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Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei
Autoren: Raphael Zehnder
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Zusammenfassung, Müller. Wenn es hinhaut, könnten wir Geld sparen, viel Geld, oder.«
    Weil ein Medium, das Verbrechen aufklären könnte, zum Beispiel in die Vergangenheit reisen und dort zu bestimmtem Zeitpunkt bestimmte Vorfälle beobachten, sich alles merken, Signalement abgeben, beim Zeichnen des Phantombilds behilflich sein, solche Sachen, das wäre billiger als eine Soko. Die kostet Löhne, Sozialabgaben, Unfallversicherung, Pensionskasse und Material. Ein effizientes Medium, das mit Hilfe seiner metaphysischen Begabung Tatortfotos oder Beweisstücke richtig interpretieren könnte, würde eine ganze Polizeieinheit überflüssig machen. Personalkosten senken.
    Der Chef hat nämlich immer das Controlling im Nacken. Die Controller haben es auf die Überstunden abgesehen. Du darfst offiziell keine machen, aber du musst trotzdem. Sonst Zusammenbruch öffentliche Ordnung. Bei vorbildlicher Budgetdisziplin von Wunderli und Gleichrangigen wäre die schöne Stadt Zürich ab Mitte Oktober polizeilos, weil das Stunden-Haben aller Polizeikraft bereits dann dem Stunden-Soll für die vollen zwölf Monate entspricht. Niemand dürfte mehr arbeiten, weil Mittel aufgebraucht. Das geht natürlich nicht, sonst bricht das Chaos über der Stadt Zürich herein. Aber wenn der Chef es zulassen würde, dass die Mannschaft übers Jahr so viele Arbeitstage verbuttert, müsste er zu seinem Chef, der zu seinem Chef, der zum Polizeikommandanten, der zum Polizeivorstand, der in den Gesamtstadtrat und der in den Gemeinderat, was das demokratische Parlament der Stadt Zürich ist. Und dann hast du den politischen Salat. Sie streiten links gegen rechts, und rechts gegen links streiten sie auch, schreien sich an, sagen sich viel Wüstes, und am Schluss findet man ein buchhalterisches Geheimrezept, damit es dennoch geht. Nach viel Hauen und Stechen. Intern, da dampft es manchmal ganz schön. Das weiss Peter Wunderli, das weiss auch der Müller.
    »Also …«, sagt der Müller, »… ich habe dem Medium vier Tatortfotos und eine Fälschung vorgelegt.«
    »Ja? Und was ist dabei herausgekommen?«, will der Chef hoffnungsvoll wissen.
    »Leider nichts. Ergebnis negativ. Eindeutig.«
    »100   Prozent negativ?«
    »Sagen wir … 95. Das Foto aus Niederhasli – der Tote hinter der Bushaltestelle. Diese Tat schrieb das Medium einem zufällig vorbeifahrenden Waffennarren zu. Das Opfer sei musisch sehr begabt gewesen und irrtümlich in diese Sache verwickelt worden. Sie wissen ja: Es war ein Beziehungsdelikt. Und musisch war das Opfer sicher nicht, sondern ein knochentrockener Ingenieur. Das Foto von der Bernerstrasse in Altstetten, mit den in einer Garageneinfahrt verstreuten Frauenkleidern. Da vermutet das Medium, es handle sich um ein Sexualverbrechen, das von einem etwa 190   Zentimeter grossen dunkelhaarigen Mann mit Migrationshintergrund begangen wurde, der ein Alkoholproblem hat, nahe an einer Migros-Filiale wohnt und vermutlich einen silbergrauen Wagen fährt. Das Foto ist vollumfänglich gestellt. Die Kollegen vom Wissenschaftlichen Dienst haben die Kleider dort ausgelegt –«
    »Und die restlichen Antworten? Auch so daneben?«
    »Leider ja, Herr Wunderli. Das taugt alles nichts. Wir bleiben also ganz naturwissenschaftlich und polizeilich.«
    Und jetzt muss der Chef sogar lachen, nutzt aber die Gunst der Stunde: »Sie können die Übung ›Medium‹ abbrechen, Müller. Haben Sie Energie für die Übung ›Schwein‹?«
    Da kann der Müller natürlich nicht anders, weil im Herzen ist er Polizeimann durch und durch. Nicht weil Befehl oder so, sondern aus Neigung. Und spürt natürlich, dass der Chef bewusst selbst anruft, damit der Müller merkt: baldige Wiederintegration in Polizeikorps von recht hoher Hierarchiestufe gewünscht. Sagt aber noch nicht Ja, weil will noch etwas wissen: »Sie sagten, das hilft uns beiden.«
    »Die Kostenstelle, Müller, die Kostenstelle … wie viele Tage Sie auch für die Schweinesache brauchen werden, das taucht nicht in der Arbeitszeitabrechnung der Abteilung Gewaltverbrechen auf, sondern auf dem Konto ›0600 Krankheit‹. Sie bekommen wie üblich Ihren Lohn, wir als Abteilung verbessern unseren Zeitsaldo und kriegen vielleicht einen Fall gelöst. Sie sind wieder Polizist ohne den ganzen Druck mit Papierkram und Rapporten und Pipapo. Sie können einfach arbeiten. Wie gesagt: Das hilft uns beiden.«
    Stimmt schon, denkt der Müller, sagt deshalb: »Ja.«
    Und Wunderli sagt: »Ich bitte Sie um grosse
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