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Nachtblüten

Nachtblüten

Titel: Nachtblüten
Autoren: Magdalen Nabb
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von den alltäglichen Problemen eines reichen Mannes. Geldsorgen rangierten offenbar an erster Stelle. Jacobs grandiosen Pläne waren anfangs ganz gut aufgegangen. In den Nachkriegsjahren, unter der neuen republikanischen Regierung mit ihren verschärften Steuergesetzen und der Verstaatlichung brachliegender Ländereien, als der Florentiner Adel seine Besitztümer reihenweise abstieß, hatte er die Villa L’Uliveto zu einem Spottpreis erworben. Um sie zu erhalten, erheiratete er sich ein Vermögen, aber zu der Zeit, da er starb, reichte auch das nicht mehr aus, und in den letzten Jahren hatte Sir Christopher das Kapital des mütterlichen Erbes angegriffen, um seinen Lebensstandard auf dem Niveau halten zu können, das er seinen exklusiven Gästen bieten mußte. Seine einzige Alternative zum Bankrott war die Flucht in ein chronisches Leiden. Das betrügerische Triumvirat hatte, um im Bild zu bleiben, seinem Cäsar ein Reich abgerungen, dessen Mittel knapp dazu reichten, es in Gang zu halten, ohne daß eine Lira für die umfangreichen Restaurierungsarbeiten übrig blieb, die nach jahrzehntelangem Versäumnis überfällig waren. Und deren Ausführung der Gesetzgeber verlangte, da die Villa unter Denkmalschutz stand. Die drei waren schon seit langem in einer verzweifelten Lage. Sie mußten alles nur Erdenkliche zu Geld machen, einschließlich der Wohnungen in der Sdrucciolo de’ Pitti, und natürlich besonders die Werte, die sie von Sir Christophers mütterlichem Erbe abzweigen konnten, allen voran den Monet. Das letzte, was sie in ihrer Situation brauchen konnten, war eine uneheliche Tochter, die überraschend auftauchte und Anspruch auf den Nachlaß erhob. Der Staatsanwalt hatte prophezeit, daß ihr machiavellistischer Geist eine Lösung finden würde, nun, da sie Sir Christopher nicht mehr zu betrügen und sich keine Drohungen mehr auszudenken brauchten, um die arme Sara in die Flucht zu schlagen. Und er hatte recht behalten. Die Statuten der von Jacob gegründeten Stiftung sahen vor, daß die Villa nach Sir Christophers Tod als Fortbildungseinrichtung genutzt werden solle: ein dehnbarer Begriff, der sich leicht dahingehend auslegen ließ, daß künftig Prominente mit klingenden Namen sündteure Kurse für Leute abhalten würden, die genug Geld und Muße hatten, um die Villa mit der Klientel zu bevölkern, die dort auch früher schon zu Gast gewesen war. Was die Klausel anging, die die Ausund Weiterbildung begabter jüdischer Knaben, insbesondere in den schönen Künsten vorsah, so hatte man D’Ancona, den einzig überlebenden jüdischen Kurator, überstimmt, und die Klausel geriet in Vergessenheit. Der Maresciallo tröstete sich mit dem Gedanken, daß Jim, ein Überlebenskünstler, wie er im Buche stand, und natürlich sein Obergärtner auch weiterhin Roses Garten pflegen und nach jedem Regen getreulich dort Unkraut jäten würden. Sie hatte ihren Garten geliebt und ihn, ungeachtet der schmerzlichen Erfahrung, die sie dort erleiden mußte, in die Obhut derer gegeben, die ihn liebten und sie.
    »Finden Sie, daß der Wagen nach Zigarren riecht? Meine Frau denkt nämlich, ich hätte mit dem Rauchen aufgehört… jetzt sind wir gleich da. Ich muß sagen, Sie scheinen nicht allzu böse darüber, daß unser Schurkentrio mit einem blauen Auge davongekommen ist. Dabei haben Sie doch die ganze Kärrnerarbeit geleistet.«
    »Ich? Nein, nein… Außerdem: Der liebe Gott schlägt nicht mit dem Stock.«
    »Was? Wissen Sie am Ende wieder mal mehr als ich?«
    »Oh, nein! Ich weiß eigentlich gar nichts, nur ab und zu kommt mir ein bißchen Klatsch aus der Villa zu Ohren. Wie ich höre, beschäftigen sie immer noch ein paar Jungs, die aus irgendeinem Grund in Bedrängnis geraten sind, für einen Hungerlohn. Angeblich wird bei der Auswahl mehr Wert auf ein hübsches Gesicht gelegt als auf das Führungszeugnis, und das soll schon zu allerhand Zerwürfnissen geführt haben. Wenn das Wetter hält, werden die Jungs bald die Zitronenbäume rauskarren…«
    »Rauskarren… Oh, verstehe. Sie meinen, die drei werden auch ohne unser Zutun ihr Fett abkriegen.«
    »Sie hätten den jungen Kosovaren nicht rauswerfen sollen. Der war nicht mit Gold aufzuwiegen.«
    »Wo ist er denn hin, wissen Sie’s?«
    »Nein. Ich weiß nur, daß er furchtbar unglücklich war, weil sie ihn nicht mal bis zur Beerdigung bleiben ließen.«
    Sie durchquerten ein Dorf und nahmen am Ortsausgang eine kleine Straße, die talwärts führte, und kurvten von dort über
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