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0647 - Die Haut des Vampirs

0647 - Die Haut des Vampirs

Titel: 0647 - Die Haut des Vampirs
Autoren: Martin Barkawitz
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Vor ewigen Zeiten war Mazku einmal ein Mensch gewesen. So lange lag es zurück, daß er sich schon kaum noch daran erinnern konnte.
    Jetzt war er ein Asema.
    Er schlief in dieser Haut und in diesem Mantel. Hätte jemand während der Sonnenstunden den Deckel seines Sarges geöffnet, wäre dort drinnen nichts anderes zu sehen gewesen als die Leiche eines uralten Mannes. Ohne Haare, aber dafür mit mehr Falten als ein Affenbrotbaum Blätter hat.
    Doch nun war es Nacht. Und Mazku hatte seine Haut abgelegt, wie er es immer tat, wenn er jagen wollte. Sein Körper glänzte weißlich. Er hatte beinahe etwas Roboterhaftes an sich, wirkte glatt und alterslos.
    Wie alle Asemas alterte Mazku nicht mehr.
    Er stieg aus dem Sarg. Ordentlich faltete er seine Haut zusammen. Sie war sein wunder Punkt, seine Achillesferse. Es machte ihn stark, wenn er ohne Haut draußen unterwegs war. Dadurch kamen seine geheimen Kräfte erst richtig zum Tragen. Aber er wurde auch verletzlich. Nur die Haut schützte ihn vor den Sonnenstrahlen. Und wer ihm seine Haut stahl, bekam Macht über ihn.
    Deshalb hatte jeder Asema ein geheimes Versteck für seine Haut. Mazku verbarg die seine unter einer schweren Granitplatte in der ehemaligen Kapelle der Missionsstation. Längst war dieser Ort kein heiliger Boden mehr, war durch die dämonischen Aktivitäten der Asemas entweiht worden.
    Fast lautlos verließ der König der Asemas das verfallene Gemäuer. Seine Rasse war schon an ihrem Gang zu erkennen. Denn Asemas drehten ihre Zehen senkrecht nach unten, wenn sie nachts durch den Dschungel liefen. Dadurch konnte man sie auf den ersten Blick von Menschen unterscheiden.
    Diese Methode hatte nur einen Nachteil.
    Wenn man sie sah, war es schon zu spät.
    Mazku huschte durch den nächtlichen Regenwald. Sein weißlicher untoter Körper leuchtete förmlich im Licht des abnehmenden Mondes. Die Tiere wichen ihm aus, von ihrem untrüglichen Instinkt gewarnt.
    Aber sie interessierten den Asema sowieso nicht. Das Blut von Tieren war nur für den äußersten Notfall vorgesehen. Er war auf Menschen aus. Und er wußte, wo er Menschen finden konnte…
    Die aufgegebene Missionsstation lag mitten im Dschungel. Es waren mindestens 50 Kilometer bis zur nächsten Siedlung. Aber das störte Mazku nicht. Er witterte den roten Lebenssaft auch über große Entfernungen.
    Außerdem war er schnell zu Fuß, schneller als Autos in diesen unzugänglichen Gebirgsregionen Südamerikas. Und er hatte eine Methode, mit der er noch schneller vorwärtskommen konnte.
    Von einem Moment zum nächsten verschwand der Körper des Asemas auf der nächtlichen Tropenwaldlichtung. Schien sich aufzulösen, sich zu verformen.
    Er verwandelte sich in einen blau schimmernden Lichtball!
    Dieser Ball erhob sich weit über das Wilhelmina-Gebirge in Surinam und zischte wie ein Komet nordwärts. Sein Ziel war ein Fernfahrertreff am Rande des Regenwalds. Dort, wo Bulldozer eine Schneise in die üppig wuchernde Vegetation geschlagen haben.
    Mazku legte die gut 100 Kilometer weite Strecke in wenigen Sekunden zurück. Er landete im Halbdunkel im Schatten eines geparkten Trucks mit der Aufschrift »Transamerica«. Verwandelte sich im Handumdrehen wieder in einen hautlosen Asema zurück.
    Die Truekerkneipe war schäbig genug. Aber immerhin verfügte sie über einen gigantischen Kühlschrank. Und das reichte, um sie zum Anziehungspunkt für das ganze Dorf zu machen. Denn dieser Kühlschrank war gefüllt mit holländischem Heineken-Bier. Eine Erinnerung daran, daß Surinam lange genug niederländische Kolonie gewesen war.
    Trotz der vorbildlichen Kühlschrank-Bestückung hing in dieser Nacht nur ein einsamer Fernfahrer an der schmuddeligen Theke. Die schwarze Bedienung kauerte auf zwei leeren Cola-Kästen. Sie starrte auf einen TV-Bildschirm, der mit einer Verankerung fest an einer der Seitenwände des Truckstops befestigt war. Mit Hilfe einer kleinen Satellitenschüssel konnte man den Sender TV Globo aus dem benachbarten Brasilien empfangen. Der brachte einfach die besten Telenovelas.
    »Wie kannst du dir bloß diesen Quatsch angucken«, nuschelte der Trucker. Seine Aussprache war mindestens so verfault wie die wenigen Zähne, die er noch im Mund hatte. Aber die schwarze Kellnerin namens Laetitia wandte ihren Blick nicht vom Bildschirm. Dort ergriff soeben Don Alfonso die Hand des verstoßenen Waisenmädchens Luisa. Die Musik schmalzte.
    »Ihr Männer habt eben keinen Sinn für Romantik«, bemerkte Laetitia
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