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Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Titel: Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)
Autoren: Antonia Michaelis
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weiter vor. »Ja«, sagte sie. »Sieht so aus, als würden sie das in diesem Moment beide rauchen. Ich denke, sie haben es nötig.«
     
    Später saß Friedels Vater lange bei Katleen am Küchentisch und erklärte mit leiser, eindringlicher Stimme Dinge, denen Svenja nur zum Teil folgen konnte. Ihr Blick glitt immer wieder zu Nashville, der auf Katleens Bett schlief. Sein Atem ging nicht mehr ganz so schnell und flach wie zuvor.
    Katleen hatte die alten Pfannkuchen für alle aufgewärmt, und sie kochte Mousse au Chocolat, während die anderen am Tisch diskutierten. Sie einigten sich darauf, dass Nashville auf jeden Fall in die Klinik kommen würde, um richtig untersucht zu werden, aber erst, wenn es ihm ein wenig besser ging, falls es das tat, und zusammen mit Svenja. Falls es ihm nicht besser gehen würde, würden sie doch noch den Notarzt rufen. Friedels Vater sagte, er würde bleiben. Niemand widersprach.
    Er setzte sich auf ein Sitzkissen in eine Ecke und las in einem von Katleens Bildbänden über Kunstgeschichte. Er sah nicht aus, als hätte er es eilig, alles, was er an diesem Tag zu tun hatte, konnte offenbar warten, ein paar Anrufe hatten genügt.
    Irgendwann verschwanden Friedel, Kater Carlo, Thierry und Christin in ihre Bauwagensiedlung. Sie würden natürlich wiederkommen. Katleen sagte, sie müsse zu einem Unikurs.
    Da legte Svenja sich neben Nashville aufs Bett und schlief ein, einen Arm um ihn gelegt wie in anderen Nächten zuvor.
    Als sie aufwachte, war es Nachmittag. Die schlichte, zahlenlose Küchenuhr über dem Herd zeigte kurz vor fünf oder kurz vor sechs. Eher sechs. Auch Friedels Vater war über seinem Kunstband eingeschlafen. Die zweite Infusion war durchgelaufen.
    Nashville lag mit offenen Augen da und sah sie an. Er blinzelte nicht.
    Sie erschrak so sehr, dass sie glaubte, ihr Herz würde einfach stehen bleiben, aber dann blinzelte er doch, und sie erschrak noch einmal, und dann lachte sie und setzte sich auf.
    »Hallo«, sagte sie.
    Nashville schwieg. Aber er setzte sich ebenfalls auf, von ganz alleine, rückte zurück an die Wand und lehnte sich dagegen, die Arme um die Knie geschlungen. Das alles, fand Svenja, war erstaunlich für jemanden, der vor Stunden schlaff wie ein Kartoffelsack über jemandes Arm gehangen hatte. »Du musst was essen«, sagte sie.
    Nashville nickte.
    Natürlich sagte er nichts; dies, dachte Svenja, war das dritte Schweigen, und sie wurde beinahe glücklich, als sie das dachte, denn bei dreien ist immer Ende. Er würde sich ein paar Tage ausschweigen und es dann vielleicht nie wieder tun. Sie holte einen Teller mit kalten Pfannkuchen. Seine Hände zitterten ein wenig, während er aß.
    »Langsam«, sagte sie. »Sonst wird dir schlecht und du spuckst. Von jetzt an gibt es nie wieder nichts zu essen. Alles wird anders. Nashville … Ich habe so viele falsche Schlüsse gezogen! Ich dachte eine Weile, Friedel hätte etwas mit der Sache zu tun. Mit den Morden. Ich dachte sogar, du wärst es selbst gewesen. Ich weiß, das ist schrecklich. Wozu hast du die Messer gesammelt?«
    Sie merkte, wie er sich umsah, und zeigte auf den Küchentisch. »Sie sind alle da. Samt dem Tuch. Und das Akkordeon hole ich auch. Nachher.« Nashville nickte, ohne dabei mit dem Essen aufzuhören.
    Svenja zwang ihn nach dem ersten Teller zu einer Pause. Den zweiten Teller schaffte er nicht mehr ganz. Aber er behielt alles bei sich.
    Er lehnte sich an sie, und sie legte ihren Kopf auf seinen. Es war wunderschön, in Katleens Küche miteinander allein zu sein.
    Sie schaffte es, die Flexüle abzustöpseln, ohne Friedels Vater zu wecken. Sie half Nashville hoch und zum Bad, aber sein Blick schickte sie hinaus.
    Und als er zurückkam, ging er alleine. Er trat an den Tisch, hielt sich daran fest und betrachtete eine Weile die Messer. Dann kroch er wieder zum Bett, rollte sich unter der Decke zusammen und sah sie an, als wartete er auf etwas.
    »Soll ich dir vorlesen?«, fragte sie und kam sich dumm vor. Oder gar nicht dumm. »Ich habe das Andersen-Buch nicht hier. Wir müssen mal ein wirkliches Buch zusammen lesen, eine Geschichte mit Kapiteln … Nashville, ich … ich habe so viele Pläne gemacht, während wir gesucht haben! Jetzt kommt erst mal eine Menge Kram mit der Polizei. Du musst ihnen alles erzählen. Ich weiß nicht, was dann passiert … ich weiß nicht mal, wo er jetzt gerade ist. Ich denke, er wird einfach versuchen, so zu tun, als wäre nichts. Abgesehen davon, dass Friedel ihm ein
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