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Mordsdeal

Mordsdeal

Titel: Mordsdeal
Autoren: Ingrid Schmitz
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Wiederverkaufen fanden. Ein lästiges Volk. Mia gehörte gerne dazu, weil sie sich keine aufregenderen und unterschiedlicheren Familienmitglieder vorstellen konnte, obwohl sie mit der Familie ihres Mannes schon so manches Stück erlebt hatte.
    »Hallo Mia! Hier bin ich!«, rief Gitti Stöckskes laut und wedelte dabei mit den Armen, so, als ob Mia zum ersten Mal hier wäre und nicht wüsste, wo sie hin sollte.
    »Guten Morgen, Gitti. Schön, dich zu sehen. Na, dann wollen wir mal, was? Auf eine volle Kasse.« Mia holte tief Luft und wuchtete alles vom Transportwagen. Sie stellte den Aluminium-Klapptisch, den sie von ihrem Cousin Waldemar bekommen hatte auf, legte die blutrote Pannesamtdecke darüber und befestigte sie an den Kantenfalten mit den schwarz angemalten Wäscheklammern, die sie von ihrem letzten Kunstwerk übrig behalten hatte. Eine strahlende Fünfzigerin gab ihr vor ein paar Monaten den Auftrag, sich eine Skulptur zur Befreiung vom Hausfrauendasein einfallen zu lassen. Mia konnte sich zunächst nichts darunter vorstellen, da sie sich mit der Rolle nie aufgehalten hatte. Sämtliche Versuche, aus ihr eine tüchtige Hausfrau zu machen, waren bereits in den Anfängen gescheitert. Von ihrem Aussteuergeld hatte sie sich erst einmal eine vernünftige Stereoanlage gekauft, und die geerbten Handtücher dienten als Unterlagen für ihre ersten Gipsfiguren. Später hatte Bodo es dann versucht, sie an den Herd zu bekommen. Zunächst mit Komplimenten, auf die sie jedoch nicht hereinfiel. Nein, ihr Braten war nicht zart, die Soße nicht lecker und aus ihren Kuchen hätte sie wunderbare Prototypen schnitzen können. Irgendwann hatte Bodo es dann aufgegeben und sich selbst die Schürze umgebunden, was niedlich aussah, aber nur, wenn er nichts darunter trug.
    Trotzdem war Mia etwas zur Befreiungsskulptur eingefallen: Sie hatte eine dicke Frau modelliert, die schwarze Wäscheklammern in sich hineinstopfte. Wohlgemerkt, die Frau war vorher schlank und nur von den Wäscheklammern so aufgedunsen.
    Ihre Kundin war begeistert gewesen. Was aus der glücklichen Frau geworden war, hatte Mia nie erfahren. Ob sie rückfällig wurde, wusste sie nicht.
    Mia unterbrach das Dekorieren des Tisches, sah auf und lächelte spontan. Sie konnte nicht anders. Das schokoladenbraune Gesicht mit den strahlend dunklen Augen und dem hinreißenden Lächeln gehörte zu einer jungen, bestgebauten Frau mit schwarzen Löckchen. Wäre Mia ein Mann gewesen, sie hätte sich sofort in sie verliebt, so war sie ihr lediglich sehr sympathisch.
    »Hi, ich bin Sameja.« Sie reichte ihr die Hand. » Schöne Grüße von Manu. Sie wird nicht mehr kommen. Sie braucht jetzt die Sachen aus ihrer Kinderzeit selbst.«
    »Ach.« Mia schob eine dunkle Strähne aus der Stirn. » Ist sie tatsächlich schwanger? Das ist ja wunderbar. Was sagen ihre Eltern dazu? Werden sie Zeit für das Baby haben?«
    Sameja schien die Frage seltsam vorzukommen, sie kräuselte ihre glatte Stirn, die süße Fältchen hervorbrachte. »Ich denke schon, sonst macht es der Kindsvater, der ist den ganzen Tag zu Hause.«
    *
    Sameja und Mia unterhielten sich, mal bei Mia und mal bei Sameja am Stand, über die Regeln und Bräuche dieser Messehalle. Noch war ein wenig Zeit, bis die Besucher eingelassen wurden. Mia bewunderte immer wieder die afrikanischen Masken und das Kunsthandwerk.

    Gitti hingegen hatte für so etwas keine Zeit. Sie war dabei, das Porzellan auszupacken. Die Zeitungen, mit denen sie es eingewickelt hatte, waren zerfleddert und vergilbt. Sie legte sie sorgsam in den Karton unter den Tapeziertisch zurück. Ihr Mann Heiner kam hinzu. Er zerrte an seinem Hosenbund, der unaufhörlich den bierfassdicken Bauch hinunterrutschte. Heiner hatte abgenommen. Seitdem – nein, eigentlich schon länger – war er unausstehlich.
    »Geht das nicht schneller? Gleich werden die Türen geöffnet, und du bist immer noch mit dem Müll beschäftigt. Wieso nimmst du den Rummel überhaupt mit?« Er suchte etwas. »Wo sind meine Tabakdosen? Sag bloß, die hast du zu Hause vergessen?«
    »Weiß ich doch nicht, wo die sind.« Sie musste nicht aufschauen, den Blick kannte sie. »Um deine Sachen kümmere ich mich nicht mehr. Habe genug zu tun. Du könntest ruhig mal mit anpacken. Alles muss ich alleine machen.«
    Ein Hüne stand plötzlich vor Gittis und Heiners Stand. Gitti zuckte zusammen, sie hatte ihn weder kommen gesehen noch gehört. Der leicht Angegraute schien jünger zu sein, als er aussah. Sein
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