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MORDMETHODEN

MORDMETHODEN

Titel: MORDMETHODEN
Autoren: Mark Benecke
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Beweisstücke übersehen, wird alles wieder zugeschüttet, und die Suche beginnt erneut.
    Da der Kurs ein durchschlagender Erfolg ist, wurde er sogar an die FBI-Akademie in Quantico im US-Bundesstaat Virginia exportiert. Auch hier müssen die Bundespolizisten (die keine Geheimdienstaufgaben haben und nur wegen ihres unübersetzbaren Titels agent auch auf Deutsch »Agenten« heißen) persönlich Hand anlegen. Neben der Suche mit Händen, Sieb und sehr wenig Werkzeug lernen sie, unter herbstlichem Laub ausgestreute Knochen im Wald zu finden, der die Academy, so weit das Auge reicht, umgibt. Auch hierbei gilt, dass ein übersehener Knochen die ganze Arbeit wieder auf null setzt. So können die Kursleiter sicher sein, dass der Waldboden am Ende des Tages an einen akribisch geharkten Garten erinnert. Dafür gibt es aber auch eine kleine Belohnung für die tapfer Grabenden: Die verscharrten Skelette halten nicht selten ein Täfelchen mit einem eingravierten Witz in der Hand.
    Wie wichtig die Verknüpfung von Forschung und kriminalistischer Praxis ist, erkennt man daran, dass William Rodriguez, einer der ehemaligen Body-Farm-Forscher, mittlerweile Ausgrabungsleiter bei US-amerikanischen Auslandseinsätzen ist, etwa im ehemaligen Jugoslawien und an anderen Schauplätzen von Kriegsverbrechen.
    Leichensuchhunde
    Auf der Body Farm geht es nicht nur um Leichen. Im Zusammenhang mit dem Attentat in Oklahoma City, bei dem 1995 durch einen Bombenanschlag 168 Menschen in einem Bürogebäude starben, wurde in Tennessee getestet, ob Leichensuchhunde an solchen Tatorten überhaupt arbeiten können. Denn im Gegensatz zum Eindruck, den die vierbeinigen Helfer in Krimis machen, sind sie gar nicht so einfach zu handhaben.
    Der einzige Grund, warum ein Hund Leichenteile sucht, ist sein vom Trainer immer weiter geförderter Spieltrieb sowie die Belohnung, die das Tier für jeden Treffer erhält. Suchhunde müssen also besonders verspielte, oft geradezu kindlich erscheinende Tiere sein, sonst würden sie die für sie unsinnige Aufgabe gar nicht angehen. Weil sie aber so verspielt sind, verlieren sie auch leicht die Lust an ihrer Suchtätigkeit. Wie bei der Erziehung von Kindern gilt: Wen man nicht zwingen kann, den muss man eben verstehen. Und um Hunde zu verstehen (und an die Arbeit zu bringen), lohnt es sich, etwas über ihre Belastungsfähigkeit, hier in Gegenwart vieler Leichen, zu lernen.
    Da Hunde ohnehin in einer Geruchswelt leben und zudem auf den Geruch von Toten trainiert sind, stellt ein zusammengestürztes Bürogebäude voller Leichen für sie eine Überforderung dar. Bis heute gibt es noch keine befriedigende Lösung für dieses Problem – außer dass die Tiere nur für einen jeweils kurzen Zeitraum eingesetzt werden. Da jeder Hund aber auf seinen eigenen Hundeführer angewiesen ist, wird die Sache schnell zu aufwändig. Vielleicht, so hofft man, können Studien zur Hundepsyche helfen, die Einsatzzeiten der Suchhunde (und ihrer Führer) zu verlängern.
    Das heutige Team der Body Farm um Murray Marks versucht seit dem Jahr 2000 vor allem, Fäulnisstoffen auf die Spur zu kommen. Dazu entnehmen Studentinnen (männlichen Nachwuchs gibt es auf der Body Farm wie auch im Labor des Autors aus unbekannten Gründen so gut wie nicht) den Leichen während der Verwesung regelmäßig Gewebeproben, die dann im Labor untersucht werden. Vielleicht wird es eines Tages gelingen, ein Gerät zu entwickeln, das solche Stoffe aufspüren kann. Es könnte dann der Suche nach verscharrten Leichen, aber auch einer genaueren Bestimmung der Liegezeit dienen. Gerade weil der Fäulnisverlauf von vielen Außeneinflüssenabhängt, ist die Entwicklung eines solchen Erkennungsgerätes eine lohnende Aufgabe.
    Noch ein Wort zum ehemaligen Chef der Body Farm. Er ist keineswegs ein kauziger, versponnener Mann, sondern im Alter von mittlerweile 73 Jahren voll Energie und Humor. Was vielen seiner Gäste seltsam vorkommt, ist sein auffallend nüchterner Umgang mit Leichen. »Ein Kriminalfall hat für mich als Untersucher nie etwas mit Trauer zu tun«, sagt Bass. »Wenn ich Experimente durchführe, will ich mich selbst testen und herausfinden, ob ich genug weiß und kann, um die Person zu identifizieren und herauszufinden, was mit ihr passiert ist.«
    Andererseits wird Bass nicht müde, im Institut kleine Gedenkfeiern abzuhalten. Seine Kollegen sehen darin einen Tick, denn in den meisten anatomischen Instituten ist es zwar üblich, einmal im Jahr eine solche Gedenkandacht
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