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Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall

Titel: Nachtgefieder • Laura Gottbergs siebter Fall
Autoren: Felicitas Mayall
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duckte sich keuchend und versuchte ihren Atem zu beruhigen. Jetzt waren auch die beiden da, eine Tür wurde aufgerissen, jemand hineingestoßen, die Tür fiel wieder zu. Die andere Person kam jetzt um den Wagen herum auf die Fahrerseite, dorthin, wo Laura kauerte.
    Sie konnte kein Risiko eingehen, steckte ihre Waffe weg, presste sich eng an den Wagen und schlug mit aller Kraft zu, als der Mann vor ihr auftauchte. Er ging in die Knie, kam wieder hoch, seine rechte Faust schoss nach vorn und traf Laura an der Schulter. Sie fuhr mit der Hand unter sein Kinn und riss mit der anderen seinen Kopf zurück, versetzte ihm dann einen zweiten Schlag, gegen den Hals diesmal. Endlich sackte er in sich zusammen.
    Laura stieg über ihn hinweg, rannte um den Wagen herum und riss die hintere Tür auf. Verdammt, warum hatte sie keine Taschenlampe! Sie tastete am Wagendach entlang, fand endlich einen Knopf, und ein trübes Lämpchen flammte auf. Die Frau auf dem Rücksitz starrte sie an, gab wieder diesen bellenden Rehhusten von sich.
    Ihr Mund war mit Klebeband verschlossen, ihre Hände auf dem Rücken gefesselt.
    «Ganz still! Machen Sie keinen Mucks!», flüsterte Laura und riss mit einer schnellen Bewegung das Klebeband ab. Die Frau stieß einen kaum hörbaren Klagelaut aus, versuchte ihre Arme anzuheben. Ihre Handgelenke waren mit ebenfalls mit braunem Klebeband umwickelt. Es dauerte eine Weile, ehe Laura die Fessel entfernt hatte. Ihr Schweizer Messer steckte in ihrem Rucksack, und den hatte sie in Guerrinis Wohnung zurückgelassen.
    «Shit!», sagte die Frau plötzlich. «Che vergogna! Wie konnte ich nur so blöd sein?»
    «Raus aus dem Wagen. Wir müssen hier weg!» Laura fasste nach dem Arm der Frau, von der sie annahm, dass es sich um Isabella di Tremonti handelte – nur war es gerade kein günstiger Augenblick, sich gegenseitig vorzustellen.
    Nebeneinander rannten sie zu den Olivenbäumen hinüber, deren Äste bis zum Boden hingen. Im Schutz der Zweige blieben sie stehen und schauten zum Wagen zurück. Der Mann, den Laura niedergeschlagen hatte, war offensichtlich wieder zu Bewusstsein gekommen und zog sich am Kühler des Fahrzeugs hoch. Als er auf den Beinen stand, rannte jemand den Fahrweg vom Haus herauf, rief flüsternd: «Sono io! Andiamo! Subito!»
    Eine Frauenstimme? Die Person blieb knapp vor dem Mann stehen, schien ihn zu umarmen … Laura konnte es nicht genau erkennen, aber es sah wie eine Umarmung aus. Dann erklang ein dumpfes «Plopp» und ein zweites. Der Mann brach in die Knie und fiel zu Boden.
    Isabella di Tremonti stieß einen unterdrückten Schrei aus, die Gestalt beim Wagen fuhr herum und starrte in Richtung der Olivenbäume. Isabella presste eine Hand vor den Mund, während Laura ihre Pistole umfasste.
    Weiter rechts begann ein Käuzchen zu rufen, so unerwartet und laut, dass beide Frauen zusammenzuckten. Ein gefiederter Schutzengel, dachte Laura.
    Eine halbe Minute noch lauschte die Person neben dem Fahrzeug, dann schien sie beruhigt, stieg ein und ließ den Motor an. Als sie losfuhr, hatte Laura die Vorstellung, dass Reifen über den Mann am Boden hinwegrollten, und sie schloss für eine Sekunde die Augen.
    Es hatte keinen Sinn, auf den fahrenden Wagen zu schießen, er war zu weit entfernt, selbst wenn sie hinterherrannte, würde die Reichweite der Pistole nicht ausreichen. Deshalb versuchte sie, mit ihrem Handy Tommasini zu erreichen, schaffte es erst beim dritten Versuch, schilderte knapp die Situation.
    «Ihr müsst den flüchtenden Wagen erwischen! Irgendwer wird sich hoffentlich mit den Feldwegen Richtung Monte Amiata auskennen!»
    Kurz darauf rannten die ersten Polizisten mit großen Taschenlampen vom Hauptgebäude des
Vita divina
zu ihnen herauf und beugten sich über den leblosen Körper am Straßenrand. Laura und Isabella di Tremonti standen noch immer unter den Zweigen der Olivenbäume, die im Mondlicht silbern glänzten.
    «Das war ein eiskalter Mord, nicht wahr?», murmelte Isabella.
    «Ja, das war ein eiskalter Mord.»
    «Shit!»
    «Ja, Shit!»
    «Wie in einem Mafiafilm.»
    «Wie in der Wirklichkeit.»
    «Es ist Ennio, der Kellner.» Isabella di Tremonti drehte sich zur Seite und würgte. Laura aber sah Angelo vor sich und wie er zusammenbrach. Sie musste sehr tief atmen, um sich nicht ebenfalls zu übergeben.
     
    Der Morgen begann gerade zu dämmern, als D’Annunzio Laura und Isabella di Tremonti nach Siena zurückfuhr. Die Nebelbänke hatten sich inzwischen so sehr verdichtet, dass
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