass Du Förster wirst und wir in einem Häuschen im Wald leben,
umgeben von vielen Tieren. Das war doch unser gemeinsamer Wunsch. Aber dann
hast Du Dich anders entschieden.
    Behalte mich so in Erinnerung, wie Du Dich
jetzt an mich erinnerst. Oder vergiss mich – wenn Du das kannst.
    Einen lieben Kuss von Deiner Wilma
    Gropper ist wie betäubt. Ein Schmerz sticht in seiner Brust. Er
stöhnt. Tränen steigen ihm in die Augen. Er wischt sie mit dem Handrücken ab.
Aber neue Tränen quellen hervor und verschleiern seinen Blick. Er schnäuzt sich
kräftig. Erst dann kann er weiterlesen.
    PS : Zu meinen Eltern habe ich keinen Kontakt mehr. Mein Vater war
wegen seiner Nazizugehörigkeit kurze Zeit im Mittenwalder Lager interniert,
wurde jedoch bald freigelassen und zum Küchenchef im Offizierscasino in Garmisch
befördert. Dort geht es ihm sehr gut. Meiner Mutter geht es auch gut. Sie
arbeitet zusammen mit Vater im Casino.
    Wenn Du sie vielleicht einmal besuchst, sag
ihnen auf keinen Fall, was ich hier im »Crazy Horse« gemacht habe. Das würden
sie nie verstehen und mich verfluchen. Erspar ihnen das.
    Noch mal Küsse von mir.
    Gropper betrachtet ihre Handschrift. Sie ist deutlich, klar und
sauber. Jeder Buchstabe genau ausgeführt. Mit runden Bogen und sorgfältigem
Auf- und Abstrich. Nicht hingehuscht, nicht kreuz und quer. Alle Sätze genau
auf Linie.
    Kraftlos schiebt er Wilmas Brief beiseite. Zusammengesunken sitzt er
da. Er will überhaupt niemanden mehr sehen. Lange braucht er, bis er wieder zu
sich kommt. Am liebsten würde er jetzt einen Schnaps saufen. Er ist froh, dass
Buchner jetzt nicht hereinkommt und fragt: Na, was schreibt sie? Erleichtert
hört Gropper, dass er telefoniert.
    Langsam faltet er Wilmas Brief zusammen und steckt ihn in seine
Brusttasche. Er soll ihren Brief nicht sehen. Muss er ihn auch vor Luise
verstecken?

19
    Wer nia umgworfn hat, is a nia gfahrn.
    Gropper hat seinen Koffer gepackt, und während des Frühstücks
berichtet ihm Maier von einem Gerücht, das er am Morgen beim Bäcker beim Kauf
der Semmeln gehört hat. Demnach war die idiotische Lucretia die Brandstifterin.
Unfreiwillig, versteht sich. Als sie in der Nacht wieder mal in ihrem
Tresorraum im Keller aus den Kisten Nachschub für ihre Privatkasse holen
wollte, soll sich die dumme Kuh da unten eine Zigarette angesteckt haben. Dabei
hat sie nicht gesehen, dass eines der Benzinfässer ein Leck hatte und Benzin
ausfloss. Da stand natürlich gleich alles in Flammen. Sie konnte sich
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