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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold
Autoren: Paul Kohl
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ihn
aufsuchen, um von ihm Rechenschaft zu fordern. In Mittenwald schickte man sie
zu seinem Amüsierclub »Crazy Horse«, wo sie am Morgen des 28. Mai aber
zunächst nur die Putzfrau Fanny Jais antrafen. Als sie um Mitternacht wiederkamen,
um Nafziger zur Rede zu stellen, wurden sie von der Bardame Lucretia zu
Nafzigers Büro hinaufgeschickt. Zu diesem Zeitpunkt waren die letzten Gäste
gerade gegangen, Lucretia löschte das Licht, schloss das Lokal ab und ging
ebenfalls nach Hause.
    Im Büro angekommen, verschloss Kilian die Tür mit dem im Schloss
steckenden Schlüssel, um ein Entkommen Nafzigers zu verhindern, und steckte den
Schlüssel ein. Sie forderten Auskunft über den Verbleib des versteckten
Nazigoldes. Dabei kam es zu einem heftigen Streit. Nafziger nahm seinen
Karabiner aus dem Schrank und zielte auf die beiden mit den Worten: »Ich knall
euch ab!«
    Der Rest passierte genau so, wie Wilma es bezeugt hatte: Feigl
stürzte sich auf Nafziger, warf ihn zu Boden und drückte mit dem Stiefel seinen
Hals zu, während Kilian mit der Linken den Karabiner griff und Nafziger in die
Stirn schoss. Buchner hat außerdem protokolliert, dass Kilian danach, um seine
Fingerabdrücke zu verwischen, aus Nafzigers Enzianflasche Alkohol auf sein
Taschentuch goss, damit den Karabiner abwischte und ihn Nafziger in die Hand
drückte. Es sollte so aussehen, als hätte er sich selbst erschossen. Die beiden
flohen durch die Balkontür über das Garagendach und entkamen durch den
Bretterzaun an der Innsbrucker Straße.
    Unter dem Geständnis sieht Gropper die beiden Unterschriften von
Feigl und Kilian. Und dann folgt sogar noch eine handschriftliche Anmerkung von
Kilian: Genau so war’s! Weil das Mistvieh von Nafziger uns
mit dem Gold so beschissen hat. Der Saukerl, der verreckte!
    Gropper starrt auf die Zeilen. Das alles deckt sich mit dem, was
Wilma als Zeugin ausgesagt hat. Und Geständnis und Zeugenaussage zusammen
erklären die vier Schuhabdrücke auf dem Garagendach: vier Spuren, aber zwei
Mörder.
    Buchner kommt herein. »Na? Was sagst du dazu?«
    »Wo sind die beiden jetzt?«, fragt Gropper zurück.
    »Wurden gestern mit dem Wagen abgeholt nach München, ins Präsidium.«
    »Ohne auf mich zu warten, abgeschoben?«
    »Du warst im Lager. Ich wusste doch nicht, wann du wieder
rauskommst. Außerdem weißt du, dass wir Untersuchungsgefangene nicht so lange
festhalten dürfen.«
    »Sie sind also jetzt in München.«
    »Kannst sie ja dort besuchen, wenn du willst. Ich hab da noch was.«
Buchner reicht Gropper einen zugeklebten Briefumschlag aus braunem Holzpapier. »Für
dich privat von W.G. «
    Gropper schaut auf das Kuvert. Mit Füller und blauer Tinte steht da
geschrieben: »Für Martl von W.«
    Eine Nachricht von Wilma.
    Buchner bleibt neben ihm stehen. Erst als Gropper ihm einen
unwilligen Blick zuwirft, murrt er: »Ich geh ja schon«, und verlässt den Raum.
Gropper drückt hinter ihm demonstrativ die Tür zu, setzt sich wieder und reißt
den Umschlag mit zitternden Fingern auf. Das Herz pocht ihm bis unters Kinn. Er
nimmt die beiden Blätter aus dem Umschlag und faltet sie auseinander.
    Auch den Brief hat sie mit Füller und blauer Tinte geschrieben.
Gropper liest, und während er liest, hört er Wilmas warme, weiche Stimme.
    Mein lieber Martl,
    es fällt mir sehr schwer, diesen Brief an
Dich zu schreiben. Aber ich muss Dir schreiben, Dir zuliebe. Ich musste der
Polizei sagen, dass es der Feigl und der Kilian waren. Auch um mein Gewissen zu
erleichtern. Es hätte mich immer gequält, wenn sie ungestraft davongekommen
wären. Dabei wollte ich unbedingt, dass Du die Täter fasst. Ich wollte nicht,
dass Du erfolglos nach München zurückkehren musst. Ich möchte doch, dass Du
Glück hast.
    Von Theres habe ich erfahren, dass Du nach
Mittenwald kommst. Zuerst hatte ich mich gefreut, Dich nach sieben Jahren
wiederzusehen. Doch dann wuchsen meine Bedenken. Ich hatte Angst vor einem
Wiedersehen. Du bist sicher der geblieben, den ich in Erinnerung habe. Aber ich
bin nicht mehr die, die Du geliebt hast, damals. In meiner Aussage hast Du von
meiner Tätigkeit im »Crazy Horse« erfahren. Nie im Leben hätte ich mir träumen
lassen, so etwas zu machen. Ich bin auch gar nicht dafür geschaffen. Du kennst
mich ja. Aber nach dem Krieg musste ich Geld verdienen. Ich hätte ja leicht die
Metzgerei meiner Eltern übernehmen können. Aber Du weißt ja, dass ich keine
Tiere töten und auch nicht ihr Fleisch essen kann. So habe ich diese
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