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Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga

Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga

Titel: Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
Autoren: Angelika Röbel
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Band 1   

    Australien – Land der Hoffnung
    Ausweglos

    1934
    Der Wind brachte die eisige Kälte und wirbelte die Schneeflocken immer wieder auf. Der Friedhof lag auf einer kleinen Anhöhe, er war von Pappeln und Birken umsäumt. Unmittelbar vor hoch gewachsenen Tannenbäumen befanden sich zwei kleine Gräber. Freunde hatten gleich daneben eine weitere Grube ausgehoben. Trotz der Kälte waren viele Trauergäste aus dem Ort Jürgenstorf gekommen, um den kleinen zweijährigen Robert auf seinem letzten Weg zu begleiten.
    Franziska und Martin Winter trugen heute ihr drittes Kind zu Grabe. Ihnen ist nur die dreijährige Sabrina geblieben. Tränen rannen über ihre Gesichter. Martin drückte seiner Frau liebevoll die Hand und reichte ihr ein trockenes Taschentuch.
    Sabrina hatte heute Morgen gleich nach dem Aufstehen eine Blume mit einer großen Sonne für Robert, den alle liebevoll Robie nannten, gemalt. Sie legte das Bild auf den Sarg ihres Bruders. Der Vater beschwerte es mit einem Stein, damit es darauf liegen blieb.
    Als Pfarrer Thörel seine Rede beendet hatte, wurde der Sarg in die dunkle Tiefe gelassen. Franziska glaubte nicht, dass sie diesen Tag überstehen würde, aber der Gedanke an ihre kleine Tochter gab ihr wieder Kraft. Der Weg nach Hause war nicht weit, aber bei der Kälte und dem Schneetreiben war er doch anstrengend. Franziska bückte sich zu Sabrina und sah sie an. Sie schob ihrem Kind die blonden Locken unter die Mütze, damit die Haare nicht nass wurden. Sabrina sah sehr blass aus, und die blauen Augen schauten die Mama fragend an. Martin hatte die gleichen Augen, ein Blau, als blickte man auf den Grund des Meeres. Sabrina war sehr dünn, und der dunkle Wollmantel wirkte viel zu groß an ihr. Franziska nahm ihre Tochter auf den Arm und drückte sie fest an sich, weil ihr weiter nichts blieb als dieses Kind.
    Mathias starb zuerst. Er wurde nur ein Jahr alt und starb 1930 an Keuchhusten. Vor einem Jahr, auch im Januar, starb Maria im Alter von drei Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung, ebenso wie Robie. All das ging ihr durch den Kopf.
    Martin unterbrach ihre Gedanken: „Komm, Franziska, gib sie mir, sie ist doch viel zu schwer für dich.“ Er nickte ihr aufmunternd zu und nahm ihr das Kind ab. Schützend hüllte er die Tochter in seinen Mantel ein, damit der kalte Wind ihr nichts anhaben konnte.
    Franziska ging hinter ihrem Mann durch den tiefen Schnee. Was habe ich doch nur für einen guten Mann, dachte sie, er ist so lieb zu seiner Familie, voller Verständnis.
    Martin war etwas größer als Franziska, schlank und hatte das gleiche blonde Haar wie Sabrina, nur hatte er keine Locken. Die hatte dafür Franziska, allerdings war ihre Haarfarbe kastanienbraun. Auch sie war sehr schlank, man könnte schon sagen dünn.
    „Martin, was sollen wir tun, wir haben nun nur noch Sabrina. Was ist...?“ Sie sprach den Satz nicht zu Ende aus Angst, es könnte eintreffen. Sie klopften sich den Schnee von der Kleidung und betraten ihr kleines Haus. Es war kalt darin, Franziska sah sich um, als wäre sie zum ersten Mal in diesem Raum. An der gegenüberliegenden Seite vor dem kleinen Fenster stand ein Tisch. Groß genug für sechs Stühle, aber sie waren nur noch zu dritt. Links neben dem Tisch standen ein Kohleherd und daneben ein Schrank. Neben dem Ofen waren einige Holzscheite gestapelt und ein paar Briketts. Martin hatte sie heute Morgen hereingeholt. Dem gegenüber stand eine Kommode, gleich neben der Schlafzimmertür. Im Schlafzimmer befanden sich vier Betten. Morgen werden es nur noch drei sein, dachte Franziska, Martin wird das Bett von Robie rausschaffen, und Sabrina bekommt das übrige Federbett dazu.
    Martin zündete das Feuer im Herd und die Petroleumlampe an. Sie haben auch elektrisches Licht, aber es muss gespart werden. Keiner sprach ein Wort, jeder hing seinen Gedanken nach.
    Nur Sabrinas Stimmchen unterbrach die Stille: „Mir ist kalt, Mami.“
    Franziska wickelte die Kleine in eine Decke und setzte sie auf den Stuhl neben dem Ofen. „Bald wird dir warm Spätzchen, Papi hat schon Feuer gemacht.“
    Plötzlich klopfte es an der Tür.
    „Wer kann das sein?“, fragte Martin und ging, um sie zu öffnen.
    Doktor Wagner stand vor der Tür. „Ich wollte sehen, wie es euch geht“, sagte er und kam, ohne auf eine Aufforderung zu warten, in das Haus.
    „Was meinst du wohl, wie es uns geht – gut natürlich, sehr gut, ausgezeichnet“, sagte Martin etwas zu laut. Er wandte seinen Kopf ab, um
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