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Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mordskind: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Mischke
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herum.«
    »Warum bist du nicht mit einem Möbelwagen bei uns eingezogen?«
    Jäckle hob den Kopf und warf Paula einen hilfesuchenden Blick zu, aber die tat beschäftigt. »Weil ich … ich habe doch noch meine eigene Wohnung.«
    »Warum übernachtest du dann immer bei uns?«
    »Ist dir das nicht recht?« fragte Jäckle zurück.
    Simon zog die Stirn kraus. »Doch, doch«, meinte er gönnerhaft. »Du hast ja auch ein sprechendes Auto. Und du hast mir die Schaukel gebaut«, nannte er Jäckles Pluspunkte in ihrer Rangfolge.
    »Das hätte ich auch so gemacht«, antwortete Jäckle, während Paula unnötig lange mit dem Toaster herumhantierte und in sich hineingrinste.
    Für Simon war das Thema bereits wieder erledigt. »Ich find’s echt geil, daß Laura jetzt dann neben uns wohnt.«
    »Geil. Aha.«
    »Stimmt«, bestätigte Paula. »geilere Nachbarn hätte ich mir kaum vorstellen können.«
    Simon stellte sich vor Bruno Jäckle, der für ihn ein Marmeladenbrot zum Mitnehmen bestrich, und lieferte die nötige Erklärung: »Früher hat Doris da drin gewohnt, aber die ist jetzt im Gefängnis. Die hat was Schlimmes gemacht, am anderen Tag, als ich die Windpocken gehabt hab’.« Und mit einem frühreifen Sinn für das Wesentliche fügte er hinzu: »Die hat das bloß gemacht, weil ihr Kind gestorben ist.«
    »Was du nicht sagst«, antwortete Jäckle ehrlich beeindruckt, und Paula murmelte in seine Richtung: »Die Brauns machen ihre Kinder wenigstens selber.«
    »Ach ja?« fragte er. »Nummer zwei?«
    »Wer macht die kleinen Kinder?«
    »Das sieht man doch.«
    »Ich achte auf so was nicht.«
    »Wer macht die kleinen Kinder?«
    »Simon, paß lieber auf, daß Anton das Brot nicht schnappt.«
    »Wer macht …«
    »Du verpaßt den Möbelwagen. Wer die kleinen Kinder macht, erklärt dir Bruno heute abend. Von Mann zu Mann, sozusagen.«
    Simon besann sich augenblicklich auf sein ursprüngliches Vorhaben, und er und der Hund rannten hinaus, während Jäckle seufzend die Zeitung aufschlug.
    »He, das ist ja ein Ding«, rief er nach einer Weile und begann vorzulesen: »Gestern, am späten Nachmittag, wurde die vierunddreißigjährige Hausfrau Annemarie B., die auf dem Städtischen Friedhof Maria Bronn ein Grab goß, von einer alten Frau ohne jede Vorwarnung angegriffen und mit einem schweren eisernen Weihwasserkessel, den sie zuvor aus der Kirche entwendet hatte, am Kopf verletzt. Das Opfer befindet sich im Krankenhaus, es besteht jedoch keine Lebensgefahr. Die Angreiferin wurde von anderen Friedhofsbesuchern überwältigt und bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten. Es handelt sich um eine gewisse Lisaweta Bosenkowa (72). Ihr Sohn, früher Aushilfsgärtner am Städtischen Friedhof, hatte sich der Kindesentführung verdächtig gemacht, wurde aber vor zwei Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen und ist in seine Heimat, nach Rußland, zurückgekehrt.«
    Jäckle verstummte und trank einen großen Schluck Kaffee. Dann fuhr er mit tonloser Stimme fort: »Die Mutter, die während der Haftzeit ihres Sohnes zweimal bei der Verwüstung von Gräbern beobachtet und festgenommen worden war, lebte seit kurzem als Freigängerin in der psychiatrischen Klinik »Waldfrieden«. Dort verhielt sie sich bislang ruhig und unauffällig. Sie wurde nach dem gestrigen Vorfall in die geschlossenen Abteilung eingewiesen. Das Motiv für diese Tat ist unklar, wahrscheinlich hat sie ihr Opfer willkürlich ausgewählt. Diese Tat wirft wieder einmal die Frage nach den Gefahren der modernen Therapiemethoden in der Psychiatrie auf … undsoweiter undsoweiter.« Jäckle ließ die Zeitung sinken. »Der Schulze wieder, dieses Arschloch!«
    »Bald sind wir ihn los, er hat schon gekündigt. Mich als seine zukünftige Chefin, das verträgt sein Ego nicht.«
    »Verstehst du das?« Jäckle tippte auf die Zeitung.
    Paula sah eine Weile nachdenklich aus dem Fenster.
    Wie herrlich der Garten jetzt war, diese üppigen Rosen, auf denen die Blattläuse herumturnten, das satte Grün der Bäume. Seit zwei Wochen schon diese wunderbare Hitze, und Sonne, Sonne, die durch die großen Fenster ungehindert in die Räume fluten konnte. Nirgends mehr eine Spur der Gewalt, nicht der leiseste Hauch. Das alte Haus hatte die Geschehnisse absorbiert, es war erhaben über diese Dinge, erhaben, still und friedlich. Es bot den nötigen Schutz und Rückhalt für seine Bewohner, die sich hierher zurückgezogen hatte um ihre Wunden zu lecken. Warum sollte es anders sein, dachte Paula, dieses
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