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Nachtblüten

Nachtblüten

Titel: Nachtblüten
Autoren: Magdalen Nabb
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so. Hören Sie… darf ich rauchen?«
    Er schob ihr einen Aschenbecher hin. Als sie sich eine angesteckt hatte, maß sie ihn mit einem halb abwägenden, halb zutraulichen Blick.
    »Sie sind der einzige, der jemals gut zu mir gewesen ist. Darum wollte ich’s Ihnen selber sagen, bevor’s ein anderer tut. Und erfahren würden Sie’s ja doch. Ich geh wieder anschaffen.«
    »Was? Ich hör wohl nicht richtig? Und Mario?«
    »Ach Gott, Mario! Der ist jeden Morgen um dreiviertel acht losgedüst, und dann hätte ich seine Krümel aufkehren sollen und den Boden aufwischen, und mittags kam er wieder angeschlappt und erwartete, daß das Wasser für seine Pasta kochte, und dann gab’s ein endloses Gemeckere: Wieso sind keine sauberen Hemden im Schrank? Hast du die Flusen unterm Bett nicht gesehen? Wo ist der zweite Socken von dem Paar? Du hast schon wieder die Milch vergessen… Nein, nein, in dem Trott wäre ich erstickt. Also bin ich auf und davon.«
    »Zurück zu Ilir?«
    »Warum nicht? Er ist wieder draußen, und er will mich zurückhaben. Keine hat ihm soviel Kohle gebracht wie ich, und dafür hat er mir was geboten. Jeden Abend haben wir im Restaurant gegessen. Ich amüsiere mich gern, und ich hab Kunden, mit denen ich mich amüsieren kann, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich liebe Champagner und hin und wieder kleine Geschenke. Man ist nicht ewig jung, und ich vergeude nicht meine besten Jahre damit, die winzige Küche von einem pickligen Bürohengst zu schrubben und ihm die Socken zu waschen, bloß weil der Langweiler sich einbildet, er hätte ein Recht drauf, weil er so gnädig war, mich von der Straße zu holen.«
    »Aber was soll werden, wenn Sie nicht mehr jung sind?«
    »Na, dann ist sowieso alles vorbei, oder? Nutze deine Chance, solange die Kugel rollt, das ist mein Motto. Ich wollte halt bloß… Sie sollten es von mir selbst erfahren. Und denken Sie nicht, daß ich Ihnen nicht dankbar wäre. Ich weiß, Sie haben’s gut gemeint. Sind Sie jetzt sauer auf mich? Ja, nicht wahr?«
    »Nein, nein…«
    »Sie hätten allen Grund dazu. Ich geh jetzt lieber. Es tut mir leid, wegen Ihnen, meine ich, nicht wegen Mario, dem kleinen Arschloch – nur Ihretwegen. Ich weiß, Sie haben Ihr Bestes getan.«
    ›Setzt mir das auf den Grabstein‹, dachte der Maresciallo, während Dori in einer Wolke aus Zigarettenrauch entschwebte.
    Er wünschte, Giorgio wäre zu ihm gekommen, statt einfach unterzutauchen. Gjergj, das war sein richtiger Name. Man hörte nie wieder von ihm, aber der Maresciallo konnte ihn nicht vergessen. Vor allem dieser eine Satz blieb ihm aus irgendeinem Grund im Gedächtnis: Sie hatten ihm den blauen Pyjama angezogen, den er nicht mochte.
    War er heimgekehrt in den Kosovo? Die Kämpfe dort dauerten noch an. Wo er auch sein mochte, der Maresciallo wünschte ihm Glück.
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