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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
Autoren: Myrna E. Murray
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bisschen leid und so biete ich meine Hilfe an. Gute Frau hin oder her.
    „ Wo möchten Sie denn hin?“
    Berta dreht sich zu mir um. „Ach, gute Frau, ich kann das nicht mehr so gut lesen. Meine Augen sind nicht mehr das, was sie mal waren, und ich habe meine Lesebrille im Koffer.“
    „ Lassen Sie mich einmal draufschauen.“
    Berta reicht mir ihre Bordkarte.
    „ Sie haben eine Suite ganz hier in der Nähe“, sage ich und gebe sie ihr zurück. Herbert kommt aus dem Fahrstuhl und dessen Türen schließen sich lautlos.
    „ Was für ein Glück, dass wir Sie hier getroffen haben.“ Herbert lächelt mich an. Sein Gesicht ist liebenswürdig und er strahlt in seinem Anzug eine würdevolle Ruhe aus.
    Ich drehe mich halb um und zeige auf einen Gang.
    „ Schauen Sie, da oben stehen die Kabinennummern, und hier“, ich zeige auf das gläserne Anzeigenschild zwischen den Fahrstühlen, „hier sind die einzelnen Decks des Schiffes aufgeführt. An den dick gedruckten Zahlen können Sie sehen, wo Sie sich genau befinden.“
    Berta strahlt mich an. „Das ist ja phänomenal, wie Sie das so schnell erkannt haben. Vielen lieben Dank.“
    „ Och, das ist nur ein bisschen Orientierungssinn.“
    Herbert schaut sich um. „Ob wir das wiederfinden?“
    Ich lächele ihn an. „Das wird ganz einfach.“
    Er mustert mich interessiert und plötzlich ist da etwas in seinem Blick, das mich kurz irritiert innehalten lässt. Aber dann ist es auch schon wieder fort. Ich ziehe den Schiffsplan aus meiner Tasche.
    „ Diesen Plan finden Sie in Ihrer Suite“, erkläre ich. „Dort sind alle wichtigen Dinge eingezeichnet, wie zum Beispiel die Kabinen.“ Langsam falte ich den Plan auseinander. „Wenn Sie Ihre Kabine gefunden haben, machen Sie dort am besten ein Kreuz auf dem Plan und nehmen diesen immer mit, wenn Sie die Kabine verlassen. So können Sie immer wieder problemlos zurückfinden.“
    Berta scheint mich für ein Weltwunder zu halten, so fasziniert schaut sie mich an. Bevor sie etwas sagen kann, fällt Herbert ihr ins Wort.
    „ Vielen Dank für den Tipp, das wird uns beiden eine Menge Mühe ersparen. Nicht wahr, Berta?“
    Diese strahlt mich immer noch an. „Vielen Dank für Ihre Freundlichkeit. Das hat man ja nicht mehr so oft heutzutage.“
    Wenn ich könnte, würde ich jetzt rot werden. „Ach, keine Ursache.“
    Berta bewegt sich etwas unsicher auf den Flur zu, den ich ihnen gezeigt habe. „Komm jetzt, Herbert. Ich möchte unsere Suite sehen. Ob sie wirklich so komfortabel ist, wie die Dame im Reisebüro gesagt hat?“
    Bestimmt, jeder hat eine klimatisierte Röhre für sich ganz allein, schießt es mir durch den Kopf und ich verpasse dem Comedydämon auf meiner Schulter einen mentalen Maulkorb. Nicht jetzt. So bin ich wirklich nicht erzogen worden, und außerdem scheinen die beiden alten Leutchen wirklich nett zu sein.
    Herbert dreht sich nochmal zu mir um. „Wohnen Sie auch auf diesem Deck?“
    „ Ja, jedoch in einem anderen Teil. Ich bin gerade dabei das Schiff zu erkunden. Die Überfahrt dauert ja doch ein paar Tage.“
    Herbert nickt. „Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen dabei. Bei uns dauert das wohl noch eine Weile.“
    „ Kommst du, Herbert?“
    „ Ja, Berta – gleich!“, ruft er zurück. „Meine Frau ist manchmal etwas ungeduldig.“
    Ich winke ab. „Kein Problem.“
    Er reicht mir die Hand. „Also junge Frau, es war sehr nett, Ihre Bekanntschaft zu machen. Vielleicht sieht man sich ja noch einmal wieder. Mein Name ist Fröhlich. Herbert Fröhlich, zu Ihren Diensten.“ Er macht eine kleine Verbeugung und ich bin wirklich gerührt.
    „ Christa Ashton, Sir. Es ist mir eine Ehre.“ Wir verabschieden uns voneinander und ich schaue Herbert nach, wie er mit langen Schritten den Gang hinuntergeht. Herbert und Berta Fröhlich. So schnell kann man Freunde finden.
     
    Der Fahrstuhl bringt mich in die Lobby oder vielmehr zum oberen Teil der Lobby auf Deck 3. Von hier aus führen zwei geschwungene Treppen hinunter zu Deck 2. Ich komme mir vor wie in „Titanic“. Was das wohl für ein Gefühl ist? Wie Kate Winslow in einem wahnsinnig schicken roten Kleid die Treppe hinabzuschreiten und dabei die gesamte Aufmerksamkeit von seinem persönlichen Leonardo DiCaprio zu erhalten? Na gut, es müsste nicht wirklich Leonardo DiCaprio sein. Aber vielleicht Antonio Banderas oder wie wäre es mit Johnny Depp? Ich kann ja schon mal üben, und auch wenn die Treppe nicht ganz so prunkvoll ist wie die Treppe der Titanic, reicht
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