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Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei
Autoren: Raphael Zehnder
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auch Galerien und Designgeschäfte und
Eigentumswohnungen im Stockwerkeigentum an die nichtsahnenden Bewohner heran,
in denen die Wirklichkeit wirblig herumrationalisiert. Sprich: Alles kommt her,
was das Leben schöner macht, man aber eigentlich gar nicht wirklich braucht.
Schwuppdiwupp bist du ein Alteingesessener, derjenige, welcher nicht die
richtigen Markennamen trägt und schätzt, also quasi ein Fossil aus früheren
Zivilisationsschichten und reif fürs Heimatmuseum. Dann stopfen die dich aus und
dort, wo man dich anschauen könnte, womöglich in einer Vitrine, damit
staubfrei, stehst du nun. Aber niemand kommt besichtigen. Warum? Weil die
Neuwiediker alle arbeiten müssen, ganze Zeit lang, um genug Batzeli zu haben,
damit sie in den neuen Galerien und Designgeschäften einkaufen können. Haben
sie kein Geld, geht es ihnen wie dir: Du wirst ein Fossil, stirbst aus und ab
in den Orkus.
    Trotzdem: Ist noch Heimat vom Müller. Weil er trägt
«Zürich» und «Wiedikon» ganz tief ins Herz hineintätowiert. Bildlich, weil
Polizei, da macht sich Tätowierung eher zweifelhaft.
    Doch wie gesagt: Manchmal stinkt es immer noch in
Wiedikon. Aber nicht so dramatisch im Vergleich mit Baltimore. Siehe
«Homicide». Oder sonst Dritte Welt. Gestank aus der Kanalisation im Sommer und
aus den Köpfen unabhängig von Jahreszeiten. Weil da drin brauen sich manchmal
Sachen zusammen, das glaubst du nicht, denn sie sind nicht schön, sondern
verbrecherisch. Und darum geht es hier: Wie bekämpfen wir von der Polizei das
Verbrechen, und was könnt ihr Bürger tun, dass es nicht mehr vorkommt? Weil wir
wollen es nicht. Es ist böse. Polizei und Verbrechen bilden den uralten Kampf
zwischen Höhlenbär und Säbelzahntiger, der hier unter veränderten Vorzeichen
seine blutige Fortsetzung findet, findet der Müller. Auch sein Freund, schon
seit der Polizeischule, der 110 Kilogramm stark beleibte Bucher Manfred,
teilt diese Einsicht, weil auch er ist von der Polizei und hocherfahren im
Grenzbereich. Und dem Müller sein anderer Freund Franz Schubert würde dem zupflichten,
wenn er, aber das hat er nicht, übers diesbezügliche Know-how verfügen würde,
weil er in einem ganz anderen Business tätig ist. Mehr so finanziell. Darüber
erfahren Sie später.
    Wie gesagt: Es ist Sommer. Nacht. Die von Samstag
auf Sonntag. Fast zu heiss, weil keine Abkühlung. Hitze steht. Luft zähflüssig.
    Ort: Jugendkulturzentrum «Dynamo», mitten in der
Stadt, zwischen dem in Fliessrichtung rechts steil aufragenden Hang, worauf das
«Dynamo» gepfropft ist (kein schöner Bau), und dem Flussufer der Limmat, die
Zürich teilweise durchfliesst. Fliesst sanft Richtung Nordwesten. Gurgelt
sanft. Aber sanft passiert’s nun nicht.
    Uhrzeit: spätnachts und mondlos. Ein Uhr nullnull
plusminus.
    Handlung: Zwei dunkle Gestalten, schemenhaft ihre
schwarzen Schatten. Glas? Flaschen? Was halten sie in den Händen?
    Und da: Ein Wortgefecht! Wir verstehen nichts, nur
Fetzen an unser Ohr. Männerstimme? Frauenstimme? Was sagen sie? Ruft jemand? Um
Hilfe? Oder röhrt am Neumühlequai ein Auspuff? Wirklich, wir verstehen nichts.
    Aber: ein Frauenlachen. Unzweifelhaft. Bricht jetzt
ab.
    Da! Plötzlich stösst Person A Person B übers
kniehohe Mäuerchen in den Fluss. Schwups.
    Ergebnis: Person B verschwindet im Strudel.
Schwarzes Wasser. Dunkles schwarzes Wasser. Undurchsichtig wie Hölle. Gurgelt
düster, fliesst unbeteiligt vorbei, kümmert sich nicht, schwemmt nur weg.
Gegenüber der Park, er vermutet nichts. Die Bäume wie tot. Würden schwitzen,
wenn sie könnten. Die Hitze staut. Wie das Wehr im Fluss gleich vorne dran am
Schauplatz.
    Doch: Kein Schrei und rein gar nichts, weil vermutlich
böse Überraschung, das alles.
    Und: die andere Person, also Person A, hastig weg.
    Fazit: Ja, so kann es gehen. Manchmal geht es so.
Schon brutal, eigentlich. Ja, das ist Zürich. Darum ermittelt der Müller. Ihm
stellen sich schlagartig alle Fragen der modernen Kriminalistik: Wer? Wann?
Wie? Und zum Abrunden: Motiv?
    Der Müller schläft aber zur selben Stunde in der
frühesten Frühe des Sonntags zwischen seinen Laken, genauer: in seinem Bett.
Ahnt nichts. Nackt, weil heiss, die Luft. Er weiss nicht, wie ihm geschieht und
was. Es träumt ihm etwas, aber nichts Schönes. Trotz Sommer. Es träumt ihm viel
wenig Schönes, ja noch schlimmer. Denn sein Trauma ist allgegenwärtig.
Schusswaffentrauma. Weil manchmal läuft etwas schief, sogar bei unserer
Polizei. Und das ist der Fall
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