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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)
Autoren: Matthias Falke
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Anzeichen der durchgestandenen Strapazen von uns abgefallen. Hellwach, mit tiefliegenden, aber glühenden Augen, saß sie an der Konsole des Hauptbedienplatzes. Ihre Finger flitzten über die sensorische Tastatur. Mit fliegendem Haar betätigte sie Schalter über und neben sich. Sie war endlich wieder in ihrem Element.
    Wie kleinräumig eine solche Galaxis war! Jennifer musste bereits den Warp drosseln, sonst wären wir über das Ziel hinausgeschossen. Etliche Wochen waren wir unterwegs gewesen. Und nun ging es um einige zehntausend Lichtjahre. In einer Minute rasten wir durch die äußeren, tangentialen Sektoren, tauchten unter einem Spiralarm durch und hielten auf den nächsten zu. Jennifer verzögerte die Oszillationen weiter. In gemächlichem Tempo bogen wir in vertraute Regionen ein.
    Der Sirius, die Centauri-Gruppe, Vega. Längst war unsere Geschwindigkeit auf einen winzigen Bruchteil der bisherigen abgesunken. Wir durchstießen die Oortsche Wolke und flogen in das Sonnensystem ein. Neptun drehte sich durch die Steuerbordscheibe. Der Titan hing als steingraue Sichel vor der größeren, aquamarinfarbenen. Jennifer stieß mich an und lenkte meinen Blick auf das Bild, das einmal den Ausblick von unserer Kabine auf der MARQUIS DE LAPLACE bestimmt hatte. Damals war es uns ein Symbol für die äußerste Verlassenheit und Weltentrücktheit gewesen, während es jetzt ganz heimelig war und nach Herdwärme roch.
    Wir wichen um ein paar Bogengrade aus der Ekliptik aus, um die Trümmerwolke, die der Sturz des Jupiter hinterlassen hatte, und den Asteroidengürtel zu unterqueren. Dann lag die Erde vor uns.
    Jennifer schaltete die Warpreaktoren ab und brachte uns auf einen hohen Orbit. Wir scannten die Umgebung. Von sinesischen Aufklärern keine Spur. Wir zweifelten zwar nicht daran, dass sie ihre Horchposten im Sonnensystem hatten und dass unsere Ankunft ihnen nicht verborgen blieb, aber in der irdischen Region selbst waren sie allem Anschein nach nicht präsent. Sie verzichteten, nach der Attacke auf den Jupiter, darauf, weiter in die Belange der Menschheit zu intervenieren. Was uns stutziger machte, war das Fehlen irdischen Funkfeuers. Die Menschheit hatte die Kommunikation über elektromagnetische Wellen verlernt. Oder sie hüllte sich in ein Schweigen, das von einer tödlichen Aura umgeben war. Oder sie war tot und ausgestorben. Jedenfalls durften wir nicht länger säumen. Möglicherweise war eine sinesische Warpraumsonde schon nach Sina City unterwegs, um unser Auftauchen zu melden. Es kam jetzt auf jede Stunde an.
    Wir zündeten die konventionellen Triebwerke, verließen die Umlaufbahn und tauchten mit glühenden Bugschilden in die Atmosphäre ein. Über dem Pazifik gingen wir in waagerechten Gleitflug über. Mit popeligen Mach zwanzig überquerten wir Mittelamerika, beziehungsweise das, was noch davon übrig war. Die Tsunamis hatten den Isthmus von Panama zu einer Meerenge erweitert. Amerika war zu zwei getrennten Kontinenten geworden. Wir flogen in die Karibik ein. Die kleinen Antillen waren verschwunden. Ebenso die Keys. Florida selbst war nur ein schmales, sichelförmiges Haff. Die Küstenlinie war vielerorts verändert, durch neuentstandene Buchten eingedrückt, wo die haushohen Flutwellen kilometertiefe Wunden ins Festland gefressen hatten. Im Tiefflug donnerten wir über Pensacola hinweg. Keiner verlor ein Wort, als wir an die Erlebnisse der dramatischen Nacht dachten, die wir vor langer Zeit, in einem anderen Leben dort zugebracht hatten.
    Immerhin, die Erdteile waren von Bestand. Die Ozeane waren in ihre Bette zurückgekehrt. Die Staubwolken, die die Einschläge aufgewirbelt hatten, hatten sich zerteilt und waren abgeregnet. Wir flogen über Mondlandschaften. Über tausende von Kilometern nur wüstenartige Öde wie nach einem verheerenden Vulkanausbruch. Auf Millionen Hektar waren die Wälder zerknickt und umgelegt. Sie wirkten aus der Luft wie das borstige Fell eines Untiers, dem ein Orkan die struppigen Zotteln gestriegelt hatte. Schweigend glitten wir über diese versengten Landschaften. Wir waren zu schnell, um Details wahrzunehmen, und hatten auch keine Zeit, uns damit zu beschäftigen. Hier und dort schienen kleine Siedlungen zu existieren. Vorsichtig und geduckt, wie in der Okkupation nach einem furchtbaren Krieg, eroberte menschliches Leben und Wirtschaften die großen Ebenen, die einstigen Kornkammern eines ganzen Planeten. Hier und dort schien helles Grün zu sprießen, als ob  der agrarische
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