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Mylady Adelshochzeit 01

Mylady Adelshochzeit 01

Titel: Mylady Adelshochzeit 01
Autoren: Mary Brendan , Mary Nichols
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1. KAPITEL

    1814
    Welch herrlicher Frühlingsmorgen für einen Ausritt, dachte Charlotte, während sie auf ihrem Pferd Bonny Boy durch den Park, der ihr Herrenhaus Mandeville umgab, hinüber zum höher gelegenen Wäldchen galoppierte. Sie war froh, der unerträglichen Hitze von Jamaika entkommen und wieder zu Hause in England zu sein.
    Zu ihrer Rechten erhoben sich sanft bewaldete Hügel mit Laubbäumen, an deren Zweigen sich bereits hier und da zartes Grün zeigte. Zu ihrer Linken trennten heidebedeckte Hänge Mandeville von Amerleigh. Die Heide stand noch nicht in Blüte, doch die Stechginstersträuche überzogen das Land mit buttergelben Tupfern.
    Seit dem Tod ihres Vaters vor zwei Jahren war Mandeville in Charlottes Besitz, ebenso wie eine Baumwollweberei im fünf Meilen entfernten Scofield, der Plantage in Jamaika und der „Fair Charlie“, ihrem Handelsschiff. Außerdem gehörte ihr auch die Bleimine auf dem Gelände, über das sie gerade ritt, obwohl diese inzwischen so oft überflutet worden war, dass sie kaum noch profitable Erträge erwirtschaftete. War all dieser Besitz die Opfer, die er von ihr forderte, wert?
    Und was hatte sie überhaupt geopfert? Ihre Kindheit vielleicht und wohl auch die Möglichkeit, zu heiraten und eine Familie zu gründen, denn ihr war bewusst, dass ihr Lebensstil auf Männer abschreckend wirken musste, weshalb ihr bisher auch nur verzweifelte oder gierige Glücksritter den Hof gemacht hatten. Doch mit solchen Mitgiftjägern wurde sie leicht fertig. Sie wollte den Bund der Ehe auch gar nicht eingehen, denn dies würde bedeuten, dass ihr gesamtes Eigentum in den Besitz ihres Gatten überginge. Dann würde ihr Gemahl sämtliche Entscheidungen treffen, und sie war nicht bereit, ihre Unabhängigkeit aufzugeben. Für niemanden. Einzig, dass sie für ihre Freiheit auf Kinder verzichten musste, reute sie. Nun, sie würde ihre Zuneigung eben den Kindern der Dorfbewohner schenken, wenn es auch nicht dasselbe war, wie ein eigenes Kind zu haben, das sie lieben konnte, wie nur eine Mutter es zu lieben versteht.
    Wäre ihre Mutter nicht bei der Geburt gestorben, wäre vielleicht alles anders gekommen. Sie hätte ihre Tochter gewiss in den gesellschaftlichen Konventionen unterwiesen, zu einer Dame erzogen und dafür gesorgt, dass sie einen passenden Gatten fand. Womöglich hätte sie auch Geschwister bekommen, einen Bruder, der die Nachfolge ihres Vaters antrat. So aber hatte ihr Vater sie stets wie einen Jungen behandelt. Sie hatte sich nichts daraus gemacht, dass er sie immer Charlie nannte, vielmehr sah sie darin nur einen liebevollen Kosenamen. Erst später war Charlotte klar geworden, dass sich ihr Vater geweigert hatte, sie als Tochter wahrzunehmen, weil er sich von ganzem Herzen einen Sohn wünschte, den er nach seinem Ebenbild formen konnte.
    Wahrscheinlich hat Vater mich dennoch auf seine Weise geliebt, vermutete sie, doch gesagt hatte er ihr das nie und ihr auch nie nur einen flüchtigen Kuss auf die Wange gegeben. Als kleines Kind überschüttete sie daher ihre Gouvernanten mit Zuneigung. Diese waren jedoch von ihrem Vater aufgrund ihrer Strenge und ihres praktischen Wesens ausgewählt worden, deshalb wurden ihre Liebesbezeugungen stets schroff zurückgewiesen. Bald schon hatte sie gelernt, ihre Gefühle nicht mehr zu zeigen, wenngleich sich die sanfte Seite ihres Wesens nie ganz unterdrücken ließ und sie leidenschaftliches Mitgefühl für die weniger Glücklichen empfand. Grausamkeit, gleich ob gegen Mensch oder Tier, war ihr fremd.
    Ermutigt durch ihren Vater, war sie im Laufe der Zeit eine furchtlose Reiterin geworden, hatte in den wirbelnden Wassern der Flüsse gefischt und konnte auch mit Pistole und Gewehr umgehen. Auch war sie sich nicht zu schade, bei Pferden, Schafen und Hunden Geburtshilfe zu leisten. Ihr Vater hatte außerdem Wert darauf gelegt, dass sie einen guten Geschäftssinn entwickelte und sich auf Buchhaltung und Rechnungswesen ausgezeichnet verstand, eine Fähigkeit, mit der sie Jacob Edwards, ihren Rechtsberater, und William Brock, den Leiter der Weberei, immer wieder verblüffte. Auch den Leiter ihrer Plantage in Jamaika hatte sie mit ihren Kenntnissen ziemlich überrascht.
    Charlotte war so tief in ihre Gedanken versunken, dass sie den Hufschlag des herannahenden Pferdes nicht hörte, und so traf es sie völlig unvorbereitet, als zu ihrer Rechten ein Reiter vor ihr aus dem Wäldchen preschte. Vor Schreck bäumte Bonny Boy sich auf, und sie benötigte all
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