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Morgen komm ich später rein

Titel: Morgen komm ich später rein
Autoren: Markus Albers
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sind.
    Auf eine Gefahr sei aber hingewiesen: Die meisten von uns sind so sehr im Tran des täglichen Büroeinerleis gefangen und sind
     es so sehr gewohnt, dass andere Ihnen den Tag wie einen Schulstundenplan strukturieren, dass sie – einmal aus diesem Korsett
     entlassen – zwischen zwei Extremen pendeln: melancholisches Nichtstun und als einzige Rettung dann doch wieder E-Mailen, Websurfen,
     sinnlos vor sich hin arbeiten. Oder, wie Timothy Ferriss es im Interview mit mir formulierte:
     
    |231| Timothy Ferriss: »Das Ziel ist, mehr zu leben und nicht einfach nur weniger zu arbeiten. Das ist eine Wissenschaft für sich. Egal, wie großartig
     Ihre Fähigkeiten in Sachen Zeitmanagement sind – wenn Sie nicht lernen, den für sich idealen Lebensstil zu entwerfen, enden
     Sie trotzdem damit, Samstagnachmittag E-Mails zu verschicken, weil Sie sich so langweilen. Oder Sie liegen deprimiert am Strand,
     nachdem Sie sich zur Ruhe gesetzt haben. Ich konzentriere mich nicht nur darauf, unwichtige Dinge zu eliminieren, sondern
     das, was Spaß macht, um das zehn- bis zwanzigfache zu vermehren.«
    Und das müssen wir erst mal wieder lernen?
    Ferriss: »Ja. Während immer mehr Mitglieder der Babyboomer-Generation in Rente gehen, merken die Menschen, dass der Ruhestand kein
     Ausgleich sein kann für ein unerfülltes oder langweiliges Leben. Man will nicht mehr alle schönen Dinge fürs Ende aufsparen.
     Die Umverteilung des Ruhestandes über das ganze Leben – viele ›Mini-Ruhestände‹, wie ich das nenne – wird im nächsten Jahrzehnt
     eine große Veränderung im Verhalten der Menschen werden. Und man kann jetzt schon damit anfangen.«
    Trotz aller Effizienztechniken kann ich doch nicht komplett selbstbestimmt
leben, wenn ich einen normalen Job habe.
    Ferriss: »Doch, absolut. Es geht darum, sein Leben Schritt für Schritt neu zu gestalten und dabei einen Hebel ihrem Umfeld gegenüber
     in die Hand zu bekommen, sodass Sie nicht mehr jene Dinge tun müssen, zu denen Sie keine Lust haben. Ich kenne alleinerziehende
     Mütter, die mit der Unterstützung ihrer Vorgesetzten ein Jahr um die Welt reisen.«
    Klingt toll, aber nach einer Ausnahme …
    Ferriss: »Das ist ein erreichbares Ziel für jeden, der bereit ist, das Ungewohnte auszuprobieren – zunächst nur einen bis sieben Tage
     am Stück. Dieser Prozess muss nicht hart sein, er geschieht in Phasen. Ich erwarte nicht, dass jemand über Nacht von achtzig
     Stunden auf vier Stunden Arbeitszeit pro Woche kommt. Aber man kann durcharbeitete Nächte und Wochenenden eliminieren, dann
     zehn Stunden weniger schuften, dann zwanzig Stunden. Goethe hat gesagt: ›Viele Menschen kümmern sich nicht um ihr Geld bis
     sie an sein Ende kommen, und andere tun genau dasselbe mit ihrer Zeit.‹ Heute haben wir bessere Werkzeuge, unsere Zeit zurückzuerobern.«
    |232|
Wie sind Sie eigentlich zu dieser radikalen Einstellung zum Thema Arbeit gelangt?
    Ferriss: Mein Vater war ein selbstständiger Immobilienmakler und meine Mutter bei der New Yorker Verwaltung im Bereich Gesundheit angestellt.
     Ich habe also beides kennen gelernt: Die Gefahren und Belohnungen des selbstständigen Daseins und wie es ist, in langsam denkenden
     Organisationen zu arbeiten. Ich habe früh gelernt, dass Erfahrung wertvoll ist, nicht Einkommen auf dem Papier. Und für Erfahrungen
     braucht man Zeit. Diese Philosophie wurde mir in der High School, auf dem College und bei meinen ersten Jobs in Unternehmen
     ausgetrieben. Aber seitdem ich in den letzten vier Jahren Menschen aus mehr als 15 Ländern interviewt habe, die es schaffen,
     Zeit und Einkommen zu optimieren, bin ich wieder derselben Meinung, die ich schon als Dreijähriger hatte: Einkommen ist nur
     in dem Maß wertvoll, wie man seine Zeit kontrolliert und es für erstklassige Erfahrungen einsetzen kann.
     
    Was sind »erstklassige Erfahrungen«? Was macht Spaß? Das wiederum sei jedem selbst überlassen. Nur: Eine Aktivität außerhalb
     der Arbeit sollte schon damit verbunden sein. Egal, ob Sie eine Fremdsprache lernen wollen oder Klavier spielen, Ihre sportlichen
     Fähigkeiten verbessern oder Freunde bekochen. Egal, ob Sie gern verreisen, mehr Zeit für Ihre Familie haben wollen, Bilder
     malen, Musik machen, sich ehrenamtlich engagieren oder endlich die kaputte Schranktür reparieren. Der Tipp lautet: Machen
     Sie etwas aus Ihrer gewonnen Zeit, das übers Faulenzen und Abschalten hinausgeht.
    Es gibt eine Folge der Fernsehserie
Die Simpsons
, in
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