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Mylady Adelshochzeit 01

Mylady Adelshochzeit 01

Titel: Mylady Adelshochzeit 01
Autoren: Mary Brendan , Mary Nichols
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schlüpfte sie in einen schlichten grauen Rock, eine weiße Bluse und ein schwarzes Jackett, das im Schnitt einem Herrenjackett glich und mit schwarzen Brustschnüren geschlossen wurde. Diese Kleidungsstücke trug sie, wenn sie sich um Geschäftliches kümmerte. Sie hatten den Vorteil, nicht zu männlich zu wirken, da sie ihre wohlgeformte Figur betonten, doch wirkten sie auch streng genug, um jeden wissen zu lassen, dass sie eine Geschäftsfrau war, die sich nichts gefallen lassen würde. Nachdem sie ihr widerspenstiges Haar zu einem Knoten aufgesteckt hatte, setzte sie einen Hut mit wippender Feder auf tauschte ihre Reitstiefel gegen schwarze Lederstiefeletten. So ausgestattet, kehrte sie nach unten zurück. Vor dem Haus wartete bereits die Karriole, und Charlotte fuhr sogleich damit ins Tal zu ihrer Baumwollweberei, die sich an einem schnell fließenden Seitenarm des Severn befand.
    Ein Jahr war sie von zu Hause fortgewesen, und in dieser Zeit hatte man ihre Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Weberei schleifen lassen. Die langen Arbeitszeiten, die es zu ihres Vaters Zeiten gegeben hatte, waren wieder eingeführt worden, und der Schulunterricht für ihre Arbeiter fand auch nicht mehr statt.
    „Wir hatten große Aufträge zu erfüllen“, rechtfertigte sich Mr. Brock, ihr Fabrikleiter, als sie ihn deswegen zur Rede stellte. „Es ging nicht anders, sonst wäre das Schiff nur mit halber Ladung ausgelaufen. Und das hätte ihr Vater gewiss niemals zugelassen.“
    Sie daran zu erinnern, was ihr Vater getan oder nicht getan hätte, war Brocks Art, gegen ihre Anweisungen aufzubegehren. Da sie ihn jedoch für die Führung der Weberei brauchte, achtete sie stets darauf, beim Durchsetzen ihrer Wünsche diplomatisch und umsichtig vorzugehen, denn nur allzu gut wusste sie, dass er sie insgeheim verachtete, weil sie eine Frau war. Als Besitzerin der größten Weberei der Grafschaft begegnete man ihr zwar mit gewissem Respekt, der indes stets mit unverhohlener Geringschätzung und Missbilligung gespickt war. Nach außen gab sie vor, sich nichts daraus zu machen, und trotzte allen mit hoch erhobenem Kopf.
    Wie üblich machte Charlotte auch an diesem Morgen einen Rundgang durch die Fabrik, schaute eine Weile zu, wie die Schiffchen über die Webstühle flogen, besprach mit dem Fabrikleiter die Produktionspläne und Aufträge, erledigte ihre Korrespondenz und erteilte ihre Anweisungen. Obwohl sie unverändert schien und man ihrem kühlen Äußeren nichts anmerkte, machte sich tief in ihrem Inneren ein flaues Gefühl des Unbehagens breit, als ob ein Damoklesschwert über ihr hinge, nicht gerade ein Unheil, aber doch etwas, das ihren wohlgeordneten Alltag durcheinanderbringen konnte. Sie musste nicht lange überlegen, um zu wissen, dass diese innere Unruhe auf die Ankunft des neuen Earl of Amerleigh zurückzuführen war.
    Auf dem Weg nach Hause fiel Roland auf, wie vernachlässigt alles wirkte. Die Hecken mussten geschnitten werden, die Gräben waren von Unkraut überwuchert, und die Cottages der Arbeiter wiesen Schäden auf. An der Dorfkirche hielt er an und ging zur Familiengruft. Der Name seines Vaters, erst kürzlich in den Stein eingemeißelt, war der letzte in einer langen Reihe. Vermutlich würde auch sein Name irgendwann hier stehen. Die morbiden Gedanken aus seinem Kopf verbannend ging er zurück zur Straße, wo Travers geduldig mit den Pferden auf ihn wartete. Nebeneinander ritten sie dem großen Herrenhaus entgegen, dessen hoch aufragende, mit Zinnen versehene Mauern immer wieder durch die Baumkronen hindurchblitzten.
    Das im 16. Jahrhundert von Rolands Urahn Harold Temple erbaute Haus lag inmitten eines Wildparks und thronte über dem Dorf, dessen Name es trug. Vielleicht war das Dorf auch im Laufe der Zeit um das Haus herum entstanden – Roland war sich dessen nie sicher gewesen. Jede Generation seiner Familie hatte das Gebäude immer wieder verschönert und noch prächtiger ausgestattet, nun aber machte es einen recht trostlosen, verlorenen Eindruck. Die Rasenflächen waren offenbar schon lange nicht mehr gemäht worden, die Blumenbeete und die mit Kies bestreute Auffahrt von Unkraut überwuchert. Eine Fensterscheibe war zerbrochen, und auch die abblätternde Farbe stach ihm förmlich ins Auge.
    Er ließ das Herrenhaus hinter sich und ritt den langen Pfad entlang, der durch den einst blühenden, gepflegten, nun aber verwilderten Garten hinunter zum Dower House führte. Das viereckige rote
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