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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
Autoren: Myrna E. Murray
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sich derweil um alles andere. Aha. Was auch immer „alles andere“ ist. Achselzuckend mache ich mich daran genau dies zu tun. In meinem jetzigen Zustand geht alles nur sehr langsam vonstatten.
    Während ich unter der Dusche stehe und zu erkunden versuche, wie lange ich noch brauchen werde, um wieder ganz genesen zu sein, geht ein leichtes Zittern durch das Schiff. Anscheinend werden wir langsamer. Das heißt, dass wir unser Ziel beinahe erreicht haben, oder? Fast bilde ich mir ein, dass sich die Luft verändert und nun mehr nach Salz und Tang zu riechen beginnt. Aber das ist absurd bei der klimatisierten Frischluftzufuhr und so beachte ich die Manöver des Schiffes nicht weiter.
    Vielmehr konzentriere ich mich auf die verblassenden Wunden an Bauch, Hüften und Beinen. Die Bauchwunden sind gut verheilt und nur noch als leichte Flecken erkennbar, ebenso die an der Hüfte. Einzig meine Beine machen mir noch Sorgen. Sie sehen aus, als wäre ich in eine schwere Kneipenschlägerei geraten – und das ohne selbst schwere Stiefel zu tragen. Ein undenkbares Szenario, aber es ist ja auch keine wirkliche Schlägerei gewesen.
    Nun ja, die Dinge liegen meistens anders, als sie scheinen. Mit dieser banalen, aber allumfassenden Wahrheit bewaffnet steige ich aus der Dusche und wickele mich in ein Handtuch. Ein letztes Mal in diesem kleinen, wenn auch recht luxuriösen Bad duschen und ein letztes Mal in dieser Kabine ankleiden. Aber was? Meine Koffer stehen gepackt neben Alex’ Koffern und fordern mich zu einer raschen Entscheidung auf.
    Einen Blick aus dem Fenster werfend, kann ich in nicht allzu weiter Ferne bereits die ersten Schemen einer hell erleuchteten Skyline erkennen. Festland – na endlich! Meine Laune steigt und mit dieser Motivation trete ich leise summend an meine Koffer heran. Das Outfit für meinen Landgang ist schnell gewählt und so betrachte ich mich zufrieden im Spiegel. Es ist nichts Besonderes, sondern praktisch.
    Ein Klopfen an der Tür, dann betritt Nicole das Zimmer. Sie sieht ein wenig mitgenommen aus – und übermüdet. Dennoch setzt sie ein Lächeln auf und begrüßt mich respektvoll.
    „ Guten Morgen, Nicole.“ Langsam lasse ich mich auf einen Stuhl sinken und sie setzt sich mir gegenüber.
    „ Wie fühlen Sie sich?“
    Ich lege den Kopf schief und sehe sie müde an. „So, als hätte mich jemand überfahren.“
    Ein kleines Lächeln auf ihren Lippen. „ Er hat mir prophezeit, dass Sie so etwas sagen würden.“
    Wieder ein Lächeln meinerseits. „Wir kennen uns schon eine Weile.“
    „ Ich weiß.“
    Schweigen, gefolgt von einem leisen Gähnen meinerseits.
    „ Haben Sie Hunger?“ Ganz leise ist ihre Frage und doch habe ich sie gehört.
    „ Ich könnte etwas vertragen, ja“, gebe ich unvermittelt zurück, könnte mich dann aber doch ohrfeigen.
    Sie hebt einen Arm und hält mir ihr Handgelenk hin. „Bitte, es macht mir nichts aus.“
    Einen Moment mustere ich sie und lehne dann ab. „Vielen Dank, Nicole. Sie haben genug getan. Das würde er mir nicht verzeihen.“
    Sie zieht sich zurück und sieht mich dann fest an. „Er hat gesagt, ich soll Sie zu ihm bringen, wenn wir angekommen sind.“
    Mein Herz schlägt einen Moment höher, dann fällt mir etwas ein. „Alleine?“
    Sie schüttelt den Kopf. „Nein, Sie beide, wenn Sie es wünschen.“
    Ich nicke langsam. „Ich wünsche es. Aber wie sollen wir so schnell nach London kommen?“
    Sie lächelt mir zu. „Er ist nicht mehr in London, er ist in Hamburg.“
    Jetzt bin ich erstaunt. „Wie kommt das?“
    Sie setzt einen überlegenen Gesichtsausdruck auf. „Kurz nachdem ich ihn über Ihr Verschwinden informiert habe, ist er abgereist und wartet nun bei einem Freund auf Sie.“
    Bei einem Freund. Mir wird ganz anders. Also schön. „Ich habe keine Wahl, oder?“
    Sie schüttelt den Kopf und steht auf. „Wir werden vom Terminal abgeholt, bitte halten Sie sich bereit.“
    Ich nicke. „Selbstverständlich.“
    Sie steht auf und verabschiedet sich. Ich bin unschlüssig, ob ich Jason so schnell wiedersehen möchte oder nicht. Aber es bleibt mir anscheinend gar nichts anderes übrig.
    Also noch einmal die Koffer öffnen und meine Garderobe anpassen. Ich will mich ja nicht blamieren nach all den Jahren.
     
    Gerade als ich den Koffer schließe, ertönt das leise Geräusch des Türöffners und die Entriegelung öffnet sich. Alex steht in der Tür. Er sieht müde, aber zufrieden aus.
    „ Du bist ja wach“, begrüßt er mich freundlich, aber
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