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Mordsdeal

Mordsdeal

Titel: Mordsdeal
Autoren: Ingrid Schmitz
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rosafarbenes Gesicht war rund, die Augen versteckten sich fast darin. Baby ja, würde er einen Spitznamen bekommen, müsste er Riesenbaby heißen. Allerdings fehlte es ihm gehörig an Freundlichkeit. Babies wurden schon mal ungemütlich, wenn der Spinat nicht schmeckte oder sie nicht bekamen, was sie wollten.
    »Tag, Heiner.« Die Stimme klang wenigstens wie die eines Erwachsenen.
    Heiner scharrte mit den Füßen, wie ein Bulle, der jede Sekunde auf den lächerlichen Torero losgeht.
    »Was willst du hier? Wie bist du hier hereingekommen? Noch ist für Besucher nicht geöffnet.«
    Daniel ging nicht darauf ein. »Hör zu, ich muss mit dir reden.« Er sah sich hektisch um, schaute dann zu Gitti, die nun mit den Diddl-Blöcken beschäftigt war und über jeden Einzelnen strich, bevor sie ihn hinlegte.
    »Warum hast du mir nie geantwortet? Länger kann ich nicht warten. Es muss jetzt …«
    Heiner scherte sich nicht darum, er wühlte murrend in den Kartons.
    »Kannst du dir bitte ein paar Minuten Zeit nehmen?«, fragte Daniel im versucht schärferen Ton. »Mir ist da noch eine Idee gekommen. Die wird dich interessieren.«
    Heiner wurde es warm. Er riss an seinem obersten Kragenknopf, der mit einem lauten Pling in der Porzellantasse landete. Nur in welcher?
    »Geht nicht. Komme hier nicht weg. Geschäfte. Verstehst du?« Er suchte immer noch.
    »Und ob. Heiner, darum geht es ja. Bitte, nur ein paar Minuten. Wo können wir ungestört reden?«
    Heiner schnaubte, ging um den Tisch und riss Daniel am Ärmel. »Hier entlang.«
    *
    Heiner kam zurück an den Stand. Er war das Riesenbaby losgeworden und beobachtete nun Gitti beim Verhandeln. Es betraf die hässliche, papageienfarbene Vase aus Murano, die er noch nie leiden konnte. Gitti hatte sie ihm seinerzeit abgeschwatzt, kurz bevor sie zum Hotel gingen. Als er ihr das mundgeblasene Ding für viel Geld kaufte, dachte er, es könne sie später im Doppelzimmer auf eine Idee bringen, aber sie bekam urplötzlich Kopfschmerzen, und aus war der Traum. Umtausch ausgeschlossen – das galt für seine Frau und die Vase.
    »30 Euro«, hörte er Gitti sagen. »Sie ist mundgeblasen mit Abriss.«
    »Abriss?« Die Kundin schüttelte energisch den Kopf. »Ist bestimmt eine Nachbildung, kennt man ja, alles wird heutzutage nachgebildet. Muss man fein aufpassen, und mit Abriss schon gar nicht. Nee, danke, nicht mit mir.«
    Sie wollte gehen.
    »Das hier oben nennt man Abriss.« Gitti zeigte auf die Öffnung und hob drei Finger. »Sie ist ein Original. Mein Mann kann es bezeugen. Er hat mir die Vase damals geschenkt, nicht wahr, Heiner?«
    »Ja, habe ich.« Heiner trat näher. »Aber es hat nicht geholfen.« Gitti wurde rot.
    »Fünf Euro und sie gehört Ihnen. Vielleicht haben Sie ja mehr Glück damit.« Heiner hielt die Hand auf.
    Gitti drehte sich mit einem Entsetzensschrei ab, die Kundin zückte ihre Börse. »Hab ich doch gewusst.«
    Gitti war den Tränen nahe. Sie hätte mehr rausgeschlagen, wenn nicht bei dieser Kundin, dann bei der nächsten. Sie war um jeden Euro verlegen und wollte hier ihr Haushaltsgeld aufbessern. Von Heiners Verdienst als selbstständiger Vertreter war nicht viel zu erwarten. Er handelte mit Gegenständen, die Gott und die Welt nicht brauchten. Billige Restposten kaufte er auf. Kein Wunder, dass es Restposten waren, kein Mensch wollte das Zeug haben. Sie erinnerte sich an die schwarzen Vakuumsäcke in allen Größen. Welche Hausfrau kaufte sich schwarze Vakuumsäcke, bei denen man den Inhalt nicht sah? Sie waren höchstens etwas für den Sarg, nicht für den Haushalt. Jetzt hatte er auch noch solch einen Sack mitgeschleppt, den würde sie Mia nachher schenken.
    Gittis Wut verflog nicht. Es musste raus. Sie warf ihm vor, er mache ihr das Geschäft kaputt.
    »Blöde Pflaume. Wer verdient denn hier das dicke Geld? Das kommt bestimmt nicht von diesem Trödelkram hier. Frag doch deinen Sohn, ob er dir hilft. Aber nein, der Herr ist sich zu fein, will sich die Finger nicht schmutzig machen, wie? Ist ja ein Student, pah, mit 23
    Jahren. Das Eine sage ich dir, wenn der nicht bald auszieht, gibt es einen Höllenärger. Den lasse ich von der Polizei abholen, wegen Hausfriedensbruch.«
    »Son Blödsinn, das könnte man höchstens dir vorwerfen.«
    Gitti vergoss stille Tränen.
    *
    Mia hatte immer wieder zu Heiner und Gitti gesehen und war keinesfalls überrascht, dass auch dieser Streit wieder so endete. Sie beobachtete, wie die Trödelmarktbesucher pikiert an deren Stand
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