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Mordsdeal

Mordsdeal

Titel: Mordsdeal
Autoren: Ingrid Schmitz
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vorbeigingen und sich nicht mehr trauten, nach dem einen oder anderen Preis zu fragen. Mia sah auf den Tisch und dann im Umhängebeutel nach. Nun wusste sie, was sie vergessen hatte: Die Papiertaschentücher für Gitti. Sie versuchte es mit Aufmunterungsparolen.
    Heiner tat so, als ginge es ihn alles nichts mehr an. Er saß auf seinem Klappstuhl und schüttete sich mit zittrigen Händen aus der Thermoskanne Kaffee ein. Knurrend fummelte er an seiner Hosentasche, stand auf und zerrte das Handy heraus. Die polyphonen Geräusche wurden immer lauter.
    Er drückte mit seinen dicken Fingern auf den Tasten herum, fluchte, fluchte noch einmal und brummelte in Richtung Gitti: »Bin mal eben weg.«
    Gitti hatte wohl beschlossen, nicht mehr mit Heiner zu sprechen. Sie nickte noch nicht einmal, sondern strafte ihn mit Missachtung. Er merkte es nicht, walzte alles zur Seite, was ihm im Weg stand. Mia musste sich in Sicherheit bringen. Aber wenn sie gewollt hätte, hätte er den Kampf verloren und er wäre auf dem Tisch gelandet. Auch sie war nicht gerade ein Fliegengewicht, und wenn ihr Angriff überraschend kam, hatte sie gute Chancen.
    *
    Heiner hielt den Blick stur geradeaus. Er ging schnellen Schrittes durch die Hallen, hob ab und zu anstandshalber die Hand zum Gruß. In der Nachbarhalle angekommen, suchte er Hillas neuen Standplatz. Früher hatten sie immer nebeneinander gestanden. Da waren die beiden Schwestern Gitti und Hilla noch ein Herz und eine Seele. Irgendwann gab es Riesenkrach zwischen den beiden. Heiner hatte sich nicht eingemischt. Bisher war ihm die 10 Jahre jüngere Schwägerin egal gewesen. Bisher. Vor ungefähr einem halben Jahr kam es dann anders, was er noch heute bereute.
    Heiner erreichte den letzten Trödelstand der Halle und japste. Nicht, weil er außer Puste war, sondern weil es ihn aufregte, was Hilla ihm geschrieben hatte. Diesen Befehlston konnte er nicht ab und Erpressung schon gar nicht. Hilla sah heute wieder furchtbar aus. Sie war seit gestern noch dicker geworden und ihre rote Kurzhaarfrisur mit dem ausrasierten Schwabbelnacken noch fettiger. Er verstand nicht mehr, wie er sich jemals mit dieser Frau amüsieren konnte.
    »Da bist du ja endlich. Wir müssen reden.« Hilla fuchtelte mit ihren Armen. Die Metalldose auf der Ecke flog scheppernd auf den Boden. »Herrgottsakra.« Sie hob sie auf, warf sie zu der Sparschweinhenne, die vom Tisch sprang und nur noch als Keramikpuzzle zu verkaufen war. »Mistvieh, blödes. Ich hab es so satt.« Sie besann sich und flüsterte: »Entweder hilfst du mir jetzt, oder ich lasse alles auffliegen.«
    »Das tust du nicht.« Heiner beugte sich vor. Er konnte ihr billiges Parfum riechen, es war hart an der Ekelgrenze. »Ich kümmere mich drum. Lass erst einmal alles, wie es ist, dann kann nichts passieren.«
    »Wie lange soll ich denn noch warten? Das gibt Ärger. Heute Abend, Punkt acht beim Alten, oder ich führe einige Telefonate, die deiner Karriere schaden dürften.« Sie schlug mit der Faust auf den Tisch. Die Bastfigur streckte sich.
    Heiner sah Hilla groß an. »Du mieses Stück. Wenn du das tust … dann …«
    »Was dann?«
    »Dann hängst du genauso mit drin wie ich.«
    *
    Mia war rundum zufrieden. Sie erlebte heute einen Trödeltag ganz nach ihrem Geschmack. Sie hatte sehr gut verkauft, und die immer wieder gestellten Fragen: » Was kostet das? Wie alt ist das? Haben Sie das auch in Rot?« und »Verkaufen Sie auch die Pannesamtdecke?«, regten sie überhaupt nicht mehr auf. Mia glaubte, den Grund zu kennen. Es lag an Sameja, ihrer Trödelnachbarin, die ein wenig exotisches Frischblut unter die Trödelhändler brachte und mit der sie sich auf Anhieb seelenverwandt fühlte. Vielleicht sollte Mia mal eine Rückführung machen lassen, ob sie in vergangenen Zeiten zum Stamm der Massai gehörte – groß genug war sie ja. Wenn Sameja das machen würde, käme bestimmt heraus, dass sie im früheren Leben Bäuerin am Niederrhein gewesen war, denn ihre Aussprache besaß den typisch niederrheinischen Slang. Sie sprachen darüber, und die Erklärung fand sich sehr schnell, auch ohne Hypnose: »Ich bin das Kind einer niederrheinischen Mutter und mein Vater kommt aus Benin, das ist in Westafrika, aber wo er da genau lebt, weiß ich nicht. Ich habe nur ein Foto von ihm.« Samejas strahlendes Lächeln verschwand. Sie senkte den Kopf.
    »Hm, ich kenne eine Journalistin, die sich für ein westafrikanisches Projekt einsetzt«, sagte Mia. »Ich frage sie mal, wo das war
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