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Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Titel: Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende
Autoren: Glenda Larke
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Auster sein, nicht so glatt wie ihre Perle. Weich zu sein gefährdete meinen Traum, genügend Reichtum anzuhäufen und Geld zu haben, um mir die notwendigen Annehmlichkeiten und Sicherheiten zu erkaufen. Tränende Herzen waren selten reich. Schlimmer noch, in meinem Arbeitsbereich endeten sie allzu oft als Tote.
    Das Gebraute kam ziemlich rasch und wurde von einem Schankjungen gebracht, der mein Mitgefühl vermutlich noch mehr benötigte als Janko, sofern die blauen Flecken auf seiner Wange irgendeine Aussagekraft hatten. Ich lächelte ihn an, aber er zog den Kopf ein, knallte den Krug auf den Tisch und vergoss dabei einen Teil, ehe er so schnell wie möglich wieder wegschlurfte. Eigentlich war es gar nicht meine Art, andere Leute so zu verängstigen. Ich lehnte mich zurück und begann zu trinken und mich wieder im Raum umzusehen.
    Und begriff, dass die Überraschungen noch längst nicht vorbei waren. In diesem Moment nämlich kam die schönste Frau, die ich jemals gesehen hatte, die Treppe herunter. Sie war ein einziger Traum: blaue Augen, blonde Haare und goldfarbene Haut. Eine Cirkasin, natürlich. Eine derartige Hautfarbe gab es auf keiner der anderen Inseln. Sie konnte nicht sehr viel älter als zwanzig sein, und ihre Beine waren lang genug, um jeden der anwesenden Männer zum Sabbern zu bringen. Ihr kurvenreicher Körper zeichnete sich gerade deutlich genug ab, um sexuelle Wonnen zu verheißen, ohne direkt schamlos zu sein. Wie ich trug sie unscheinbare Reisekleidung, die aus einer Hose und einem darüber gegürteten langen Hemd bestand, aber bei ihr wäre es egal gewesen, was sie trug. Sämtliche Augen wandten sich ihr zu – und hörten nicht auf, sie anzustarren.
    Eingeschlossen ich selbst. Ich hatte nie vorgehabt, mit einer anderen Frau ins Bett zu gehen – will es auch jetzt noch nicht. Aber obwohl es nicht ihre sexuellen Vorzüge waren, die mich interessierten, schob ich den mir gegenüberstehenden leeren Stuhl mit dem Fuß in eine etwas einladendere Position und hoffte entgegen jeder Wahrscheinlichkeit, dass sie sich an meinem Tisch niederließ. Statt ihrer hockte sich jedoch ein Vogel auf den Stuhl, ein kleines, unbeschreibliches schwärzliches Wesen, das gerade herbeigeflogen kam. Der Vogel schien keinerlei Angst zu haben, legte erst den Kopf schief, um mich anzusehen, und musterte dann die Krümel auf dem Boden. Ich versuchte, ihn zu verscheuchen, aber er ignorierte mich.
    Die Frau blieb auf der untersten Stufe stehen und sah sich nach einem Platz um. So viel Auswahl gab es nicht: Da war der Stuhl bei meinem Tisch, einige leere Stühle bei dem Tisch des großen, breitschultrigen Mannes, ein anderer bei dem jungen Mann mit den gebogenen Wimpern. Der Vogel hüpfte auf dem Stuhlrücken auf und ab. Als ein Sonnenstrahl auf sein Gefieder fiel, schillerten seine Flügel tiefblau und seine Brust purpurrot, als hätte ein Seidenfaden das Licht aufgefangen.
    In diesem Moment traf mich eine so heftige Woge von bösartiger Dunkelmagie, dass ich beinahe würgte. Was ich vorher bei Janko gespürt hatte, war nichts dagegen, lediglich der Hauch eines vergangenen Zaubers, während das hier unmittelbar war. Jemand wirkte Dunkelmagie, an diesem Ort und in diesem Moment. Und wer immer das tat, war ganz sicher kein Anfänger, kein kleiner herumtingelnder Dunkelmagier mit einer geringfügigen Begabung. Nie zuvor hatte ich so viel Macht gespürt, und ich war mir auch nie zuvor der schieren Bösartigkeit der Dunkelmagie so bewusst gewesen wie jetzt. Es stank hier geradezu nach diesem Bösen. Ich stellte meinen Becher auf dem Tisch ab, um nicht den Inhalt zu verschütten, und zog mein Schwert in Reichweite.
    Etwas Rotglühendes huschte über den Boden, ungreifbar und verrottet, berührte uns alle mit seiner Fäulnis, während es zwischen den Stühlen hindurchlief und rötliche Flecken hinterließ, die wie blutige Scheißhaufen wirkten. Es kostete mich Mühe, meine Füße nicht wegzureißen, als es unter meinen Tisch und über meine Stiefel lief und sie mit Farbe befleckte. Da war der Drang, den Fuß heftig zu bewegen – als könnte ich mich so von dem Rückstand befreien, den es hinterließ –, aber ich widerstand der Versuchung. Besser, der Dunkelmeister – wer immer es war – wusste nicht, dass ich ihn sehen konnte. Oder sie. Einen Moment später riskierte ich einen weiteren Blick nach unten und sah, dass das rote Glühen auf dem Leder meines Stiefels rasch verklang. Ich verbarg meine Erleichterung darüber jedoch
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