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Nacht über den Wassern

Titel: Nacht über den Wassern
Autoren: Ken Follett
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verziehen einander die Kränkungen der Vergangenheit. Sie trennten sich, aber sie wollten Freunde bleiben.
    Aus einer plötzlichen Eingebung heraus sagte Nancy zu Diana: »Würden Sie mir auch die Hand geben?«
    Die andere Frau zögerte nur einen Sekundenbruchteil, ehe sie »Ja« sagte. Sie schüttelten sich die Hände. »Ich wünsche Ihnen alles Gute«, sagte Diana.
    »Ich Ihnen auch.«
    Dann drehte sich Diana um, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, und ging in ihr Abteil zurück.
    Mervyn wandte sich Nancy zu. »Und was wird nun aus uns? Was sollen wir tun?«
    Nancy wurde klar, daß sie noch gar keine Zeit gehabt hatte, ihn in ihre Pläne einzuweihen. »Ich werde Nat Ridgeways Managerin für Europa.«
    Mervyn war überrascht. »Wann hat er dir das denn angeboten?«
    »Hat er nicht – aber er wird es tun«, meinte sie mit einem glücklichen Lachen.
    Sie hörte einen Motor aufheulen. Keiner der riesigen Motoren des Clippers – sondern eine kleinere Maschine. Ob es das Marineboot war? Nancy sah aus dem Fenster.
    Überrascht stellte sie fest, daß das Boot der Gangster die Leinen vom Clipper und dem kleinen Wasserflugzeug losgemacht hatte und sich nun mit zunehmender Geschwindigkeit entfernte. Aber wer stand am Steuer?
    Margaret gab Vollgas, um das Boot so rasch wie möglich aus der Nähe des Clippers zu bringen .
    Der Wind blies ihr das Haar aus dem Gesicht, und sie jauchzte vor Freude auf. »Frei!« schrie sie. »Ich bin frei!«
    Harry und sie waren gleichzeitig auf die Idee gekommen.
    Unschlüssig hatten sie im Gang herumgestanden, als der Ingenieur den Bootsführer die Treppe herunterbrachte und ins erste Abteil sperrte, wo bereits Luther festgehalten wurde. Und in diesem Augenblick war ihnen beiden der gleiche Gedanke gekommen.
    Die Passagiere und Besatzungsmitglieder waren vollauf damit beschäftigt, sich gegenseitig zu ihrer Rettung zu gratulieren. Niemand bemerkte daher, wie Harry und Margaret sich in den Bug hinunterschlichen und das Boot bestiegen. Der Motor tuckerte im Leerlauf. Harry hatte die Taue gelöst, während Margaret die Hebel und Schalter überprüfte: Alles genau wie auf Vaters Boot in Nizza! Es dauerte keine Sekunde, und sie waren auf und davon.
    Margaret konnte sich nicht vorstellen, daß sie verfolgt würden. Die vom Ingenieur angeforderte Marinepatrouille war mit der Verfolgung des deutschen U-Boots beschäftigt und gab sich wohl kaum mit einem Mann ab, der in London ein Paar Manschettenknöpfe geklaut hatte. Und wenn die Polizei aufkreuzte, so hatte sie alle Hände voll zu tun, so daß wohl einige Zeit verstrich, bis sich irgendwer den Kopf über Harry Vandenpost zerbrach.
    Harry kramte in einem Schrank herum und fand ein paar Seekarten. Nachdem er sich eine Zeitlang in sie vertieft hatte, sagte er: »Die meisten Karten sind von den Gewässern in der Nähe einer Bucht namens Black Harbour, die genau an der Grenze zwischen den USA und Kanada liegt. Ich glaube, wir sind gar nicht weit davon entfernt. Wir sollten Kurs auf die kanadische Seite nehmen.«
    Und kurz darauf fügte er hinzu: »Ungefähr fünfundsiebzig Meilen nördlich von hier liegt ein größerer Ort. Er heißt St. John. Dort gibt es einen Bahnhof. Fahren wir nach Norden?«
    Margaret warf einen Blick auf den Kompaß. »Ja, mehr oder weniger.«
    »Von Navigation habe ich keine Ahnung, aber wenn wir in Sichtweite der Küste bleiben, könnten wir eigentlich nichts falsch machen. Wir sollten so gegen Einbruch der Dämmerung da sein.«
    Margaret schenkte ihm ein Lächeln.
    Er legte die Karten beiseite, stellte sich neben sie ans Steuerrad und wandte den Blick nicht mehr von ihr.
    »Hm?« fragte sie. »Was gibt‘s?«
    Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Du bist so unglaublich schön«, sagte er. »Und du magst mich!«
    Sie lachte. »Jeder mag dich, wenn er dich erst kennt.«
    Er legte seinen Arm um ihre Taille. »Das ist vielleicht toll, mit einem Mädchen wie dir in einem Boot im Sonnenschein herumzufahren! Meine alte Mutter hat immer behauptet, ich wäre ein Glückskind – und sie hat recht gehabt, oder?«
    »Was machen wir in St. John?« fragte sie.
    »Wir gehen an Land, spazieren in den Ort hinein, nehmen uns ein Zimmer für die Nacht und steigen am nächsten Morgen in den ersten Zug.«
    »Wenn ich nur wüßte, wie wir an Geld kommen könnten«, sagte sie und runzelte besorgt die Stirn.
    »Ja, das ist ein Problem. Ich habe nur ein paar Pfund, und wir müssen Hotels, Fahrkarten, neue Kleidung und sonstwas bezahlen …«
    »Hätte
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