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Nachtbrenner

Nachtbrenner

Titel: Nachtbrenner
Autoren: Myra Çakan
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dich.«
    Fünf Kredits, für ’ne Fahrradrikscha. Auch ’ne Art, vorwärts zu kommen, auch ’ne Art, zu überleben in DWNTN. Der Fahrer mit Schutzcape und Filtermaske – kann nicht mal sehen, ob er jung ist oder alt, oder ein Killer, den die Uptown-Freaks auf mich angesetzt haben. Verdammt, werd ich jetzt auch noch paranoid, oder hab ich einfach Vorahnungen? Heute ist alles möglich.
    Sie wartet schon auf mich, geht ungeduldig an der Sperre auf und ab. Von Weitem sieht sie aus wie jemand, den man auf der Straße trifft, wie ein Bekannter, an dem man vorübergeht, weil man ihn nicht erkennt. Es ist nicht die Maske, die sie verändert, es ist etwas nicht Greifbares. So, wie alles nicht greifbar ist an diesem Fall, flüchtig wie Sternenstaub. Wirklich, ein treffender Name.
    »Wird auch Zeit«, fährt sie mich an.
    »Weiß Fraser, dass du so dringend nach Uptown musst?« kontere ich.
    »Verdammt, Donovan, keine Diskussionen.«
    »Wohin gehen wir?« Ich fasse nach ihrem Arm, halte sie zurück. »Antworte mir, Del. Ich bin es, deine Partnerin.«
    »’tschuldige«, sie klingt zerknirscht. »Bin etwas im Druck seit dieser Sache.«
    Wirklich komisch, ausgerechnet DelMonico, zeigt Nerven. Glaubt sie etwa, ich kauf die Nummer? Sie sieht müde aus, Augen rot, so als hätte sie die ganze Nacht auf ihren Monitor gestarrt. Was hat sie rausgefunden, was treibt sie an diesem miesen Morgen in die Uptown? Wohl mehr als ein kleines Gespräch mit dieser Cinthi Gover.
    Sie zieht mich an einen Kaffeestand, beobachtet die Vorbeigehenden. Die Straßen sind fast leer, nur eine Patrouille der Bürgerwehr. Sie geht zum Münzsprecher und drückt eine Nummer, spricht, nicht mehr als ein, zwei Sätze.
    »Wir müssen nach Hillside, sehen wir, dass wir den Zubringer kriegen.«
    Hillside, das ist Industriegebiet. Hillside, das ist immerhin eine Antwort. Doch warum erst nach Uptown? Schenk’s mir, DelMonico zu fragen, gibt sich verdammt mysteriös an diesem Morgen, will ihr nicht den Spaß verderben.

    Hillside, das ist wie ein Trip in die Hölle an einem Sommertag. Suchte da einer das fehlende Stück zur Uptown – komm nach Hillside Schwester, ich zeig dir was, zeig dir Armageddon.
    Industriepark, ein Wort, um dich in Sicherheit zu wiegen, von smarten Bossen erdacht. Gibt dir die Illusion von grünen Bäumen, Gras und Kinderspielplätzen, klingt soviel besser als Dioxin und Mutagene. Umweltverschmutzung, auch so ein Wort. Wer denkt da schon an verseuchtes Grundwasser, Krebstote. Schmutz, wozu gibt es denn all die super-fleckenlösenden Waschmittel, kein Problem. Die hatten es wirklich drauf, vor vierzig Jahren, die Leute zu belügen, war ’ne gute Schule damals für Bürgermeister Lane Warring. Industriepark, das ist jetzt Sperrbezirk, aus den Augen, vergessen, weißer Fleck, unbekanntes Gebiet. Was bleibt, sind Filtermasken und Schutzcapes, Smogalarm und Trinkwasserrationierung.
    Laufen schon über einen Stunde durch die Ruinen des stillgelegten Chemiekomplexes, durch das Gift von Generationen, vorbei an durchrostenden Fässern, vorbei an der Fabrikskantine. Lumpenbündel liegen neben alten Müllcontainern, Lumpenbündel, die atmen und sprechen.
    »Ich dachte, ihr kommt nie mehr.« Tränen- und dreckverschmiertes Gesicht, Cinthi Gover, die schöne, elegante Uptownerin. »Ich glaube, ihr kennt meine Schwester Shirette noch nicht –«
    Eine sabbernde und lallende Gestalt in schmutzigen, teuren »Ginzo Veldo«-Kleidern. Blicklose Augen, die in ein anderes, unfassbares Universum sehen.
    »Was ist passiert?«
    »Ich weiß es nicht.« Cinthis Stimme klingt emotionslos, sie steht unter Schock. »Ich bekam einen Anruf, mitten in der Nacht, der Monitor war abgeschaltet. Er sagte, Shirette sei in Schwierigkeiten, sagte, sie wollten sie loswerden, für immer. Er wollte nichts damit zu tun haben, nicht mit Mord, sagte mir, wo ich sie finden würde. Hier.«
    »Er?« fragt Del, Härte in der Stimme. »Sie?«
    »Die Stardust-Leute, vielleicht. Ich weiß es nicht. Ich will nach Hause, jetzt!«
    Gefährliche Untertöne, unterdrückte Hysterie dringt an die Oberfläche. DelMonico gibt mir Zeichen. Ich ziehe Cinthi auf die Füße, lege den Arm um ihre Schultern, murmle Tröstendes, wie zu einem verstörten Kind. Verdammt, was sollen wir mit diesem irren Junkie anfangen, wohin mit der ausgeflippten Schwester? Der Traumjob jedes Cops. Del spricht in ihr Walkterm, kann nur hoffen, dass sie die richtigen Kontakte hat. Die Sache kann uns mehr als nur den Job
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