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Nachtzug ins Glueck

Nachtzug ins Glueck

Titel: Nachtzug ins Glueck
Autoren: Samantha Hunter
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zuzudrücken, Brenna. Sie sind hier. Machen Sie was draus!«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin erfolgreicher und fühle mich wohler, wenn ich meine Umgebung kontrollieren kann.« Ihre Augen wanderten zu dem zerknüllten Zeitplan.
    Reid starrte sie an, dann holte er Luft, schlüpfte aus der Sitznische und ließ sich neben sie plumpsen.
    »Was machen Sie da?«
    »Ihnen zeigen, dass Sie Ihre Umgebung nicht ständig kontrollieren können. Es gibt zu viele Variablen. Mich zum Beispiel. Dinge, die Sie nicht kontrollieren können, indem Sie Kästchen drumherum malen. Oder dass dieser Zug den Schienen folgt und sich gleich nach innen neigen wird, wenn wir da vorne in die Kurve biegen. Dann wird mein Körper ein bisschen näher an ihren rutschen. Aber es ist in Ordnung, sich nicht wohlzufühlen. Zu wissen, dass Sie nicht alles kontrollieren können. Vielleicht lernen Sie ja sogar, es zu genießen.«
    Brennas Gehirn arbeitete auf Hochtouren, als sie aus dem Fenster zu der besagten Biegung der Schienen blickte. Es war eine weite, lang gezogene Kurve, die den Fuß eines großen, felsigen Hügels umrundete. Jeden Moment würde der Zug nur noch wenige Meter von der Felswand entfernt sein, und sie selbst war bloß Zentimeter von Reid entfernt, saß zwischen beiden fest. Ihre Kehle schnürte sich zusammen und erstickte ihre Stimme, als sie ihm beide Hände auf die Schulter legte, um ihn wegzuschieben und zu entkommen. Aber er rührte sich nicht.
    Groß. Massiv. Nah.
    Ihr Herz hämmerte, ihr Atem wurde flacher. Wärme breitete sich in ihrem ganzen Körper aus, doch sie wusste, dass das nicht an der Angst lag. Die ganze Zeit, während sie um die Kurve fuhren, konzentrierte sie sich auf Reid. Aus dem, was sie als Bedrohung empfunden hatte, wurde irgendwie plötzlich Sicherheit, und sie spürte, wie sie sich fester an seinen Arm klammerte.
    Wie er vorhergesagt hatte, verlagerte sich sein Gewicht leicht in ihre Richtung, drückte gegen ihre Hüfte. Er unternahm nichts, um sich abzustützen oder zu verhindern, dass die Bewegung sie näher zueinanderbrachte. Sein dunkler Blick brannte sich in ihre Augen, und sie erwiderte ihn, als sie hinter dem Hügel entlangsausten. Reid beugte sich zu ihr, viel weiter, als es die leichte Neigung der Schienen erforderte, und lächelte.
    Brenna war sich nicht sicher, ob sie überhaupt atmete, als er sein Gesicht an ihr Haar legte und ihr ins Ohr flüsterte:
    »Sehen Sie, Brenna? Alles gar kein Problem.«
    Dann stand er auf, nahm sein Buch und ging. Brenna schlang sich die Arme um den Körper, fröstelte, als seine Hitze plötzlich fehlte, und fragte sich, was in aller Welt da eben passiert war. Sie betrachtete die Zettel auf dem Tisch, nahm sie, knüllte sie zusammen und warf sie auf dem Weg in den Speisewagen in einen Abfalleimer. Die ganze Zeit hörte sie Reids Flüstern in ihrem Ohr, das Herausfordernde in seiner Stimme. Sie konnte die Hitze in seinen Augen nicht vergessen, und in ihrem Herzen wurde die Glut eines möglichen Abenteuers geschürt.

3
    Reid hätte zu gern gewusst, wer Mel war. Die Blumen waren ihm vorhin im Zimmer aufgefallen, er hatte aber kaum einen Gedanken daran verschwendet, weil er alle Hände voll damit zu tun gehabt hatte, Brenna zu beruhigen. Name und Schrift auf der beiliegenden Karte waren androgyn genug, um seine Neugier zu wecken. Nicht dass es ihn etwas anging.
    Er hatte bloß mit ihr geflirtet, sie ein bisschen aufgelockert. Die Frau war so angespannt, dass sie jeden Moment zerspringen konnte. Trotzdem … er hatte es genossen, ihr so nah zu sein, und hätte gar nichts dagegen, wenn sie sich im Lauf der Reise noch näherkämen.
    Melvin oder Melanie? Melissa?
    Es musste Melanie sein – niemand nannte sein Kind heutzutage noch Melvin.
    Nach dieser Erkenntnis schnüffelte er noch ein bisschen mehr herum. Es war schwer, alte Gewohnheiten abzulegen. Er konnte nicht anders, als den »Tatort« zu untersuchen. Sie hatte alle ihre Sachen ordentlich auf die Zimmerseite mit dem richtigen Bett gestellt und ihm das Ausziehbett überlassen.
    Damit konnte er leben. Insbesondere, wenn der Hauch einer Chance bestand, dass er doch noch auf der anderen Seite landen könnte.
    Viel interessanter war der Mülleimer voll zerknüllter Zettel. Reid sah sich ein paar davon an – Entwürfe des Zeitplans, den sie ihm gezeigt hatte, und eine ziemlich lustige Auswahl der »Zettel«, die sie geschrieben hatte.
    Furzen im Abteil verboten.
    Sämtliche Unterwäsche ist aufzuheben und zu entfernen.
    Er
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