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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
Autoren: Myrna E. Murray
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sie doch für meine Ansprüche.
    Hoheitsvoll schreite ich die Stufen hinunter – zumindest versuche ich es und stolpere fast. Man sinkt doch ein wenig ein in den dicken roten Teppich. Das sollte ich noch üben – vor allem wenn ich die Treppe auf High Heels meistern möchte und nicht nur in flachen Ballerinas. Etwas unmajestätischer, dafür aber sicher komme ich im unteren Teil der Lobby an, schaue mich um und lasse mich dann treiben. Ich flaniere gemütlich einfach meiner Nase nach und lande vor einem Wegweiser, der mich vor eine kleine erste Entscheidung stellt. Wohin nun? Zu meiner Linken liegt das Empire Casino, gefolgt vom Britannia Restaurant, das sich über zwei Decks erstreckt und vom Gallery und Images-Deck umsäumt wird. Das äußere Deck hat je zwei separate Eingänge, so dass man einen Rundgang machen könnte. Das hebe ich mir aber für später auf, denn linker Hand weist mich ein Schild auf das Royal Court Theatre und dahinter das Planetarium Illuminations hin. Das finde ich erstmal um Längen interessanter, also wieder zurück.
    Die Lobby und alles drum herum ist noch weihnachtlich geschmückt. Kein Wunder, denn das Christenfest und die angrenzenden Feiertage liegen erst wenige Tage hinter uns. Zwei, um es genau zu nehmen, und in vier Tagen wird das neue Jahr dann eingeläutet werden. Also nicht mehr allzu viel Zeit, eine passende Begleitung für die große Silvestergala zu finden. Auf, auf, ermahne ich mich. Keine Zeit verschwendet und frisch ans Werk. Aufmerksam beobachte ich die Menge. Nach wie vor sind es sehr viele ältere Menschen, die nicht in mein Schema passen. Genau genommen müsste ich mich ja an diese, als meine natürliche Altersgruppe, halten. Dazu besteht aber rein äußerlich schon kein Anlass.
    Plötzlich stehe ich vor einer breiten Flügeltür, vor die eine dicke rote Kordel zwischen zwei vergoldeten halbhohen Pfosten gespannt ist. Ein dezentes Schild teilt mir mit, dass sich dahinter das Royal Court Theatre befindet. Eigentlich ist es geschlossen, aber uneigentlich bin ich wahnsinnig neugierig und beschließe die Kordel zu ignorieren. Zwei Schritte später drücke ich vorsichtig die Klinke hinunter und die Tür lässt sich erstaunlich leicht öffnen. Einen Blick über die Schulter werfend versichere ich mich, dass mich niemand beobachtet, und schlüpfe hinein. Etwas Verbotenes zu tun hat schon immer einen besonderen Reiz auf mich ausgeübt. Ich bin einfach ein böses Mädchen – an dieser Wahrheit komme ich nicht vorbei. Nicht dass es mich stören würde, aber manchmal muss ich mich einfach daran erinnern. Bevor ich mich umsehen kann werde ich mit viel Hallo und einer Menge spanischer Flüche von einer vierschrötigen Putzfee hinausgeworfen. Sie schwingt einen ohrenbetäubenden Staubsauger. Ich kann zwar nur ein paar Floskeln Spanisch, schaffe es aber mich zu entschuldigen und verlasse das Theater wieder. Na schön, dann also doch in Richtung des Casinos.
     
    Auf halber Strecke passiere ich erneut die Grand Lobby und mein Blick bleibt an zwei Männern an der Rezeption hängen. Hallo, ja, schick – wen haben wir denn da?
    Einen blonden Hünen im cremefarbenen Designeranzug und einen dunkelhaarigen, wenn auch etwas unscheinbareren, Schlipsträger mit modischer Brille. Mein Instinkt sagt mir, dass es der Blonde ist, an den ich mich halten sollte.
    Scheinbar unbeteiligt und fasziniert von dem Anblick der Freitreppe schlendere ich auf die beiden zu und verfolge den Wortwechsel, den der Blonde mit der Rezeptionistin führt.
    „ Das ist absolut inakzeptabel, Miss.“ Seine Stimme ist dunkel und hat einen leichten Akzent. Vielleicht ein Engländer? Es liegt nicht nur natürliche Autorität darin, sondern auch die absolute Gewissheit unfehlbar zu sein. Ich kenne diese Tonart. Sie ist nur denjenigen Menschen zu eigen, welche der Überzeugung sind, dass sich mit Geld alles regeln lässt und jeder seinen Preis hat. Es sind nicht seine Worte, sondern vielmehr ein Gesamtpaket aus Intonation, Ausstrahlung und dem einen oder anderen Geldschein, der unauffällig den Besitzer wechselt. Er ist ein Spieler; vergleichbar mit einem Turniertänzer, und dieser hier beherrscht den Takt absolut perfekt.
    „ Ich habe diese Reise vor zwei Wochen gebucht, Miss. Sind Sie sicher, dass Sie nichts im Computer haben?“ Er lächelt sie smart an und ein zusammengefalteter kleiner Gegenstand wandert ganz unauffällig über den Tresen.
    Die Dame am Empfang reißt die Augen einen Moment lang empört auf, und
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