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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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willen«, sagte Bel. »Charles, hör mir jetzt gut zu. Hast du die Bohnen
vor dem Kochen eingeweicht?«
    »Eingeweicht?«,
sagte ich. »Natürlich nicht. Wovon redest du?«
    »Was
meinen Sie?«, sagte Bel zu Mrs P. Mrs P warf die Hände in die Luft, drehte sich
um und redete aufgeregt Bosnisch. Oder was immer das war.
    »Sie waren
ziemlich hart«, sagte ich.
    Frank
zwinkerte mir zu. »Mordskater, was? Wie wär's mit'm kleinen Kick zum
Aufwachen?«
    »Was?«,
sagte ich, dann »oh«, als er einen Flachmann aus der Tasche zog. Der Gedanke,
mit meinen Lippen etwas zu berühren, das er schon berührt hatte, widerte mich
an. Aber ich hätte alles getan, um diese schrecklichen Schmerzen loszuwerden.
Also riss ich mich zusammen und trank einen Schluck sehr billigen Whiskys. Und
es funktionierte - Sekunden später übergab ich mich ausgiebig in einen
silbernen Champagnerkübel. Danach fühlte ich mich nicht mehr ganz so schlecht,
zumindest so gut, dass ich Bel um ein Wort unter vier Augen bitten konnte.
    »Charles«,
sagte sie, setzte sich aufs Bett und tätschelte mir die Stirn. »Wann wirst du
endlich lernen, dich nicht wie ein Idiot zu benehmen?«
    »Ja, ja,
schon gut«, blaffte ich sie an. »Erst will ich wissen, was hier gespielt wird?«
    »Was hier
gespielt wird? Wir sind nach Hause gekommen und haben dich auf dem Boden
gefunden. Du hast dich in Krämpfen gewälzt, also...«
    »Nicht
das, verdammt. Dieser Kerl, Frank, was macht der hier?«
    Bel lehnte
sich zurück. »Was meinst du?«, sagte sie.
    »Ich
meine, dass ich den Burschen heute das erste Mal zu Gesicht bekomme, und schon
bleibt er über Nacht. Nur weil Mutter weg ist, heißt das nicht, dass du aus
unserm Haus ein ... ein Bordell machen kannst.«
    Bel lief
puterrot an. »Was fällt dir ein?«, sagte sie kalt.
    »Ich denke
dabei nur an dich«, sagte ich. »Ich versuche dich von etwas abzuhalten, was du
vielleicht bereuen könntest. Einer von uns muss ja schließlich einen kühlen
Kopf bewahren.«
    »Mach dir
keine Sorgen, mein Kopf ist vollkommen kühl.«
    »Ach ja,
ist er das, trotz allem?«
    Bel stand
auf. »Was meinst du mit >trotz allem    »Ich
meine, dass du nicht gut drauf bist. Das hast du selbst gesagt, Bel. Du fühlst
dich einsam und bist sauer, weil du deine Freunde aus dem College nicht mehr um
dich hast. Du bist schon den ganzen Sommer so. Das ist ja auch absolut
verständlich. Aber irgendwann ist der Punkt erreicht, da muss man wieder
eingreifen ins Leben und sich in den Griff kriegen. Tatsache ist, dass vereinsamte
und todtraurige Menschen oft bei den falschen Leuten nach Hilfe suchen. Ihr
Verstand ist benebelt, und deshalb treffen sie diese grässlichen
Fehlentscheidungen...«
    Bel knirschte
hörbar mit den Zähnen. »Wie kannst du es wagen, so was zu sagen, Charles, und
dann auch noch davon auszugehen, du wüsstest, was ich fühle. Herrgott nochmal,
wenn mich irgendetwas dazu treibt, Fehlentscheidungen zu treffen oder etwas zu
tun, das ich mal bedauern könnte, dann...«
    »Ich denke
nur an dein Wohlergehen. Kannst du dich nicht einfach mal hinsetzen und eine
Sekunde zuhören?« Ein stechender Schmerz jagte mir durch die Eingeweide; ich
zuckte zusammen und presste mir die Hand in die Seite. »Wer ist dieser Frank?
Das ist doch die Frage, die wir uns stellen müssen. Was will er hier?«
    »Ich weiß, wer
er ist, und ich weiß, was er hier will, mich.«
    »Aber
weißt du, ob er... ? Ich meine, er könnte sonst wer sein, ein Serienmörder oder
ein perfekt verkleideter Supergauner, der hinter unserem Familienvermögen her
ist...«
    »Warum
führen wir immer wieder die gleichen Diskussionen?« Sie richtete die Frage an
die Decke. »Warum muss ich mir immer wieder das Gleiche anhören, wenn ich
jemanden mit nach Hause bringe? Hinterhältige Vorwürfe und Gejammere, bis ich
es nicht mehr aushalte. Das ist unerträglich.«
    »Nun ja«,
sagte ich. »Du hast eben einen unausgegorenen Geschmack...« Hastig, weil sie
drauf und dran war, mich zu schlagen, setzte ich hinzu: »Du bist eben ein
außergewöhnlicher Mensch, Bel, du verdienst Besseres.«
    »Noch vor
zwei Minuten, Charles, hast du mich mehr oder weniger deutlich eine
Prostituierte genannt.«
    »Das habe
ich nicht.«
    »Doch, das
hast du. Du hast gesagt, dass ich aus unserem Haus ein Bordell mache.«
    »So habe
ich das nicht gemeint«, sagte ich. »Ich habe nur gemeint, dass du, na ja, dass
du deine Zeit nicht mit solchen Schwachköpfen verplempern sollst. Ich weiß, wie
schwer es ist, den
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