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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
Autoren: Myrna E. Murray
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Dieser eine Satz bringt das Fass zum Überlaufen. Einfühlsam wie ein Schnellzug überrollt meine geistige Kraft seine Abwehrmechanismen und er erstarrt.
    Gleichzeitig reagiert mein Körper und springt nach vorne. Mit einem bestialischen und sehr endgültigen Brüllen stürze ich mich auf den großen, starken Mann, und bevor ich mich bremsen kann hänge ich an seinem Hals. Alex hinter mir erstarrt, als sein Blut wie ein heißer Quell in meinen Mund strömt.
    Es dauert nicht lange und ich lasse von ihm ab. Meine Instinkte sind einfach zu geschult, um hier ein Blutbad anzurichten. Benommen sieht er mich an, als ich mein Gesicht säubere und ihm eingebe, dass er sich wegen der langen Nacht unwohl und schwach fühle. Er müsse sich dringend hinlegen. Ansonsten habe er mich in die Obhut meines Anwalts entlassen, nachdem er sich davon überzeugen konnte, dass meine Wunden auf den ersten Blick schlimmer aussahen, als sie tatsächlich waren.
    Er bestätigt und ich entlasse ihn sowohl aus meiner körperlichen, als auch aus meiner geistigen Umklammerung. Heiß und kraftvoll strömt sein Blut durch meine Adern und weckt meine Lebensgeister. Das hätte ich schon viel früher tun sollen … C’est la vie.
    Mechanisch genau das wiederholend, was ich ihm eingegeben habe, bringt er die Schwester dazu, meine Entlassungspapiere zu unterzeichnen, und verabschiedet sich mit einem herzhaften Gähnen.
     
    Nur kurz danach sind wir wieder in meiner Kabine. Alex sieht mich an und richtet nun das Wort an mich. Es ist das erste Mal, seit wir die Krankenstation verlassen haben.
    „ Das war eine interessante Demonstration“, beginnt er langsam, während ich mich aufs Bett lege und es genieße, einfach nichts zu tun. Mein Blick wandert zur Decke und von dort aus ins Leere. Gleichzeitig spüre ich, wie die Kraft, die ich aus Mr. Morgan gewonnen habe, meinen Heilungsprozess weiter vorantreibt.
    „ Was hast du mit ihm gemacht? Ich meine, außer dem, du weißt schon …“
    Ich drehe meinen Kopf in seine Richtung. „Das gleiche, was ich auch mit dir tun könnte.“
    Wider nickt er. „Das dachte ich mir.“
    Er steht auf, streift Hemd, Fliege, Hose und Socken ab und legt sich neben mich. Die Matratze sinkt ein unter seinem Gewicht und für einen Moment starren wir beide zur Decke.
    „ Bin ich ein schlechter Mensch, wenn mich deine Natur nicht abstößt?“, erkundigt er sich nachdenklich.
    „ Diese Frage kannst nur du dir selbst beantworten“, gebe ich zurück, unfähig jetzt eine philosophische Grundsatzdiskussion zu führen.
    „ Wird Gott mich wohl bestrafen?“
    Ich verdrehe die Augen. „Gott hat damit so überhaupt nichts zu tun.“
    Er seufzt leise. „Hätte ich auch nicht gedacht.“
    Eine Weile schweigen wir.
    „ Wenn es dich beruhigt, ich habe mit vielen meiner Art gesprochen und einige waren sehr, sehr alt. Aber Gott hat noch keiner von uns gesehen.“
    Wieder seufzt er. „Das ist wohl Ansichtssache.“
    Nun seufze ich.
    „ Tut mir leid“, sagt er, während er sich zur Seite dreht und mich sacht küsst. „Ich dachte nur, es müsste doch irgendetwas geben, wie … Seelenflecken… oder so etwas. Irgendetwas, das erklärt, warum ich mich so zu dir hingezogen fühle – trotz alledem.“
    Jetzt erwidere ich seinen Kuss. „Keine Sorge“, flüstere ich an seinem Mund. „Wenn du welche bekommen solltest, kann ich es sehen.“
    Er brummt irgendetwas, doch das geht in den vorsichtigen Zärtlichkeiten unter, die wir austauschen, bevor der Tag mein Bewusstsein langsam eintrübt und wieder einmal nach und nach auslöscht.
     

 
     
    06.01.
     

 
     
    61. Perfect Gentleman
     
    Als ich erwache, fühle ich mich müde, aber nicht mehr ganz so zerschlagen. Vorsichtig höre ich in mich hinein und versuche zu ergründen, wie schnell der Heilungsprozess schon fortgeschritten ist. Er ist noch im Gange, jedoch deutlich langsamer als gestern. Ich, oder besser mein Körper hat also Fortschritte gemacht – sehr gut.
    Langsam strecke ich mich, und ja, da ist er: der Hunger. Obligatorisch nach dieser Anstrengung. Es könnte aber schlimmer sein. Langsam öffne ich die Augen und sehe mich um. Die Kabine ist leer, bis auf die gepackten Koffer. Vorsichtig steige ich aus dem Bett, umwickele mich mit der Tagesdecke und mache einen kleinen Rundgang. Wo ist eigentlich Alex geblieben?
    Mein Blick fällt auf einen der Stühle und dort finde ich endlich eine Nachricht von ihm. Sie besagt, dass ich mich frisch machen und dann ankleiden soll. Er kümmere
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