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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil
Autoren: Heinz G. Konsalik
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heute einen der wichtigsten Plätze unseres Staates bewachen. Denke immer daran, daß die Vormachtstellung unseres Staates im Vorderen Orient nun auch in deiner Hand liegt.«
    Das hatte Hassan stolz gemacht, auch wenn die Bezahlung nicht der wichtigen Aufgabe angepaßt war. In diesem Augenblick aber, als er das leise Ticken irgendwo im Klimakeller hörte, wußte er, daß nun wirklich das Vaterland für einige Minuten allein in seinen Händen lag. Niemand konnte ihm helfen. Kein Minister und kein General. Selbst für einen Alarm konnte es zu spät sein. Über ihm lagen Millionenwerte, und in den Panzerschränken ruhten Zeichnungen und Forschungsberichte, die unersetzlich waren.
    Hassan beugte den Kopf vor wie ein witternder Jagdhund und ging dem Ticken nach. Er wand sich zwischen den Rohrschlangen der Klimaanlage hindurch, er kroch an den Gebläsen entlang, und je näher er dem Ticken kam, um so heftiger schlug sein Herz.
    Dann lag er auf dem Bauch und starrte auf einen metallenen Kasten. Jemand hatte ihn unter den Zentralkanal geschoben, von dem aus sämtliche Entlüftungen in alle oberen Räume führten.
    Wie ein feuerspeiendes Ungeheuer starrte Hassan den Kasten an. Dann griff er zu, zog den Kasten an sich heran, kroch zurück, preßte das tickende Ungeheuer an die Brust und rannte … rannte … rannte …
    Über die Kellertreppe, durch den Gang, durch die Eingangshalle, hinaus in den Hof, über den Hof, durch den Palmen- und Jasmingarten, vorbei an einem Springbrunnen, auf die Straße, über die Straße, Felder breiteten sich vor ihm aus, in der Ferne blinkte der Nil im beginnenden Morgen … und er lief und lief und hob die Arme und schleuderte den tickenden Kasten im Laufen weit weg von sich in eine Gruppe von Malvenbüschen.
    Die Explosion hörte Hassan noch. Dann hoben ihn Riesenhände hoch in die Luft und schleuderten ihn mit unvorstellbarer Wucht zurück auf die Erde. Er wurde zerschmettert wie ein Glas, das auf Stein fällt. Sein Körper zerplatzte förmlich.
    Wo die Malvenbüsche gestanden hatten, gähnte ein riesiger, dampfender Krater, und der sandige Boden herum war schwarz, als sei er aus Kohle.
    Eine Stunde später stand Minister Feisal Abdul Mossou vor dem unkenntlichen Hassan und starrte hinüber zu dem schwarzen Krater. Das gesamte Gebiet war durch Militär abgeriegelt. Sprengexperten untersuchten jeden Zentimeter Erde nach Sprengteilen. Sie fanden ein paar zerfetzte Federn, Teile eines Uhrwerkes, eine geborstene Hülse. Weiter nichts. Aber es genügte, um klarzusehen.
    »Dieser Vorfall bleibt strengstes Staatsgeheimnis«, sagte er und wandte sich ab. Der Anblick Hassans erzeugte Übelkeit. »Aber jetzt ist Eile geboten. Es wird nicht bei diesem einen Anschlag unserer Gegner bleiben.« Minister Mossou ging hinüber zu dem Trichter. O Gott, dachte er. Was wäre geschehen, wenn diese Höllenmaschine im Keller gezündet hätte? Es gäbe jetzt keine Raketenzentralstelle mehr. Die Arbeit von Jahren wäre vernichtet. »Oberst Numi?«
    Ein Offizier trat zu Mossou und grüßte kurz.
    »Lassen Sie an alle Forschungsstellen durchgeben: Hermetischer Abschluß aller Personen von der Umwelt. Keiner darf raus und keiner rein. In spätestens drei Wochen Verlegung der wichtigsten Forscher nach Plan S. Die Aktion übernimmt General Yarib Assban. Er ist für den reibungslosen Ablauf verantwortlich.« Minister Mossou hörte, wie hinter seinem Rücken einige Sanitäter die Reste des Nachtwächters Hassan aufhoben und wegtrugen. Und auch die Geier waren bereits da und kreisten mit heiserem Krächzen über der Stätte, an der sie Aas rochen.
    »Die Funksprüche gehen sofort hinaus, Herr Minister«, sagte Oberst Numi.
    »Schützen Sie vor allem diesen deutschen Gelehrten, Oberst. Er ist Chef der Forschungsgruppe Gizeh und heißt Alf Brockmann. General Assban weiß Bescheid. Brockmann ist unser wichtigster Mann, Oberst. Er muß gehütet werden wie unsere Augen. Es wäre eine Katastrophe, wenn ihm etwas geschehen würde.«
    Um die gleiche Zeit kletterten zwei Männer vom Mast einer breiten, behäbigen Nildhau zurück aufs Dach und wischten sich den Schweiß von der Stirn. Von der Mastspitze aus hatten sie hinüberblicken können zu den weitläufigen Gebäudekomplexen der Waffenfabrik. Das Ufer war gesperrt durch Stacheldrahtverhaue und Minenfelder.
    »Mißlungen«, sagte der eine der Männer und riß sein Hemd vom schweißnassen Körper. »Das Ding ist außerhalb losgegangen. Es ist zum Kotzen. Einen besseren Platz als
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