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Morgenroetes Krieger

Morgenroetes Krieger

Titel: Morgenroetes Krieger
Autoren: Michael Anthony Foster
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Stoff, das ihre Körperformen bei jeder B e wegung, die sie in der klaren Morgenluft tat, deutlich zu erkennen gab: schlank, elegant, klug, selbstbewußt und locker – das war sein knappes Urteil. Sie schaute noc h mals verstohlen zurück, als er sie musterte. Ihr Haar war dunkel, ein ebenmäßiges Gesicht, dessen Züge ein krit i scher Beobachter – der er ja nicht war – um eine Nu ance zu streng, als zu stark pointiert bezeichnet hätte. Ihm reichte es schon, daß sie größer als der Durchschnitt und nach dem Zeitgeschmack äußerst modisch gekleidet war.
    Als er das besagte Gebäude erreicht hatte, betrat er es, ohne irgendwelche Kontrollen oder Wachposten passi e ren zu müssen. An der Tür zum Zimmer 900 zögerte er kurz und rief sich noch einmal die Entschuldigung für sein Zuspätkommen ins Gedächtnis zurück. Er war j e doch sicher, daß man wenig Aufhebens davon machen würde, da normalerweise ein jeder in Boomtown zu spät zu kommen pflegte; Pünktlichkeit war vulgär und zeugte von einem schlechten Geschmack. Er klopfte und trat durch eine altmodische Schwingtür ein.
    Das Innere des Raumes war durchflutet vom Morge n licht, das von der Terrasse hereinströmte – künstliche Beleuchtung gab es nicht. Unten wogte das stahlblaue Meer. Die Wellen, die in einer leichten Brandung ve r spielt auf den Strand rollten, bildeten kleine weiße Schaumkronen und reflektierten das Licht in tausend und aber tausend funkelnden Sternen. Der Raum selbst war groß und mit Naturstein ausgelegt. Anstelle reichhaltigen Mobiliars waren überall Pflanzen aufgestellt, von denen einige die Gestalt von Miniaturbäumen hatten und ä u ßerst sorgfältige Pflege vermuten ließen. Die Ausstattung des Raumes war mehr als nur reiner Manierismus; er strahlte Feinsinn und Natürlichkeit aus, etwas, das man nicht direkt sehen, sondern nur erahnen konnte. Es war ein typischer Ler-Raum.
    Neun Personen waren anwesend. Sie hatten offensich t lich auf ihn gewartet, denn als er eintrat, nahmen alle an einem niedrigen Tisch auf der Terrasse Platz. Vier von ihnen waren Menschen, was Han aufgrund der farbe n prächtigen Boomtown-Kleidung und den ungeduldigen Gesten erkennen konnte. Die übrigen fünf waren Ler, was gut an ihrer etwas schlankeren Gestalt und den handgewebten Gewändern zu erkennen war. Es fehlte ihrer Kleidung jeglicher Schmuck, was Han als Zeichen ihres hohen sozialen Ranges wertete.
    Ein buntgekleideter, stark untersetzter Mensch kam auf Han zu und stellte sich als Yekeb Hetrus vor: hiesiger Bezirkskoordinator. Die anderen Menschen folgten der Reihe nach: Darius Villacampo, Nuri Ormancioglu, Thaddeusz Marebus. Titel und Berufsbezeichnungen wurden nicht weiter erwähnt; das machte ihn stutzig. Daß sie ihre Titel nicht nannten, konnte zweierlei bedeuten: Entweder war ihre Position sehr hoch oder aber sehr niedrig – Han entschied sich für das erstere.
    Die Ler waren bedeutend interessanter, allein schon deshalb, weil sie in diesem Teil des Universums äußerst selten anzutreffen waren. Und wie er erfahren hatte, konnte man bei ihnen nicht auf den ersten Blick en t scheiden, ob sie männlichen oder weiblichen Geschlechts waren. In gewisser Weise – und das war verwirrend g e nug – wirkten sie wie sittsame Kinder, die erste Anze i chen von Reife auf einigen ihrer Gesichter zu erkennen gaben. Alle fünf hatten in etwa die gleiche Größe.
    Han wußte sehr gut, daß die Ler eine menschliche M u tationsrasse als Ergebnis eines frühen Atomzeitalterpr o gramms waren, mit dem man den Evolutionsprozeß des Menschen beschleunigen wollte. Die Theorie basierte auf DNS-Manipulation und einem Spiel mit imaginären Gr ö ßen, analog dem Näherungsverfahren in der Quantenm e chanik. Kaum waren erste erfolgreiche Ergebnisse erzielt worden, wurde das Projekt von jenen angegriffen, die die Abhängigkeit von Umwelt und genetischem Code post u lierten, dann aber auch von der neuen Spezies selber, die inzwischen zu einer eigenen Kultur gefunden hatte. Nach einigen hundert Jahren gespannter Beziehungen zw i schen zehn Milliarden Menschen und einigen tausend Ler entwickelten letztere eine Raumfahrttechnologie, die die Möglichkeit eröffnete, die Lichtgeschwindigkeitsba r riere zu überschreiten; sie bauten in aller Heimlichkeit ein Raumschiff und verließen die Erde. Aber schon längst vor ihrer Abreise war die Weltregierung in eine Art Abhängigkeit von ihrem technologischen Know-how gekommen, ohne das eine Kultur des Überflusses, wie sie
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