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Nacht der Dämonen

Titel: Nacht der Dämonen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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Adept. »Die flammenhaarige Kriegerin. Ich ahne, was du vorhast, Tiamu – und es ist sehr gefährlich.«
    »In dieser Stadt zu leben, ist überhaupt sehr gefährlich für mich geworden, Sost.«
    »Tiamu – gestattest du, dass ich es für dich tue?«
    »Nein! Nein, ich kann es niemand anderen tun lassen. Ich muss es selbst machen. Das verstehst du doch, Sost, nicht wahr?«
    Sie blickten einander lange in die Augen und lasen sehr viel darin.
    »Warte hier«, bat der junge Priester. »In weniger als einer halben Stunde bin ich zurück mit dem, was du brauchst.«
    Er drehte sich um und schritt zu dem Tempelbau, in dem Uss’ Bibliothek untergebracht war, und die Worte des Propheten Muthsa gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf:
    Wenn ein Krieger kommt weit vom Norden her,
    mit langen Haaren wie rote Flammen …
    Ein unheimliches Prickeln rann Sosts Rücken entlang.
     
    Vorsichtig und um eine gleichmütige Miene bemüht, ging Tiamu durch Hefeis Palast. Falls jemand sie aufhalten und fragen sollte (obgleich das sehr unwahrscheinlich war), würde sie sagen, dass sie zu einer heiligen Verrichtung hier war. Eine solche Achtung wurde selbst den jüngsten Tempeljungfrauen entgegengebracht, dass ihre Worte von allen im Palast und in der Stadt als Wahrheit erachtet wurden. Für einen Palast war dieser hier nicht sonderlich groß, und Tiamu wusste, dass die Kerker im tiefsten Geschoß lagen, zwischen den Grüften und der Kanalisation. Sie ging zunächst an der Haupteingangshalle vorbei, am Audienzsaal und den rückwärtigen Räumlichkeiten, in denen das Palastgesinde untergebracht war, dann die Treppe zu einem tieferen Stockwerk hinunter, wo die Schatzkammer und Waffenkammer und Lagerräume waren. Ein weiteres Stockwerk stieg sie hinunter, bereits tief unter der Erdoberfläche, wo die großen Säle unbewacht blieben, so selten wurden sie benutzt, und noch tiefer zu einem Zwischengeschoß unter dem Nordflügel des Palasts. Die Fackeln flackerten hier düster an den kahlen Felswänden und den Trennwänden aus sonnengebackenen Ziegeln. Der Boden war feucht von unterirdischen Quellen und Tümpeln, und ein quälender Gestank herrschte hier vor, dazu eine Stille, die von nichts unterbrochen und immerwährend zu sein schien.
    Tiamu folgte einem kurzen Korridor, sehr breit, doch mit niedriger Decke, und kam zum Kerkerteil. Sie bog um eine Ecke und hielt mitten im Schritt an. Vor ihr, nur schwach von Fackeln beleuchtet, erstreckten sich links und rechts je eine Reihe schwerer Steintüren, zwanzig etwa, doch sie konnte sie nicht zählen, da sie sich zu beiden Seiten in der Düsternis verloren. In der Mitte des beleuchteten Teils stand ein niedriger Holztisch und darauf eine Öllampe. Dahinter saß ein ungeschlacht wirkender Soldat auf einer Steinbank. Seine Linke ruhte um eine halbvolle Weinflasche und seine Rechte um einen Becher.
    Tiamu wusste nicht recht, was sie tun sollte. Sollte sie in Mophis’ Namen verlangen, zu der Rothaarigen geführt zu werden? Sie wusste nicht einmal, in welcher Zelle die Frau gefangen gehalten wurde. Sollte sie vortäuschen, sich verirrt zu haben? Aber bestimmt würde selbst der dümmste Soldat gleich erkennen, dass sie log.
    Während sie noch unentschlossen überlegte, wurde ihr die Entscheidung abgenommen. Der Wächter, dessen Kopf bis fast auf die Brust gesunken war, als schliefe er, bemühte sich plötzlich, wieder munter zu werden. Er streckte sich, drehte den Kopf erst nach einer, dann der anderen Seite – und entdeckte Tiamu.
    Er erschrak, fasste sich jedoch schnell und ging auf das. Mädchen zu. Er lächelte, während er sie von Kopf bis Fuß musterte. Die schlanke Tempeljungfrau in ihrem kurzen weißen Kittel, mit dem goldgefassten Edelsteinschmuck, war ein höchst verlockender Anblick. Aber der Mann wusste, was ihm blühte, falls er sich einem von Mophis’ Zöglingen aufdrängte.
    »Was macht Ihr hier?« fragte er und blieb knapp vor ihr erst stehen.
    In ihrer Angst brachte Tiamu kein Wort heraus.
    Der Wächter lachte rau. »Fürchtet Ihr Euch vor mir, eh? Ich tu Euch nichts, so dumm bin ich nicht. Aber Ihr solltet nicht hier sein. Wie heißt Ihr denn?«
    »T- Tiamu.«
    »Wie der Name des Sterns, eh? Hübsch. Nun – was sucht Ihr hier?«
    »Ich – ich hörte, dass eine rothaarige Frau hier sei«, antwortete Tiamu verstört. »Und ich – ich wollte sie …«
    Ich will sie befreien, dachte sie wild, will sie gehen lassen, will sie zum Erdvolk schicken, weil sie stark genug ist, es zu besiegen, es
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