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Nachts sind alle Katzen geil.

Nachts sind alle Katzen geil.

Titel: Nachts sind alle Katzen geil.
Autoren: Sophie Andresky
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hatte Geilenbrügge auf einen Gedanken gebracht.
     
Eine Kreuzfahrt versprach eine vergnügliche, lockere,
entspannte und offenherzige Atmosphäre. Bei den Gästen wären
nur die wenigsten unter 50 und wenn es so viele ältere Damen
an Bord geben würde, wären darunter auch alleinstehende und
Witwen, die ganz sicher eine Hinterlassenschaft mitbrachten
und nur darauf warteten, den dritten Frühling zu erleben.
     
Graf Gustav von Geilenbrügge zögerte nicht lange, sondern
buchte die nächste Kreuzfahrt über den Nil.
     
Er checkte an einem sonnigen Tag im Mai auf dem Luxusliner
»Red Rose« ein und warf den Menschen am Pier, berauscht von
seiner sonnigen Zukunft, beim Abschied euphorische Luftküsse
zu.
     
Die von ihm gebuchte Kabine war ganz nach seinem
Geschmack.
     
Sie war edel, stilvoll und elegant eingerichtet.
     
Das machte ihn sehr zufrieden. Denn Geilenbrügge wusste,
dass man immer etwas investieren musste, um es anschließend
mit Zinseszins zurückzubekommen.
     
Geilenbrügge nutzte die nächsten zwei Tage, um sich
ausführlich auf dem Schiff nach geeigneten Kandidatinnen
umzusehen. Tatsächlich waren sehr viele Damen an Bord, doch
war ihm bisher keine geeignete über den Weg gelaufen.
     
Am dritten Abend der Reise schritt der Graf im schwarzen
Smoking durch die Tür zum Speisesalon um das Abendessen
einzunehmen und wurde wie üblich vom Stewart an seinen
Tisch geführt.
     
Dort erwartete ihn allerdings nicht mehr das junge Ehepaar,
welches in den letzten zwei Tagen mit ihm am selben lisch
gespeist hatte, sondern es wurden ihm seine neuen Tischgäste
vorgestellt.
     
Freifrau Lisbeth von der Klampfe und Fräulein Röschen
Schnakenwald.
     
Geilenbrügge ließ seinen Charme spielen, verbeugte sich,
stellte sich vor, ließ der Freifrau Lisbeth von der Klampfe einen
Handkuß zukommen und raunte ihr zu, wie entzückt er sei, ihre
Bekanntschaft zu machen.
     
Der Graf war tatsächlich entzückt, denn sie war nicht
unansehnlich und ihr Name klang vielversprechend.
     
Als er sich Fräulein Röschen Schnakenwald zuwandte,
erstarrte Geilenbrügge in seiner Bewegung. Er versuchte
Haltung zu bewahren, aber es gelang ihm nur schlecht.
     
Fräulein Röschen hatte die Grazie einer Bulldogge. Ihre
Augen waren rot, ihre Tränensäcke waren der Schwerkraft
gewichen, so dass sie wie zwei Lappen auf die Wangen
klatschten. Ihr Mund, über dem ein borstiger Frauenbart wuchs,
entblösste eine Reihe gelblich-brauner Zähne. Unter ihrem Kinn
wölbte sich eine Fleischwulst, als sie ihn anlächelte.
     
Auf ihrer linken Wange prangte eine riesige braune Warze, auf
der einzelne schwarze Haare sprossen und in ihrer
Wuchsrichtung auf die große, grobschlächtige Nase hinwiesen,
aus deren Löchern ebenfalls Haare lugten.
     
Sie trug einen fettigen Dutt auf ihrem Kopf, der von einer
geschmacklosen und zerfledderten Rose verziert wurde.
     
Angesichts einer solchen Fülle von Abartigkeiten bestellte sich
Geilenbrügge zunächst einen doppelten Scotch, nahm Platz und
verbot sich für den Rest des Abends einen Blick auf Fräulein
Röschen.
     
Der Graf bemühte sich um eine charmante Konversation mit
Lisbeth von der Klampfe. Sie war seit einem Jahr Witwe, lebte
in einem großen Haus in Zürich und hatte von ihrem Mann, der
ein Industrieller gewesen war, ein beachtliches Erbe bekommen.
Sie lebte eher zurückgezogen, mit gelegentlichen Besuchen
einer entfernten Cousine ihres Mannes, eben jenem lieben
Fräulein Röschen, welches ihr so ans Herz gewachsen sei in
dieser schweren Zeit. Als Dank für ihren Beistand hatte sie sie
zu dieser Kreuzfahrt eingeladen.
     
Geilenbrügge entging nicht, dass ihm Cousine Röschen während
seiner Unterhaltung mit Lisbeth von der Klampfe anzügliche
Blicke zuwarf. Zunächst meinte er, sich vertan zu haben, als er
jedoch unter dem Tisch einen Fuß an seinem Hosenbein spürte,
aber die Beine von Lisbeth von der Klampfe übereinander
geschlagen waren, wurde ihm kurzzeitig übel.
     
Schließlich würde er das Cousinchen künftig in Kauf nehmen
müssen, denn sein Entschluss, Lisbeth von der Klampfe nicht
nur zu verführen, sondern sie auch zu seiner Angetrauten zu
machen, stand schon nach wenigen Stunden für ihn fest.
     
Als der Abend sich dem Ende neigte, verabschiedete sich der
Graf höchst zufrieden von seiner Tischdame, ohne es zu
versäumen, ihr ins Ohr zu raunen, wie sehr er sich über ein
baldiges Wiedersehen und ein ›Stell Dich ein‹ zu Zweit freuen
würde. Lisbeth von der Klampfe
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