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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil
Autoren: Heinz G. Konsalik
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etwas vorerzählen von Fernsteuerung und hast nie in deinem Leben …«
    »Man kann eigene Meinungen haben. Und ich habe ein Recht, daß man mich respektiert.« Berta Koller warf die Serviette auf den Tisch. »Ich habe deinen Alf immer für ein Unglück gehalten.«
    »Aber ich liebe ihn, Mutter.«
    »Töricht, so etwas.«
    »Und wenn ich zwanzig Jahre warte … ich liebe ihn. Er ist Jörgs Vater.«
    »Um Vater zu werden, bedarf es keiner großen Qualitäten.«
    »Du wirst frivol, Mutter!« Birgit Brockmann sprang auf. Im Garten tobte der kleine Detlef-Jörg mit einem bunten Ball und schoß mit kräftigen Beinchen gegen eine weiße Mauer. Er hatte schon gegessen und spielte, während Mutter und Oma noch einen Kaffee als Nachtisch tranken. Berta Koller winkte energisch.
    »Bleib hier, Birgit! Weglaufen ist noch nie eine gute Lösung gewesen. Daß du nicht nüchtern denken kannst. Was ist, wenn dein Goldgatte dich nicht nach Kairo holt?«
    »Er wird es, Mutter«, antwortete Birgit gequält. Immer diese Stachel, dachte sie. Immer dieses Behämmern: Alf ist der falsche Mann. Löse dich von Alf. Der amüsiert sich in Kairo mit braunen Püppchen, während du hier auf ihn wartest und jeden Morgen dem Briefträger entgegenläufst, um zu hören: ›Nee, wieder nix, Frau Brockmann. Kairo ist weit … der kommt nie, nie wieder.‹
    »Gut. Er wird es.« Berta Koller setzte sich zurecht wie ein verhörender Staatsanwalt. »Wann hat er zum letztenmal geschrieben?«
    »Das weißt du ganz genau: vor sechs Wochen.«
    »Aha. Man kann heute um die Welt in vierundzwanzig Stunden fliegen. Glaubst du, daß ein Brief da sechs Wochen braucht … wenn man einen geschrieben hat?«
    »Alf wird sehr beschäftigt sein.«
    »So sehr, daß er keine Postkarte schreiben kann? Wenn er Zeit hat zum Essen und Schlafen, ja, sogar um auf den Lokus zu gehen, hat er auch Zeit, ein paar Zeilen zu schreiben.«
    »Du wirst wieder ausfällig, Mutter.«
    »Nein, ich sehe die Dinge nur völlig nüchtern. Wenn jemand etwas will, kann er es auch. Aber er will ja gar nicht. Sechs Wochen keine Zeit, und das nennst du Liebe? Kind, Kind, ich habe mit dir doch keine Idiotin großgezogen.«
    »Vielleicht ist eine Postsperre, Mutter.«
    »Wozu? Warum? Rede dir doch nichts ein, Birgit. Nein, nein … da ist die Zuckerpuppe von der Bauchtanztruppe …«
    »Du wirst geschmacklos, Mutter!« Birgit Brockmann trat ans Fenster und sah hinunter zu ihrem Sohn. Detlef-Jörg hatte Besuch bekommen, einen gleichaltrigen Jungen aus der Nachbarschaft. Sie saßen nun in der Gartenlaube und knüpften kleine Netze, die der Nachbarsjunge zerrissen mitgebracht hatte. »Wenn es nach dir ginge, sollte ich mich scheiden lassen und diesen Gerrath heiraten.«
    »Konrad Gerrath ist erstens Rechtsanwalt und zweitens vermögend. Drittens liebt er dich –«
    »– und viertens nennt er sich Alis Freund. Ein schöner Freund, der der Frau des anderen nachrennt. Und Jörgi?«
    »Gerrath ist sehr kinderlieb. Er wird den Jungen wie sein eigenes Kind großziehen. Und großziehen mit Autorität. Nicht wie der jetzige Vater, der sich um nichts kümmert und nur Geld schickt, als wenn allein daraus die Welt bestünde.«
    »Konrad Gerrath ist mir widerwärtig!« rief Birgit Brockmann. »Seine Freundlichkeit ist schleimig und ekelt mich an!«
    »Auch eine Auster ist schleimig und schmeckt ausgezeichnet.« Es war einer der niederschmetternden Vergleiche, die Berta Koller in immer neuer Folge gebar. Es blieb danach nur noch ein hilfloses Schweigen, das Berta Koller genoß als Ausdruck ihres rhetorischen Sieges.
    Auch heute war es nicht anders. Birgit Brockmann verzichtete auf eine Entgegnung und lief aus dem Zimmer. In ihrem Schlafzimmer weinte sie eine halbe Stunde, zermartert von den Vorwürfen ihrer Mutter und verängstigt über die sechs Wochen Schweigen aus Ägypten.
    So stand es im Hause Brockmann am Elbe-Trave-Kanal, als Konrad Gerrath am Nachmittag zu Besuch kam und von Berta Koller mit dem Ausruf: »Ah! Mein lieber, lieber Konrad!« empfangen wurde.
    »Sie müssen Birgit einmal mit aller Klarheit auseinandersetzen, Konrad«, sagte Berta Koller, während Gerrath eine Tasse Kaffee trank und ein Stück selbstgebackenen Apfelstrudel aß, »daß Alf mit seinem Weggang nach Ägypten auch aus ihrem Leben gegangen ist. Sechs Wochen keine Nachricht, das ist der Anfang vom Ende.« Und, mit einem Augenzwinkern, setzte sie fast schamlos hinzu: »Finden Sie nicht auch, daß Sie und Birgit ein gutes Paar
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