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Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay

Titel: Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay
Autoren: Peter Schwindt
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Luntenfeuerzeug. Es war so wertvoll, dass er es mit einer kleinen Kette gesichert hatte. Mit ihm zündete er die Karbidlampe an.
    Mittlerweile war das Donnern der Lawine nur noch ein fernes Grollen. Die Schneemassen hatten den Eingang verschüttet. Juri drehte die Flamme höher, kämpfte sich hoch und schaute sich um. Sein Herz begann schneller zu schlagen, als er die Wände der Höhle genauer betrachtete. Unter dem abgelagerten Kalk waren sie so glatt, als hätte man sie poliert. Nur an manchen Stellen war die graue Substanz abgeplatzt. Darunter kam etwas zum Vorschein, was wie eine Mischung aus Rost und Grünspan aussah. An der Decke hatten sich armdicke Kalkstalaktiten gebildet.
    Diese Höhle hier war alt. Und sie war wie die Straße zweifellos von Menschen gemacht!
    Juri hielt die Lampe mit der blakenden, stinkenden Flamme über seinen Kopf und versuchte zu sehen, wohin die Höhle führte. Sie schien sich in gerader Linie tief in den Berg hineinzubohren. Vorsichtig setzte Juri einen Fuß vor den anderen und versuchte den Stalagmiten aus dem Weg zu gehen, die den Stalaktiten entgegenwuchsen. Er wollte etwas, was im Laufe der Jahrhunderte mühsam gewachsen war, nicht zerstören.
    Juri hatte so etwas noch nie gesehen, und dabei kannte er sich mit Stollen dieser Art aus. Die Minen von Horvik waren mit Muskelkraft und einfachen Werkzeugen in den Berg getrieben worden. Dampfhämmer konnten wegen der Kälte erst in großer Tiefe eingesetzt werden, da der Permafrost dafür sorgte, dass die Leitungen immer wieder zufroren. Erst in viereinhalbtausend Fuß Tiefe kletterten die Temperaturen über den Gefrierpunkt. Hier im Berg war es kalt. Und es wurde kälter, je weiter er vordrang. Wer immer sich durchdiesen Stein gegraben hatte, musste Maschinen zur Verfügung gehabt haben, die leistungsfähiger als alles waren, was Juri kannte. Aber warum hatte sich jemand die Mühe gemacht, so präzise zu arbeiten, wenn es sich nur um ein Bergwerk handelte? Wer hatte sich die Mühe gemacht, am Polarkreis so etwas zu bauen? Und vor allen Dingen: warum?
    Als sich schließlich eine riesige Kaverne vor ihm ausbreitete, lief ihm ein kalter Schauer den Rücken hinab, und der hatte ganz bestimmt nichts mit den eisigen Temperaturen zu tun.
    Wie auch der Gang war diese domartige Höhle eindeutig von Menschenhand geschaffen und dennoch waren hier einige Dinge anders. Die Kuppel war so riesig, dass sich der größte Teil in der Finsternis verlor. Im Schein der Karbidlampe sah Juri in den Wänden einige schwarz glänzende Krater. Er streckte die Hand aus und berührte sie. Sie fühlten sich kalt und glatt wie Glas an. Der Boden der kreisrunden Halle, die größer als alles war, was Juri je gesehen hatte, war übersät mit Schutt und seltsamen Gebilden aus Metall, die so vom Rost zerfressen waren, dass sich ihr ursprünglicher Daseinszweck nicht einmal erahnen ließ. Nun standen sie da wie ein Wald aus kahlen, braunen Bäumen. Vorsichtig stieg Juri eine brüchige Treppe hinab, die sich an der Innenseite der Kuppel spiralförmig nach unten wand. Ihr Geländer war ebenso zerfallen wie diese seltsamen Mahnmale aus korrodiertem Eisen, die im Licht von Juris Lampe geisterhafte Schatten warfen. Juri musste aufpassen, dass er nicht ausrutschte und in die Tiefe stürzte.
    »Hallo?«, rief Juri. Er hoffte nicht auf eine Antwort, sondernwollte nur eine Stimme hören, auch wenn es die eigene war. HALLO – Hallo – hallo kam es zurück. Das Echo verlor sich in einem Wispern. Wieder lief es Juri kalt den Rücken hinab. Als Kind hatte er einmal das Parlamentsgebäude in Lorick besucht. Es war nicht so kalt und nicht so groß wie dieser Ort gewesen, aber die Ehrfurcht, die er damals empfunden hatte, war ähnlich. Immer stärker wuchs in Juri das Gefühl, sich in einem riesigen, jahrhundertealten Grab zu bewegen. Er rollte die Gesichtsmaske auf und kletterte weiter über den Schutt.
    Am gegenüberliegenden Ende der Halle entdeckte er ein Tor, das im Gegensatz zu all den anderen Metallteilen keine Spur von Korrosion aufwies, sondern wie neu glänzte. Es war sechs Fuß dick, gut hundert Fuß hoch, zweihundert Fuß breit und so unregelmäßig nach innen verbogen, als wäre es von einer gigantischen Faust bearbeitet worden. Dennoch hatte es standgehalten.
    Mit zitternden Knien stellte Juri seine Lampe ab. Welche Mächte waren hier am Werk gewesen? Was für ein Kampf hatte hier stattgefunden? Juri konnte nicht anders. Er musste seine Fäustlinge ausziehen, um mit der
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