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Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Titel: Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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verstorben, der die typischen Vampirzeichen zeigte: wachsende Haare und Nägel, Abschälen der Haut, Bluten des Körpers. Ranft bemühte sich um vernünftige Erklärungen dafür. Da er aber wie Calmet (siehe S.  25 – 27 ) davon überzeugt war, dass zumindest Gott die Toten durchaus auferstehen lassen könne, und da er auch an das nur allmähliche Absterben von Körperteilen glaubte, halfen seine teils doppeldeutigen Erläuterungen nicht gegen den Glauben an Gruseliges. Einzelne Gewebe hätten eben ein Eigenleben und könnten sich auch nach dem Tod noch weiter aktiv verändern, darunter Haut und Haare.
    Da man zugleich allgemein glaubte, dass das unterirdische Gewurschtel den noch Lebenden magisch die Kraft raube und krank machen könne, riet Ranft, obwohl er nicht wirklich an Untote glaubte, für den Notfall zum Äußersten. Man sollte sich zunächst einmal mit den Verstorbenen versöhnen, sodass diese keinen Grimm mehr hätten, und sich im Übrigen über das Kauen und Schmatzen keine Gedanken machen, wenn man es doch einmal vernahm. Wem das nicht half, so Ranft, der sollte den Körper eben ausgraben und den schädlichen Wirkungen »durch völlige Vernichtung ein Ende bereiten«.
    Abb. 3: Diese Arbeit mit dem offiziellen Bericht über die angeblich unverwesten Leichen im serbischen Medvegya vom Januar 1732 trug stark dazu bei, dass sich der Vampirglaube in Europa dauerhaft verbreitete. (Repro: M. Benecke)
    Es ist schwer zu sagen, ob der Glaube ans Nachzehren vor allem durch – gar nicht so seltene – Bestattungen von Scheintoten gespeist wurde oder durch das einmalige Schmatzen, das jede Leiche von sich geben kann, wenn der Unterkiefer mit Lösung der Leichenstarre nach unten kippt. Der Glaube an Nachzehrer war in Mitteleuropa jedenfalls weit verbreitet, hatte aber mit Vampiren zunächst nichts zu tun.
    Ab 1732 häuften sich aber im deutschsprachigen Raum die Berichte über sich nicht zersetzende Leichen – auch durch die Fallsammlungen von Calmet und Ranft – derart, dass sich die verschiedenen Arten von Geistern, Nachzehrern und Untoten zur bis heute kraftvollsten Variante, den Vampiren, verdichteten.
Dracula
von Bram Stoker ist ein spätes Produkt dieser Berichte aus dem 18. Jahrhundert: Der Roman erschien erst hundertfünfzig Jahre später – 1897 auf Englisch und 1908 auf Deutsch. Stoker hatte sich unter anderem von dem legendenumwobenen Herrscher der Walachei, Vlad Ţepeş III. Drăculea, auch Vlad der Pfähler, inspirieren lassen.
    Dem Vampirglauben half vor allem, dass es von Ärzten und offiziellen Stellen bestätigte Berichte gab, die bewiesen, dass ein Verstorbener ein Vampir war. Dadurch wurde der Volksglaube an Vampire amtlich.
    Die erste dieser offiziellen Untersuchungen fand 1725 statt. Der Kameraldirektor Frombald berichtete in einem Brief an die Behörden in Wien, dass er in Kisovola (Kisiljevo) die Leiche von Peter Plogojowitz gesehen habe, die bei der Enterdigung so aussah:
Der Körper, außer der abgefallenen Nase, war ganz frisch;
Haare und Bart, auch die Fingernägel, waren gewachsen;
die alte Haut war etwas weißlich und schälte sich ab, darunter war eine neue Haut zu sehen;
und im Mund war frisches Blut.
    Frombald selbst gab keine Erklärung für diesen Zustand des Toten. Da Plogojowitz aber zuvor aus dem Grab gestiegen und einen Mitbürger getötet haben soll, bezog sich die Untersuchungsehr deutlich auf einen Fall von Untotsein. Trotzdem landete der Bericht erst einmal bei den Akten und versank dort.
    Ende 1731 wiederholte sich das Geschehen, dieses Mal in Medvegya. Ausgesandt wurde der Arzt Glaser, der entgegen seinen Erwartungen keinerlei Hinweise auf eine Seuche oder Krankheit im Dorf entdecken konnte. Die Bewohner waren überzeugt, dass die dreizehn Todesfälle der letzten Zeit auf das Konto von blutsaugenden Vampiren gegangen waren.
    Als Glaser trotz seiner Zweifel die Gräber öffnen ließ, war er verblüfft – die Leichen waren tatsächlich viel weniger verwest, als er es für normal hielt. Der Mund der Leichen stand offen, das Blut war hell und frisch, die Leiber waren aufgebläht – typische Vampirzeichen.
    Tatsächlich sehen aber viele Tote so aus, denn es handelt sich um übliche postmortale, also nach dem Tod auftretende Erscheinungen. Glaser kommentierte hingegen, dass ihm die Sache suspekt vorkomme – zwar je nach Leiche und deren Zustand mal mehr, mal weniger, aber doch durchweg mit dem Bericht zu entnehmendem deutlichem Unbehagen.
    Da Glaser zudem

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