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MUH!

MUH!

Titel: MUH!
Autoren: David Safier
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«Stronzo, Certino, Berlusconi …»
    Danach erzählte Radieschen, dass ihre Tante auch geraten hatte, eine schwere Wunde mit Ringelblumen-Brei einzureiben. Wir drei Kühe gingen daher los, mampften Ringelblumen, verarbeiteten sie in unserer Schnauze zu einem Brei und spuckten ihn dann auf das Bein des Katers. Dort verrieb ich ihn sanft auf der Wunde mit meiner Schnauze. Der Kater kommentierte dies seufzend: «Diese Brei wäre die ekeligste Sache, die ich in meine Lebe erlebte hätte, wenn es nicht hätte eben gegebe die Angepinkele.»
    Radieschen betrachtete sich das gelb eingeschmierte Bein des Katers und meinte: «Entweder hilft das …»
    «Oder?», wollte ich wissen.
    «Es ist mal wieder ein Beispiel für den albernen Humor meiner Oma.»
    Der Kater hörte das nicht mehr, er jaulte nur noch herzzerreißend: «Es tute mir leide, dass ich dich habe in Stich gelasse …»
    Dann wurde er ohnmächtig.
    «Wen hat er wohl im Stich gelassen?», fragte Radieschen neugierig.
    «Keine Ahnung», antwortete ich. «Und das ist jetzt auch nicht wichtig. Wir können ihn hier draußen nicht liegenlassen über Nacht.»
    Ich packte den Kater erneut mit meiner Schnauze am Fellkragen und trug ihn, während die Sonne hinter den Wolken unterging, in Richtung Stall. Mit jedem Schritt musste ich mehr an Champion und Susi denken, und der heiße, stechende Schmerz in meinem Herzen wurde wieder größer. Am liebsten hätte ich mich umgedreht und wäre nie wieder in den Stall gegangen, aber hier ging es um Leben und Tod. In seinem Zustand durfte er einfach nicht die Nacht im nassen Gras verbringen. Als wir vor die Tür traten, war mein Liebesschmerz so groß, dass ich mich fast schon nach Old Dog zurücksehnte, damit ich ihn verdrängen konnte.
    Aus dem Stall heraus kam uns der Bauer entgegen, er nahm keine Notiz von uns, ganz offensichtlich hatte er mal wieder diesen Scheißkorn getrunken, und murmelte nur: «Bald ist hier alles vorbei, bald ist hier alles vorbei.»
    Was genau vorbei sein sollte, war mir natürlich nicht klar, und es war mir in diesem Moment auch völlig einerlei, denn als wir durch die Tür traten, sah ich auch schon Champion. Beinahe hätte ich den Kater aus meinem Maul fallen lassen, weil mir richtiggehend schlecht wurde. Doch Champion ging mir aus dem Weg, fragte nicht nach dem Tier in meiner Schnauze, sondern respektierte meinen Wunsch, mir nicht mehr zu nahe zu kommen. Hilde merkte natürlich, wie es mir ging, und raunte mir zu: «Wenn du willst, mach ich ihn mit einem Tritt zum Ochsen.»
    Doch das wollte ich nicht. Ich wollte gar nichts mehr. Nur mich in meine Ecke des Stalles verziehen und in Ruhe weinen. In der Box legte ich den Kater auf das Stroh vor mir und beneidete ihn: Ich wäre jetzt auch gerne bewusstlos gewesen.
    Als es endgültig dunkel wurde, schliefen die anderen Kühe friedlich ein, und ihr Schnarchen wurde nur ab und an unterbrochen von Pups-Onkels Blähen. Für mich war es jedoch völlig unmöglich, ein Auge zuzumachen. Zum einem steckte mir die Begegnung mit Old Dog in den Knochen, zum anderen schwirrten mir die Bilder von Champions Susi-Besteigung durch den Kopf. Ich starrte durch das Stallfenster auf den Mond, der hoch und voll am Himmel prangte und den die Gotteskuh Naia einst, so wie es in den heiligen Liedern von uns Kühen besungen wurde, aus ihrem Käse geformt hatte:

Wie Naia den Mond erschuf
    Naia sah alles an, was sie gemacht hatte, und siehe, es hätte viel besser sein können. Gewiss, sie hatte viel Schönes erschaffen: die Schmetterlinge, die Blumen und das Gras. Anderes jedoch war ihr nicht so gut gelungen: das Unkraut, die Schweine, die Zecken. Da die Gotteskuh jedoch nicht übermäßig zur Traurigkeit neigte, freute sie sich über das, was sie geschafft hatte. Was wollte man schon groß erwarten nach nur sechs Tagen Arbeit?
    Mit einem Male brach jedoch die Nacht herein. Die Gotteskuh blickte in die Schwärze des Himmels und sah, dass sie nichts sah. Sterne und Mond hatte sie noch nicht erschaffen. Die Wesen, die Naias neue Erde bevölkerten, beschwerten sich bitterlich über die Dunkelheit. Schmetterlinge so sehr wie die Schweine, Singvögel so sehr wie die Otter. Nur die Fledermäuse waren froh, konnten sie doch mit den anderen Tieren im Dunkeln fröhlich Schabernack treiben.
    Um die Dunkelheit zu vertreiben, molk Naia sich selber und formte aus ihrer Milch einen unendlich großen Käse. Den schleuderte sie mit aller Macht in den Himmel und fortan prangte der Mond am Firmament und
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