Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mythor - 074 - Das Fest der Masken

Mythor - 074 - Das Fest der Masken

Titel: Mythor - 074 - Das Fest der Masken
Autoren: Giesa Werner K.
Vom Netzwerk:
die Handelswaren untergebracht waren, war auch Mythors Zimmer aus harten Pflanzenfasern angefertigt. Zimmer war dabei noch reichlich untertrieben. Es war ein Raum von respektabler Größe, fast schon ein kleines Haus, und mehrfach unterteilt in Aufenthaltsraum, Schlafraum, eine kleine Küche und sogar ein eigener Baderaum. Das Wasser wurde durch Pflanzenadern herangeführt, die sich durch die mächtigen Blätter zogen und überall angezapft werden konnten. Dies, hatte Mythor bei der Einquartierung anerkennend festgestellt, ersetzte mühsames Pumpen. Sich in einer solchen großen Blume einzurichten, besaß durchaus Vorteile.
    Das Material wurde aus alten Blättern gewonnen, die austrockneten. Die Fasern verhärteten und ließen sich sehr gut bearbeiten. Sämtliche Blätter in allen „Stockwerken“ waren bebaut, und zuweilen wurde auch in ein noch lebendes Blatt hineingearbeitet. Auch der Pflanzenstock, der sich unterwärts in ein tief reichendes und umfangreiches Wurzelwerk entwirrte, wurde bearbeitet und ausgehöhlt. In ihm wohnten die Hanquonerinnen, die mit der Lumenia durch die Weltmeere zogen. Der Pflanzenstock konnte beliebig ausgehöhlt werden, solange der durch seine Mitte bis nach oben ragende Lebensstrang nicht verletzt wurde.
    Mythor trat ein. Ein Vorhang war beiseite gezogen, und auf Mythors Bett hatte Gerrek sich ausgestreckt und döste mit übereinandergeschlagenen Beinen vor sich hin. Irgendwie hatte er auch noch seinen Schwanz durch die Beine geschlungen und verknotet.
    „Wie du siehst, habe ich mich in der Tür geirrt“, begrüßte der Beuteldrache den Eintretenden. „Aber es macht mir nichts aus.“
    „Mir schon“, stellte Mythor fest. „Raus aus meinem Bett.“
    „Ach, du wolltest doch jetzt ohnehin noch nicht schlafen“, murrte Gerrek. „Laß mich noch ein wenig träumen.“
    „Wovon träumst du denn?“ wollte der Gorganer wissen und lehnte sich an die Trennwand.
    „Von der Blütenpracht, die uns umgibt. Was meinst du, wie herrlich es wäre, hier zwischen den vielen Blumen Hand in Hand mit einer Beuteldrachin zu lustwandeln und alle Schönheiten und Annehmlichkeiten des Lebens zu genießen…“
    „Quyl behüte“, murmelte Mythor. „Ein Beuteldrache reicht vollkommen. Noch einer von deiner Sorte… nein, mein Lieber.“
    „Du weißt nicht, worüber du lästerst“, behauptete Gerrek. „Du bist ein Mensch, du hast unzählige deiner Art um dich herum. Ich aber bin der einzige. Und da Gaidel tot ist, wird es kaum möglich sein, mich wieder zurückzuverwandeln. Also laß mich träumen.“
    Mythor schwieg, nachdenklich geworden. Im Grunde war Gerreks Schicksal tragisch, auch wenn er nach außen immer wieder als Spaßmacher auftrat und durch sein tolpatschiges Benehmen Verwirrung stiftete. Dabei war Gerrek ein prächtiger Kamerad. Er hatte eigentlich ein besseres Schicksal verdient, als sein Leben lang. In dieser komischen Gestalt herumzulaufen.
    „Sag mal“, murmelte der Beuteldrache nach einer Weile. „In der Nordwelt, aus der du kommst… da gibt es doch auch Magier?“
    Mythor nickte.
    „Meinst du“, fuhr Gerrek fort, „daß es einem von ihnen gelingen könnte, mich zurückzuverwandeln?“
    Der Gorganer schluckte. „Ich weiß es nicht“, gestand er. „Ich glaube, die Wahrscheinlichkeit ist nicht größer als hier in Vanga. Versprich dir nicht zu viel davon. Du könntest enttäuscht werden.“
    „Ja“, nickte Gerrek. „Ja… aber ich kann träumen und hoffen. Nimm mich mit, wenn du nach Gorgan zurückkehrst.“
    „Ich will es versuchen“, sagte der Sohn des Kometen. „Aber es kann noch lange dauern…“
*
    Im Lauf des Tages kamen sie noch mit anderen Personen zusammen. Die Hanquonerinnen erwiesen sich als überaus gesprächig und verrieten gern alles Wissenswerte über die Lumenia.
    In der Tat war diese Lichtblume die älteste, von der man wußte. Andere waren erheblich jünger; wenn es hoch kam, hatten sie fünf Blütezeiten hinter sich gebracht. Auf den Meeren von Vanga schwammen viele von dieser Pflanzeninseln, und eine große Zahl davon war bewohnt. Zu seiner Überraschung mußte Mythor erfahren, daß Hanquon trotz ihrer vielen Blütezeiten durchaus nicht die größte Blume war. Offenbar schienen Wachstum und Alter nicht unbedingt übereinzustimmen.
    Jede der elf Stufen besaß eine Höhe von etwa drei Körperlängen. Die unterste Blattwerkplattform durchmaß etwa zwanzig Körperlängen, die oberste gerade fünf. Dort oben wohnte die Erste Bürgerin. Alle
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher