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Mythor - 074 - Das Fest der Masken

Mythor - 074 - Das Fest der Masken

Titel: Mythor - 074 - Das Fest der Masken
Autoren: Giesa Werner K.
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Eindruck von ihr zu verschaffen. Sie war mittelgroß und sehr wohlgenährt, wirkte gemütlich und lachte auch hin und wieder zwischen ihren Erklärungen. Nach den vielen Amazonen, von denen die wenigsten Schönheiten waren, und den Hexen, bei denen man nie genau sagen konnte, was wirklich hinter ihrer Larve steckte, mit der viele sich umgaben, war sie ein immerhin erfreulicher Anblick. Sie trug ein buntes, weit fallendes Gewand, das ihre Körpermassen verdeckte und sie durch das Muster vielleicht auch ein wenig schlanker machte, als sie in Wahrheit war.
    Die Hanquonerinnen, so erklärte sie, hatten sich dem Handel verschrieben. Die Schwimmende Stadt kam weit herum in Vanga und bot immer wieder neue Abwechslung, neue Handelsware, interessante Tauschmöglichkeiten. Sie verhielten sich offen nach allen Seiten. Die politischen und magischen Auseinandersetzungen berührten sie nicht. Ihre Neutralität wurde daher überall hoch geschätzt, und so kam es, daß Hanquon nicht nur Handelsstadt war, sondern auch gern von Hexen und Zaubermüttern aller Richtungen und Auffassungen zur Übermittlung von Nachrichten und Botschaften benutzt wurde, hin und wieder auch Unterhändlerinnen von hier nach da und da nach hier brachte oder gar nur Geheimtransporte wichtiger Dinge oder Personen Verwendung fand.
    Es gab keine Schwierigkeiten, denn auf Hanquon regierte der Friede. Dafür sorgte das oberste Gesetz, das alle Streitigkeiten auf der Lumenia verbot. Es wurde grundsätzlich nicht gekämpft. Ehrenhändel wurden verschoben, bis die Schwimmende Stadt verlassen werden konnte. Das Gesetz war hart und die Erste Bürgerin in dieser Hinsicht unnachgiebig: Wer dagegen verstieß, wurde ohne Ansehen der Person und ohne Ausnahme dem Meer übergeben.
    „Das hörte sich alles ganz gut an, Bürgerin“, sagte Kalisse und schob das Kinn vor. „Aber… auf Gavanque wurden wir verfolgt, und es mag sein, daß Verfolger ebenfalls nach Hanquon kommen.“
    Mehr wagte auch sie in diesem Moment nicht anzudeuten. Salmei lächelte freundlich.
    „Hanquon darf von jedem betreten werden“, sagte sie. „Alle friedliebende Menschen finden hier Einlaß. Es gibt hier keinen Zwist, keine Verfolgung, keinen Haß. Nicht einmal Männerhaß, was euch verwundern mag oder auch nicht.“ Sie warf einen Seitenblick auf Mythor. „Wenn jemand eintrifft, der euch verfolgt, wird diese Verfolgung erst fortgesetzt werden, wenn ihr Hanquon wieder verlassen habt. Daran werden jene sich halten, und ihr auch.“
    So freundlich sie auch sprach, erkannte doch jeder die Unerbittlichkeit. Kalisse und Scida sahen sich an, dann nickte Scida. „Wir glauben und vertrauen“, sagte die alte Kämpferin.
    „Ich ersehe aus euren Worten, daß ihr längere Zeit auf der Schwimmenden Stadt zubringen wollt“, fuhr Salmei freundlich fort. „Ihr wollt euch vor der Verfolgung in Sicherheit bringen?“
    „Nein!“ sagte Kalisse hart. „Mit Verfolgern werden wir jederzeit fertig. Wir gedachten nur, hier zu reisen. Wir müssen nach Süden. Gestattest du unsere Reise, Bürgerin?“
    Salmei nickte. „Warum nicht? Überdies kommt ihr zu einem günstigen Zeitpunkt. Ihr werdet ein wunderbares Schauspiel erleben. Bald erblüht die Lumenia zum zwölftenmal. Für die Dauer der Blütezeit wird ein großes Fruchtbarkeitsfest gefeiert. Ich denke, ihr werdet euch nicht von der Teilnahme ausschließen. Aber davon später. Ihr reist alle?“
    Scida nickte. „Wir alle.“
    „Euer Schiff?“
    „Es wird zurückkehren“, warf Noraele ein.
    „So triff deine Vorbereitungen“, sagte die Erste Bürgerin. „Danach wird man euch eure Unterkünfte zuweisen. Ich bin sicher, daß es euch in Hanquon gefallen wird.“
    „Auch wir sind sicher“, sagte Scida, aber es klang nicht ganz überzeugend.
    Noraele ging zum Blattrand zurück. Ihre Hände beschrieben geheimnisvolle Zeichen in der Luft, und sie sprach Zauberworte. Ein paar ihrer lila Steine in den Ringen an ihren Händen leuchteten schwach auf. Es war Mythor, als flirre die Luft vor der im sechsten Rang stehenden Hexe.
    Dann setzte sich die leere Barke bedächtig in Bewegung. Löste sich vom Blatt und glitt schneller werdend durch die Lagune, um sie zu verlassen.
    „Die Traumranke wird nach Gavanque zurückkehren“, sagte Noraele erklärend und wandte sich wieder um. Ihre Steine leuchteten nicht mehr. „Sie wird dort wieder anlegen, wo sie startete.“
    Sie sahen dem entschwindenden Schiff nach. Eine Entscheidung ist gefallen, dachte Mythor. Was immer auch
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