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Nachtzug ins Glueck

Nachtzug ins Glueck

Titel: Nachtzug ins Glueck
Autoren: Samantha Hunter
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eine andere Person nachts im selben Zimmer schlafen gehört hatte?
    Reid war weniger als drei Meter entfernt; er hatte sich in das schmale Ausziehbett auf der anderen Seite des Abteils gequetscht. Offensichtlich war er ins Abteil gekommen, als sie schon geschlafen hatte, und bei dem Gedanken fühlte sie sich seltsam verwundbar.
    Und trotzdem war es komischerweise tröstlich zu wissen, dass er da war. Sein unbeschwerter Atemrhythmus beruhigte sie, und sie entspannte sich. Brenna war drauf und dran, wieder einzuschlafen, als ihr eben erst gefundener Frieden erneut gestört wurde.
    »Ich bin getroffen, mich hat’s erwischt!«, rief Reid laut, und Brenna hörte, wie sein Atem sich beschleunigte. Er stöhnte und murmelte noch irgendwas. Man hörte ihn um sich schlagen und dann ein Poltern, als sein Knie oder Ellenbogen die Wand traf.
    Sie hatte ein schlechtes Gewissen gehabt, das größere Bett zu nehmen, doch das kleine hatte sich so schmal angefühlt. Trotzdem würde er sich wehtun, wenn er weiter so zappelte. Offensichtlich hatte er einen Albtraum.
    »
Ich bin getroffen
«, sagte er wieder, diesmal noch lauter.
    Einen Albtraum über seine Schussverletzung.
    Brenna schlüpfte aus dem Bett. Sie wusste nicht genau, was sie tun sollte, aber sie durchlebte selbst seit vielen Jahren schlechte Träume. Sie konnte ihn nicht einfach in seinem Leid allein lassen. Als sie sich ihm vorsichtig näherte, sah sie, dass er jetzt nicht mehr um sich schlug, sondern zusammengerollt dalag, als hätte er Schmerzen. Er atmete schwer.
    Es brach ihr das Herz, und sie vergaß ihre eigenen Sorgen, als sie die Hand ausstreckte, um ihn an der Schulter zu berühren.
    »Reid? Reid, wachen Sie auf!«, sagte sie sanft. Sie wollte ihn nicht erschrecken, hoffte jedoch zu durchdringen, was immer ihn in seinem Bann hielt.
    »Nein!«, rief er. Blitzschnell schoss seine Hand vor und packte sie fest am Unterarm. Kurzzeitig von Panik ergriffen, schrie Brenna seinen Namen.
    Er erstarrte, und um die beiden herum war auf einmal alles still, bis auf das rhythmische Pulsieren der Lok, das im ganzen Zug widerklang, und die heftigen Atemzüge, die wie atmosphärische Störungen zwischen ihnen in der Luft hingen.
    Brenna, deren Arm er immer noch fest umklammert hielt, wagte nicht, sich zu rühren. Vielleicht war er noch nicht wach oder sich nicht bewusst, was los war.
    »Brenna?«, fragte er und klang verwirrt.
    »Ja. Sie hatten einen Albtraum. Ich hab versucht, Sie zu wecken, und …«
    »Mist, tut mir leid.« Er ließ sie los, als wäre sie radioaktiv, und schwang die Beine über die Kante der schmalen Pritsche, um aufzustehen.
    Plötzlich war das Abteil von Licht durchflutet.
    Reid sah aus, als wäre er durch die Hölle gegangen – das Haar zerzaust, und in seinem Gesicht spiegelte sich noch der Schmerz, den er im Traum erfahren hatte. Er rieb sich mit den Händen übers Gesicht, als versuchte er, ihn wegzuwischen. »Ich dachte, das wäre vorbei«, murmelte er, eher zu sich selbst als zu ihr.
    Mitgefühl wallte in ihr auf, und Wärme verwandelte sich in Hitze, als Brenna jeden Zentimeter strammer, harter Muskeln in sich aufnahm, entblößt und mit feinen Schweißtropfen bedeckt. Er schlief nur in Shorts.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie. Noch immer stand sie neben seinem Bett.
    Er kam auf sie zu und durchbohrte sie mit seinen Augen. »Mir geht es gut. Lassen Sie mich mal Ihren Arm sehen!«
    Er runzelte die Stirn. Sein Blick war immer noch wild, als er ihr ganz nahe kam und ihren Arm in die Hände nahm, um ihn zu inspizieren. Beim Anblick der leichten Abdrücke seiner Finger auf ihrer Haut zuckte er zusammen. Er ließ sich auf der Bettkante nieder und zog Brenna mit hinunter. Nicht dass sie eine andere Wahl gehabt hätte – ihre Knie schienen gar nicht mehr zu existieren. Seine Hände waren heiß, und Brenna schluckte schwer.
    »Es tut mir so leid«, sagte er wieder und schüttelte den Kopf. »Ich bin es nicht gewohnt, dass jemand da ist, wenn das passiert.«
    Irgendetwas in ihrem Herzen vollführte bei seinen Worten einen hoffnungsvollen Hopser.
    »Schon gut. Glauben Sie mir, ich weiß, wie das ist. Solange Sie in Ordnung sind …« Sie versuchte zu ignorieren, wie sich seine Oberschenkelmuskeln dehnten und zusammenzogen, wenn er sich bewegte.
    Sie wünschte sich so sehr, mit der Hand darüberzustreichen, dass sie leicht zuckte, um sich zu beherrschen.
    Er missdeutete das als ein Zurückschrecken.
    »Ich weiß, ich habe mich vorhin total danebenbenommen,
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