Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe
Autoren: Uschi Zietsch
Vom Netzwerk:
verlegen die Schultern, und sie winkte schmunzelnd und mit beruhigender Geste zurück. Yahi war zu beschäftigt, um zu ihr zu eilen, und das war gut so. Jahre der Freundschaft lagen noch vor ihnen, in denen es genug Zeit für Gespräche geben würde.

    Lurdèa machte sich auf den Weg zum Wasser, da kam eine schlanke, hochgewachsene Frau auf sie zu, mit langen braunen Haaren und strahlend blauen Augen. Ihre Haut hatte einen ganz besonderen Schimmer, und ihre Ausstrahlung war seltsam vertraut. Lurdèas Kehle schnürte sich augenblicklich zu. Sie wusste , wer das war.
    »Ich bin Alrydis«, stellte die Frau sich vor und verneigte sich. »Edle Herrin, Frieden mit Euch.«
    »Ich grüße Euch, edle Verwandte«, sagte Lurdèa und vollzog eine ehrenvolle Geste. »Diese Begegnung ist eine unerwartete und große Freude für mich.«
    »Mein Vater, König Rowarn von Ardig Hall, lässt Euch durch mich dies hier überreichen.« Sie wickelte aus einem Tuch eine fein ziselierte Krone aus feinem Silber und hielt sie Lurdèa mit einer weiteren Verbeugung hin. »Dies war die Krone der Königssippe, die all die Jahrtausende in Ardig Hall verwahrt wurde«, sagte sie feierlich. »Mein Vater bittet Euch, sie anzunehmen, hohe Königin.«
    »Ich … Königin?«, stieß Lurdèa verwirrt hervor, während sie die Krone an sich nahm, da sie keine andere Wahl hatte. »Aber …«
    »Ich fürchte, Ihr könnt nicht ablehnen«, sagte Alrydis. »Ihr seid mit der königlichen Sippe verwandt, und Euer Reich Darystis wurde auf dem Fundament der königlichen Residenz errichtet. Mein Vater hat angeordnet, dass die Krone heimkehrt und ihrer wahren Bestimmung wieder zugeführt wird. Ihr habt es selbst in Eurer Ansprache verkündet.«
    Es machte vermutlich nicht viel Unterschied, dachte Lurdèa bei sich. Und da sie nicht wusste, wohin damit, setzte sie sich die Krone kurzerhand aufs Haupt, zu ihrem fürstlichen Diadem. Vermutlich würde es niemandem auffallen.
    »Ich danke Euch, Alrydis«, sagte sie gerührt. »Dass Ihr Euch den ganzen Weg hierher bemüht habt …«
    Alrydis versuchte ein Lächeln, das ihr gründlich misslang. »Ich wollte auch mein tiefstes Mitgefühl für Euren Verlust ausdrücken.«
    Lurdèa war ergriffen, als sie die tiefe Trauer der edlen Ylwanin sah. »Mein Bruder ist nicht tot«, sagte sie bestimmt. »Sein Körper starb, das habe ich selbst gesehen. Aber ich würde es spüren, wenn er ganz von uns gegangen wäre. Er ist eins geworden mit der See.«
    »Doch nicht mit mir … bis auf einmal.« Alrydis fiel es schwer, weiterzusprechen, und Lurdèa erkannte, dass die Krone nur vorgeschoben gewesen war. Die Ylwanin war aus ganz anderem Grund hier.
    »Da ist noch etwas, worüber Ihr Bescheid wissen müsst«, fuhr Alrydis fort, drehte sich um und winkte.
    Aus dem Schatten eines Baumes löste sich ein großes Wesen, das Lurdèa noch nie erblickt hatte, aber aus den Legenden kannte. »Eine Pferdfrau …«, hauchte sie andächtig.
    Die Velerii kam auf zierlichen Hufen langsam näher, ihr dunkles Fell hatte einen violetten Glanz, wie der Himmel, und Mähne und Schweif waren schneeweiß.
    »Sternsang, die Tochter von Schneemond und Schattenläufer, Gelehrte und Sängerin am Hof von Ardig Hall«, stellte Alrydis die Pferdfrau vor. »Und meine Freundin, die mich hierher begleitete.«
    Sternsang neigte leicht den Kopf. »Erhabene Königin, es ist mir eine Ehre.«
    »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite«, entgegnete Lurdèa förmlich, aber das Herz schlug ihr jetzt bis zum Hals. Was mochte sie erwarten?
    Ihre Augen weiteten sich, als die Ylwanin zwei Bündel aus Sternsangs Armen entgegennahm und ihr hinhielt.
    »Das sind Ylwa und Rowarn«, sagte sie mit Tränen in den Augen. »Erenwins Zwillinge. Er hat es nie erfahren. Als er mich verließ, wusste ich es noch nicht.«
    Lurdèa zog die Tücher beiseite, strich mit zitternden Fingern über die rosigen Wangen der winzigen Wesen, die sie aus großen, je einem Paar tiefblauer und tiefgrüner Augen neugierig ansahen. Wissen lag in ihnen. »Sie sind wunderschön«, wisperte sie und musste heftig schlucken.
    »Ich bitte Euch, nehmt sie zu Euch und zieht sie auf«, fuhr Alrydis fort.
    »Was-was redet Ihr da?«, entfuhr es Lurdèa fassungslos.
    »Hört mich an, bevor Ihr mich verurteilt«, bat die Ylwanin. »Ich weiß, Ihr habt Eure Kinder verloren.«
    »Sie waren magische Geschöpfe, die ich nur ausgetragen habe«, erwiderte die Königin. »Nichts von mir war in ihnen enthalten, außer der Verbundenheit zur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher