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My Story - Streng geheim - Sechs Kuesse für Lulu

Titel: My Story - Streng geheim - Sechs Kuesse für Lulu
Autoren: Lara Anders
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machen!«
    Im selben Moment kam meine Mutter aus der Küche. Sie guckte fragend von mir zu Moritz und zurück. Ich zuckte nur mit der Schulter. Moritz grinste fröhlich.
    Â»Was immer ihr unbedingt mal machen müsst, müsst ihr jedenfalls auf später verschieben«, sagte meine Mutter. »Jetzt brauche ich erst mal jemanden, der schnell zum Supermarkt rüberläuft und mir ein paar Sachen besorgt.«
    Â»Ich kann nicht«, erklärte Moritz sofort. »Ich muss noch Flocke-Bilder aus der Zeitung ausschneiden und aufkleben. Das ist nämlich heute meine Hausaufgabe in Deutsch...«
    Â»Ich gehe«, sagte ich. »Aber gib mir zehn Minuten, ich muss eben noch ganz kurz was erledigen.«
    Aus den zehn Minuten wurde dann allerdings locker eine halbe Stunde. Und dann noch mal eine. Aber als ich endlich prüfend in den Spiegel guckte, fand ich das Ergebnis gar nicht mal so schlecht. Oder, anders ausgedrückt, ich war echt verblüfft, dass das wirklich ich sein sollte, die mir da ein bisschen schief entgegengrinste!
    Ich hatte gar nicht gemerkt, was sich in den Tiefen meines Kleiderschrankes so alles verborgen hatte. Okay, zugegeben, der Kleiderschrank von meiner Mutter war auch nicht so ganz unbeteiligt gewesen, und ihren Schminkkoffer würde sie wohl spätestens vor dem nächsten Theaterbesuch wieder mal ein bisschen auffüllen müssen, aber dafür konnte ihre Tochter jetzt auch glatt als Deutschlands neues Super-Model durchgehen …
    1. Haare hochgesteckt und eine Strähne bunt gefärbt
    2. alle Pickel mit einem Abdeckstift retuschiert
    3. ein bisschen Bräunungspuder aufs Gesicht und Rouge auf die Wangen
    4. Mascara auf die Wimpern und und einen Kajalstrich unters Augenlid
    5. Ohrgehänge wie Weihnachtsbaumkugeln
    6. Glitzertop, das die linke Schulter frei ließ
    7. Schottenkaro-Minirock über schwarzer Strumpfhose
    8. Chucks mit Kirschenmuster
    Fertig. Ansonsten beschloss ich, dem Schicksal einfach seinen Lauf zu lassen (also zum Beispiel ab sofort nur noch halb so schnippisch zu sein, wie ich angeblich war) und zu gucken, was passieren würde.

Der Anfang vom Ende
    D as Schicksal ereilte mich schon, als ich in meinem neuen Top-Styling aus der Haustür trat. Nein, ich rede nicht von dem grellen Sonnenlicht, das mir in die Augen sprang wie eine kreischende Horde Affen. Ich rede von dem Schatten, der sich da irgendwo in der gleißenden Hölle vor mir undeutlich abzeichnete. Ich kniff die Augen zusammen - der Schatten war ein Mensch. Ein dünner Mensch. Mit zwei dünnen Strichen als Beinen und zwei dünnen Strichen als Armen und einem kleinen Punkt als Kopf obendrauf. Das Strichmännchen starrte mich ungefähr zehn Sekunden lang an und begann dann zu reden.
    Â»Ey, alles klar?«
    Gleich darauf klatschte ein Spuckeflatschen auf die Fußwegplatten.
    Â»Ey, was geht?«
    Und noch ein Spuckeflatschen.
    Â»Siehst ja cool aus heute. Ganz anders als sonst. Hast du was vor, oder was?«
    Â»Muss Supermarkt«, antwortete ich und schob mich an dem Schatten vorbei. Inzwischen hatte ich das sprechende Strichmännchen auch als den Jungen aus dem Nachbarhaus identifiziert. Boris. Bislang hatte ich das Glück, nicht von ihm belästigt worden zu sein. Jetzt aber, als neues Super-Model, war das augenscheinlich völlig anders. Und dabei war Boris nicht nur einer der größten Spucker, die frei rumliefen, sondern vor allem absolut nervtötend. Wobei ich nicht genau wusste, was ich eigentlich schlimmer finden sollte, sein bescheuertes Türkendeutsch oder die Tatsache, dass er noch nicht mal Türke war, sondern so deutsch, wie man nur deutsch sein konnte. Mit allem, was an peinlicher Spießigkeit dazugehört. Ich hätte wetten können, dass sein Zimmer zu Hause jetzt schon haargenau so aussah wie das Wohnzimmer von seinen Alten. Schrankwand, Ledersofa, Flachbildfernseher, Playstation. Und genau ein Buch im Regal. Wahrscheinlich die Biografie von Boris Becker. Die er zur Konfirmation gekriegt hatte, weil seine Alten immer davon geträumt hatten, dass er mal Tennisstar werden würde. Obwohl er unter Garantie noch nicht mal gewusst hätte, wie rum er den Schläger halten sollte. Das Buch über Boris (den Tennisspieler, der seine Babys in Besenkammern machte) hatte Boris (der Spuckeflatschenspucker, der hoffentlich nie irgendwelche Babys machen würde) natürlich auch nie gelesen. Weil es fast hundert Seiten hatte.
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