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Morgenroetes Krieger

Morgenroetes Krieger

Titel: Morgenroetes Krieger
Autoren: Michael Anthony Foster
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1.
     
    Ein L er mit Namen Maidenjir, der zu jener Zeit lebte, als sein Volk noch auf der Erde wohnte, soll einmal gesagt haben: „ Nur Narren glauben, daß alles einen Namen haben muß und ihnen somit zur Verfügung stehe; sie ve r gessen dabei, daß die Erfüllung ihres Tuns zugleich das Ende der Welt bedeutet. Kann man da noch von letzten Worten sprechen?“ Dieser Spruch wurzelt in der selts a men Ler-Doktrin von der Unwissenheit (Fakten sind en d lich, die Unwissenheit ist ebenso grenzenlos wie das Universum) sowie in ihren Begriffen zur Zahlen- und Persönlichkeitstheorie. Über die Ansicht eines menschl i chen Schülers hinaus, der darin lediglich eine interessa n te Parallele zum alten Hinduglauben zu erkennen meint, wird Er , wenn man den Namen Schiwa, Gott der Zerst ö rung, oft genug wiederholt – Seine Augen öffnen und die Welt vernichten.
     
    Apogryphen des Roderigo
     
    In der frühen Geschichte des Planeten Glanzmeer kamen menschliche Kolonisten und bereiteten den Boden für eine neue Entwicklung, bauten eine Stadt von Wellblechhütten, Lagerhallen, Depots und schäbigen Reparaturwerkstätten. Sie errichteten Bordelle, Lasterhöhlen, Bierkneipen und füllten die Stadt mit randalierenden Betrunkenen, Abe n teurern, Kriminellen und Huren. Sie war ein ständiges Ä r gernis, und sie nannten sie „Boomtown“ – die Aufstr e bende –, nach dem Vorbild vieler provisorischer Städte, die auf anderen Welten aus dem Boden gestampft wurden.
    Aber wie alle Dinge, so veränderte sich mit der Zeit auch Boomtown; neue Gebäudekomplexe entstanden, alte wurden abgerissen; dann verlegte man die Stadt, si e ben Meilen unterhalb der Küste, kehrte zurück, wo sie niederbrannte und nach weiteren Erdbebenzerstörungen aus den Ruinen zu neuer Größe erstand. Heute ist sie mehr als alle anderen Regierungshauptstädte eine Oase der Ruhe und Erholung, dachte Han, während er das strahlende Morgenlicht genoß, das zwischen den Apartmentbalkonen spielte. Touristen, nach alten Mü n zen und Kunstgegenständen tauchend, schwammen im klaren Wasser der Bucht, um die sich die Stadt wie ein raffiniertes Halskollier herumzog. Es waren die Ei n wohner von Boomtown, die diese Stadt zu einer Perle und dadurch zum Sitz vieler Regierungsinstitutionen gemacht hatten; dennoch hielten sie am abfälligen N a men ihrer Stadt fest – der Grund: ein ausgeprägter Sinn für Humor und Tradition; der Name war nun schon e i nige tausend Jahre alt, und jeder Versuch, ihn zu ändern, war bisher gescheitert.
    Wie bei jeder Stadt, die einen gewissen Ruf hat, so kamen auch nach Boomtown tagtäglich Leute aus der ländlichen Umgebung, um hier Glück und Abenteuer zu suchen – meist fanden sie weder das eine noch das and e re. An diesem Tag war Boomtown träge, voller Glanz und aufreizend verführerisch … die Leute standen mo r gens sehr spät auf, wie Han Keeling zu seiner eigenen Schande eingestehen mußte. Er beendete sein Frühstück, zahlte und verließ das halbleere Straßencafe mit dem Bewußtsein, daß auch er reichlich spät dran war.
    Als er Richtung Mittelhügel ging, dorthin, wo auf e i nem Hügel ein unauffälliges Verwaltungs- und Regi e rungsgebäude stand, rief er sich noch einmal alles ins Gedächtnis zurück, was er über sein bevorstehendes Treffen wußte. Es war wenig genug.
    Er war ein frischgebackener Händler, Absolvent der Hochschule für interstellaren Handel, Mitte zwanzig, gesund und kräftig an Körper und Geist sowie mit einer bescheidenen Erfolgsbilanz, was den Umgang mit den trägen Bürodamen von Boomtown anbelangte. Der Ha n delsmeister hatte ihm mitgeteilt, daß er zu einer bestim m ten Zeit, in einem bestimmten Gebäude auf dem Mitte l hügel das Zimmer mit der Nummer 900 aufsuchen solle, falls er Interesse an einem gerade unbesetzten Posten habe – und daß er dann zeigen könne, wie dynamisch er sei. Dynamisch sein! Das war das Motto der völlig übe r forderten und überlasteten Händlergilde. Dynamisch sein, angesichts von erschreckenden Unglücken, Au f ständen, Kannibalen, Sklavenhändlern, wirtschaftlicher Deflation und Raumunfällen. Sollte er jedoch den Job bekommen und ihn erfolgreich zu Ende führen, würde er seine Lizenz als selbständiger Händler bekommen.
    Er war spät dran, in der Tat. Han beschleunigte seinen Schritt, fing dabei den Blick eines hübschen Mädchens ein, das offensichtlich auf dem Weg zur Arbeit war. Sie trug ein enganliegendes, geblümtes Kleid aus fließe n dem, leichtem
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