Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nadelstiche

Nadelstiche

Titel: Nadelstiche
Autoren: Baden & Kenney
Vom Netzwerk:
Heaton und die Costellos tauschen die Plätze. Erinnert mich ein bisschen an deine Geschichte mit den Garnelen.« Manny atmete durch die Nase ein und dann durch den Mund wieder aus. »Wer wird sie vor Gericht vertreten?«
    »Wieso, willst du das machen?«
    »Nein danke, obwohl ich ja jetzt ziemlich viel Freizeit habe, nachdem die Anklage gegen Travis fallen gelassen wurde.« Manny trank einen Schluck von ihrem Kaffee. »Wie geht’s den Sandovals? Hat Señora Sandoval einen Nervenzusammenbruch erlitten, nachdem sie die Wahrheit über ihre Familie erfahren hat?«
    »Ach, das hätte ich fast vergessen«, sagte Sam. »Sie hat angerufen, als Jake unterwegs war, um dich vom Krankenhaus abzuholen. Ich fand, sie klang ganz in Ordnung – hat sich erkundigt, wie’s dir geht, und gesagt, sie würde sich später noch mal melden.«
    »Und die anderen Opfer des Vampirs? Haben die tatsächlich alle zugesehen, wie Travis und ich von diesem verdammten Hund attackiert wurden?«, fragte Manny.
    »Waren ihre Reaktionen so, wie die Costellos sich das erhofft haben?«
    »Sie haben zugesehen«, sagte Jake. »Aber sie sind charakterlich ganz unterschiedlich, und ich glaube, ihre Reaktionen sind genauso unterschiedlich. Lucinda Bettis ist die Einzige, die nach wie vor alles verdrängt. Alle anderen könnten jetzt ein gewisses Interesse daran haben, mehr über ihre Herkunft zu erfahren. Vielleicht wollen sie das alles aber auch nur hinter sich lassen.«
    »Genau das hat Elena Costello wahnsinnig gemacht: Sie konnte nicht akzeptieren, dass nicht alle so an ihrem Zorn festhielten, wie sie das getan hat«, sagte Manny. »Sie hatte recht damit, dass wir die Opfer des Schmutzigen Krieges niemals vergessen sollten. Aber ihr eigener Zorn hat sie kaputt gemacht.«
    Jake nahm ihr die Kaffeetasse weg. »Jetzt haben wir aber genug über die Ermittlung gesprochen. Entspann dich einfach und schau dir irgendeine geistlose Serie im Fernsehen an.« Er reichte Manny die Fernbedienung. »Kein CNN, keine Nachrichtensendung.«
    »Jawohl, Onkel Doktor.« Manny machte es sich mit Mycroft gemütlich und fing an, die Kanäle durchzuschalten. »Tut mir leid, Kleiner – auch keine Tiersendung.« Sie blieben bei einer Dokusoap hängen, in der es um Wohndesign ging. Wie verwandele ich eine alte Kommode in ein topmodernes Multimediamöbel … Wie male ich einen Orientteppich auf meinen Holzboden … Manny nickte ein, ehe sie erfahren konnte, wie sie den modrigen Geruch aus einem alten Schrank herausbekam.
    Ihre schmerzmittelgeschwängerten Träume waren durchsetzt von grellen Szenen und abgehackten Übergängen, ein Autorenfilm für sie allein. Dschungeltiere auf der Geschworenenbank; verschlungene Gänge mündeten in Räume voller Glasscherben; eine mündliche Prüfung, bei der sie keine Frage beantworten konnte, wurde vom Klingeln der Schulglocke unterbrochen. Das Klingeln nahm kein Ende.
    Manny setzte sich auf, verschwitzt und desorientiert. Die mündliche Prüfung hatte sie geträumt, das Klingeln nicht. Ein Blick aus dem Wohnzimmerfenster verriet ihr, dass es draußen allmählich dunkel wurde. Sam und Jake waren nirgends zu sehen. Sie reckte sich zum Beistelltisch und nahm den Hörer ab.
    »Hallo.«
    »Hallo, spreche ich mit Ms Manfreda?«
    »Ja. Wer ist denn da?«
    »Monserrat Sandoval. Ich hoffe, ich störe nicht, aber ich wollte Sie anrufen, um mich zu bedanken.«
    »Hi, Señora Sandoval. Vorhin hab ich noch nach Ihnen gefragt. Wie geht es Ihnen? Ich weiß, dass Paco sehr besorgt um Sie war.«
    »Ach! Ich habe ein langes Gespräch mit meinem Sohn und meinem Mann geführt.« Ihre Stimme klang stark und selbstbewusst. »Ich habe ihnen gesagt, dass es sehr dumm von ihnen war, all die Jahre Geheimnisse vor mir zu haben. So viel Unheil hätte vermieden werden können, wenn mein Mann mir die Wahrheit gesagt hätte, als Esteban noch ein Baby war.«
    Manny setzte sich auf, war jetzt hellwach. Dann hatte Botschafter Sandoval also schon immer gewusst, dass Esteban einer Gefangenen weggenommen worden war. »Hätten Sie ihn trotzdem adoptiert?«
    »Nun ja, das war das Problem. Sie müssen wissen, mein Mann arbeitete damals halbtags für ein Ministerium der Regierung und studierte noch. In jenen Zeiten waren Arbeitsplätze rar, die Wirtschaft lag am Boden. Die Diktatoren der Junta waren genau genommen seine Arbeitgeber, aber in Wirklichkeit unterstützte er ihre Politik nicht. Er war bloß ein – wie sagt man? – Lacke.«
    »Lakai«, assistierte Manny.
    »Genau. Als die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher