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Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Titel: Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende
Autoren: Glenda Larke
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* * *
    Brief des Feldforschers (Sonderbeauftragten) S. iso Fabold, Nationalforschungsministerium, Bundeshandelsministerium, Kell, an den Leitenden M. iso Kipswon, Präsident der Nationalen Gesellschaft für das Wissenschaftliche, Anthropologische und Ethnographische Studium nicht-kellischer Völker.
    Heutiges Datum, 7. – 2.Dunkelmond – 1793
    Lieber Onkel,
    hier kommt das erste der Päckchen, die ich dir versprochen hatte: die anfänglichen Gespräche mit einer Frau namens Glut Halbblut. Es handelt sich um eine bereits übersetzte Niederschrift unserer Gespräche, die ich in Begleitung eines Schreibers geführt habe – Nathan iso Vadim. Möglicherweise erinnerst du dich an ihn: Ich habe euch am Kai einander vorgestellt, als die K.S. Seeströmung gerade zu den Inseln des Ruhms auslief. Nathan und ich sind im Laufe der beschwerlichen Seereise gute Freunde geworden, und es hat sich herausgestellt, dass er mit seinen Sprachkenntnissen eine wertvolle Ergänzung für die Forschungsexpedition ist. Darüber hinaus erhielt ich tatkräftige Unterstützung durch Trekan iso Cothard, dem botanischen Assistenten der Expedition, der sich als überaus begabter Künstler entpuppte. Sämtliche Bilder, die diesem Päckchen beiliegen, stammen von ihm.
    Die Befragungen sind teilweise nachbearbeitet worden; so habe ich zum Beispiel sämtliche Fragen von mir gestrichen, um der Geschichte mehr Fluss zu verleihen. Natürlich habe ich dabei darauf geachtet, dass weder Inhalt noch Erzählstil der Befragten irgendwie beeinflusst wurden.
    Ich möchte das beigefügte Material als Grundlage für den ersten der beiden Berichte nutzen, die ich auf deine Bitte hin der Gesellschaft vortragen werde. Ich nenne ihn: Die soziale Lage auf den Ruhmesinseln vor der Zeit des Großen Wandels. Der zweite Bericht wird vermutlich lauten: Die Macht des Glaubens – die Rolle der Magie auf den Ruhmesinseln . Allerdings habe ich noch nicht damit begonnen.
    Das Fieber fesselt mich noch immer ans Bett, aber es geht mir von Tag zu Tag besser. Bitte richte Tante Rosris meinen Dank aus für die Sachen, die sie mir geschickt hat; ich nehme den Trunk zu mir und lese die Bücher!
    Stets
    Dein gehorsamer Neffe,
    Shor iso Fabold
    * * *

1
    Also, Ihr möchtet wissen, wie es damals auf den Ruhmesinseln zuging, ja? In der Zeit vor dem Großen Wandel, in den Jahren, bevor ihr Kellen auf uns aufmerksam geworden seid – und wir herausfanden, dass unsere Inseln nicht die einzigen im Ozean waren. Das war vielleicht ein Schock, kann ich Euch sagen! Aber das wisst Ihr ja.
    Hören wollt Ihr jetzt etwas ganz anderes. Etwas über unser Leben, ja? Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob Ihr da mit mir wirklich die Richtige habt; ich war eigentlich immer eher jemand, die entweder nachgedacht oder gehandelt hat, aber mit Reden habe ich nie viel Zeit vergeudet. Andererseits kannte ich die Inseln damals tatsächlich fast in- und auswendig, und selbst jetzt erinnere ich mich an das meiste davon besser als an das, was gestern geschehen ist. Noch bevor ich fünfundzwanzig war, war ich mindestens einmal in allen Inselreichen gewesen, abgesehen von den Dunstigen natürlich, die es damals nicht gegeben hat.
    Und doch fällt es mir schwer, den richtigen Anfang zu finden. Die Inselreiche haben sich damals noch viel mehr voneinander unterschieden als jetzt, müsst Ihr wissen: Sie alle hatten ganz eigene Umgangsformen und Verhaltensweisen, hatten auch einen anderen Blick auf das Leben. Die Leute, die auf den einzelnen Inselgruppen lebten, unterschieden sich sehr voneinander. Nach dem Großen Wandel herrschte mehr Gleichförmigkeit; nach Ankunft der Kellen sind die Unterschiede noch weiter verblasst.
    Vielleicht sollte ich mit den Wahrer-Inseln beginnen, denn sie waren der Mittelpunkt von allem. Ich ziehe es jedoch vor, mit einem Ort anzufangen, der gar kein richtiges Inselreich war: Gorthen-Nehrung. Genau genommen handelte es sich nicht einmal um eine richtige Insel. Sicher, es dauerte einige Tage, bis man der Länge nach an ihr entlanggesegelt war, aber ihre Breite war kaum der Rede wert; zu Fuß hatte man sie in weniger als einem Tag durchquert. An der Nordküste befand sich eine kleine Erhöhung, aber die Klippen überragten kaum den Hauptmast Eures Segelschiffs. Der Rest bestand aus nichts anderem als weißem Sand: Stellt Euch einen silbrigen Sandaal vor, lang und dünn mit einer kleinen Schuppe auf dem Rücken, dann habt Ihr Gorthen-Nehrung. Nicht gerade ein Ort, von dem man glaubt, dass dort
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