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Muenchen Blues

Titel: Muenchen Blues
Autoren: Max Bronski
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reagiert man gern mal ein wenig über, nahm der Grüne den Faden wieder auf.
    Er zog meine Geschäftskarte aus seiner Reverstasche.
    – Der Herr Staatssekretär hatte die bei sich.
    Mir entging nicht, wie der Schüchterne mit geübtem Blick meine Wohnung förmlich abscannte, auf der Suche nach Auffälligkeiten und Spuren, von denen ich nicht wusste, worin sie hätten bestehen können. Die Situation war hochgradig absurd, aber ich hatte das sichere Gefühl, dass es besser war, wenn ich mich fügte.
    – Also bitte, sagte ich, sehen Sie sich ruhig in meinen Räumen um. Und dann erzählen Sie mir Ihre kleine Geschichte.
    Die beiden ließen sich nicht lange bitten. Alles ging fastgeräuschlos vor sich, da waren Spezialisten am Werk. Nach einiger Zeit waren sie wieder bei mir.
    – Alles bestens …
    – Keine Brieftasche, kein Handy gefunden, fragte ich süffisant.
    Schmerzliches Bedauern fältelte das Gesicht des Schüchternen.
    – Du meine Güte, darum kümmern wir uns nicht. Sehen wir denn aus wie Schutzmänner?
    – Hatte denn der Herr Staatssekretär ein Schriftstück bei sich, so eine Art Exposé, brachte der Grüne den eigentlichen Gedanken zur Blüte.
    – Eine Einladung zur Wiesn, zwei Visitenkarten, sonst null, erwiderte ich.
    – Ach herrje!, jammerte der Schüchterne.
    Gram schien ihn aufzuzehren. Jetzt wurde es mir doch zu bunt.
    – Und in welche Abteilung gehört ihr zwei denn?
    – Sie müssen entschuldigen, begann der Schüchterne, aber …
    Wieder übernahm der Grüne.
    – Waren Sie vielleicht auch auf dem humanistischen Gymnasium? Ich bin in Ettal zur Schule gegangen.
    – Nie, erwiderte ich.
    – Aber was Prätorianer sind, wissen Sie schon?
    – Sicher.
    – Na also, freute sich der Schüchterne.
    Das Frappierende an dieser Nullauskunft war, dass ich sie dennoch auszulegen versuchte. Man spürt einem Sinn hinterher, wo keiner ist. Das System da oben ist beschäftigt, undschon ist einem die Initiative entglitten. Wieder war es der Grüne, der das Gespräch zielgerichtet vorwärtsbrachte.
    – Nach Lage der Dinge können wir uns nur für Ihr couragiertes Verhalten bedanken. Der Staatssekretär in hilflosem Zustand. Durch K.-o.-Tropfen von den Beinen geholt …
    Das also war die offizielle Version.
    – … ausgeraubt …
    – … da haben Sie sicher Schlimmeres verhütet.
    Der Grüne gab mir die Hand, mit der Linken klopfte er mir auf die Schulter. Eine Geste, so golden wie ein Orden. Der Schüchterne nickte anerkennend und knuffte mich in die Seite. Ich hatte zwei neue Freunde gewonnen. Genau genommen drei, aber der dritte Mann wusste in seinem Alkoholdelirium noch nichts davon. Als sie weg waren, fiel mir zum ersten Mal ein, dass ich mich wenigstens nach dem Namen dieser perfekten Dienstsymbiose hätte erkundigen können. Aber wahrscheinlich hätte sich der Schüchterne Maier zwo und der Grüne Müller fünf genannt. Oder so ähnlich. Solche Leute kommen schon in Tarnanzügen auf die Welt.

3
    Ein paar Tage später lernte ich Traublinger kennen. Er fuhr in einem BMW mit getönten Scheiben vor meinem Laden vor. Die letzten Wiesntage waren angebrochen. Obwohl schon Oktober, war es untertags immer noch heiß. Erst abends wurde es empfindlich kalt. Traublinger war ein vierschrötiger Kerl mit dem Kampfhaarschnitt eines amerikanischen Marine. Seine Augen waren hinter blau verspiegelten Sonnengläsern von den Ausmaßen einer Ganzkörper-Skibrille verborgen. War auch besser so, denn seine Gesichtszüge verrieten nichts Gutes. Sie waren kantig und grob, wie mit einem Stechbeitel aus einem Holzklotz herausgeschlagen. Traublinger stieß derart wuchtig meine Ladentür auf, dass er beinahe die Glocke aus der Verankerung gerissen hätte.
    – Langsam, Freund, sagte ich.
    – Traublinger, erwiderte er barsch. Büro Hirschböck.
    Erwartungsvoll sah er mich an. Dann warf er ein in Papier gewickeltes Päckchen auf den Ladentisch. Kerle wie er machten mich aggressiv.
    – Ja was denn nun, fragte ich. Soll ich salutieren, oder gehen wir gleich zum Exerzieren in den Hinterhof?
    Traublinger streckte seinen Grobschädel über die Theke. Dabei hob er den rechten Arm an, um seine Achsel darzubieten.
    – Ha, ha, ha. Sie dürfen mich kitzeln, vielleicht lache ich dann.
    Ein ungutes Lüftchen wehte mich an. Typen wie Traublinger stehen bis zur Halskrause unter Testosteron. Sie tragen zwar frisch gebügelte Hemden, duschen dreimal täglich und rasieren sich ebenso oft. Aber das bringt nichts, sie riechen trotzdem büffelig,
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